Duderstadts Bürgermeister Wolfgang Nolte (CDU) blickte zunächst noch weiter zurück. Nach der Konferenz von Rio der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung habe der Rat der Stadt Anfang der 90er-Jahre beschlossen, einen lokalen Schritt zu gehen. Konkret sei dies der Einzug in Natur im Städtebau gewesen, was auf den drei Säulen LNS-Gelände, ökologischer Stadtumbau und Veränderung der Landschaft um Duderstadt basiere. „Wir haben damals beschlossen 25000 Bäume und Sträucher zu pflanzen und haben bei 125000 aufgehört zu zählen“, so Nolte. „Wer damals aus der Vogelperspektive auf Duderstadt geschaut hat, der wird die Veränderungen gesehen haben.“
1997 habe es dann einen tiefen Einschnitt gegeben, als am 29. Juni ein Orkan von Teistungen und Ferna kommend über das Eichsfeld bis nach Windhausen gezogen sei. „Die Eichsfelder, die das damals erlebt haben, haben mit Erstaunen gesehen, mit welcher Kraft die Natur unterwegs war“, so Nolte. Selbst 140 Jahre alte Baumbestände hätten keine Chance gegen den Wind gehabt. Straßen seien tagelang gesperrt gewesen, weil dickste Bäume den Weg versperrten. Der Rat sei damals sofort bereit gewesen, eine standortgerechte Wiederaufforstung zu beginnen. Einstimmig sei sich damals für den Verbleib des Forstes in Duderstädter Besitz ausgesprochen worden. Das Forsteigentum umfasst rund 700 Hektar Waldflächen.
Änderung der Baumartenverteilung
„Durch die Aufforstung hat es auch eine radikale Änderung der Baumartenverteilung gegeben“, Forstamtleiter Michael Degenhardt, nachdem Bezirksförster Joachim Säger den Ausschussmitgliedern während der Besichtigung zahlreiche Details erklärt hatte. Mittlerweile seien Buchen sehr stark vertreten. Der Forstamtleiter erläuterte, dass eigentlich die Fichte der Brotbaum der Forstindustrie sei. So würden in der Sägeindustrie pro Jahr etwa 20 Millionen Kubikmeter Schnittholz aus Nadelholz produzieren. Diese Menge würde komplett in Deutschland verarbeitet, zum Beispiel für die Bauindustrie oder beim Palettenbau für Exporte. Im Gegensatz dazu werde nur etwa eine Million Kubikmeter Schnittholz aus Laubbäumen produziert. „Davon bleibt nur ein Drittel in Deutschland“, so Degenhardt. Der Rest gehe ins Ausland, vor allem nach China. So habe der Wechsel der Baumarten auch wirtschaftliche Auswirkungen für den Duderstädter Stadtforst. Waren es vor dem Orkan 6000 Festmeter, so könnten heutzutage 2700 Festmeter Holz pro Jahr nachhaltig genutzt werden.
20 Jahre nach dem Orkan habe sich der Wald gut erholt, berichtete Degenhardt. „Ziel der Exkursion war, zu zeigen, dass die Stadt Duderstadt alle Funktionen in der Forstbewirtschaftung gewährleistet“, sagte Degenhardt und nannte in diesem Zusammenhang die Nutz, Schutz- und Erholungsfunktion. Duderstadt habe aus der Katastrophe das Beste gemacht. Zahlreiche Pflanzaktionen wie der Bürgerwald oder durch Schulklassen hätten ihren Teil dazu beigetragen. Nach 20 Jahren werde jetzt langsam die Pflegephase verlassen.
Säurekompensation durch Kalk
„Saurer Regen sorgt für einen Säureeintrag in den Waldboden“, erklärte Forstamtleiter Michael Degenhardt. Auch Stickstoff-Emissionen würden für sehr hohe Einträge in die Böden sorgen und dort Prozesse einleiten, die für Säureschübe sorgen. „Der PH-Wert im Duderstädter Stadtforst ist runter bis zu 2,3“, so Degenhardt. „Das ist sehr sauer.“ Auf den Löss- und Buntsandsteinstandorten rund um Duderstadt sei deshalb alle zehn Jahre eine Kompensationskalkung zu empfehlen. Dabei würden 3,5 Tonnen Magnesiumkalk per Hubschrauber über den Wäldern ausgetragen. „Dafür ist eine Förderung von 90 Prozent möglich“, sagte der Forstamtleiter und schlug vor, für 2018 einen Vorschlag zu unterbreiten und einen Förderantrag vorzubereiten. Auf die Nachfrage von Thomas Rössing-Schmalbach (CDU) nach den ungefähren Kosten, erklärte Degenhardt, dass die Aufträge ausgeschrieben würden, man aber mit 250 bis 300 Euro pro Hektar rechnen könne, ohne Mehrwertsteuer und Gebühren.
Von Rüdiger Franke