Jetzt stellt es sich sogar so dar, als sei er das eigentliche Opfer – zunächst von mehreren Schlägern, dann von belastenden Falschaussagen. Der erste Versuch, die Vorkommnisse jener alkoholschweren Nacht zu rekonstruieren, musste im Oktober abgebrochen werden. Mehrere Zeugen, die nach Überzeugung des Verteidigers Matthias Wuttke entlastend wirken mussten, waren nicht geladen worden. Einzig eine Cousine des Angeklagten berichtete, dass sie gesehen habe, wie der 21-Jährige geschlagen wurde. Beim zweiten Anlauf fehlte wieder der aus Verteidigersicht wichtigste Zeuge. Diesmal aber griff Richterin Kathrin Ohlemacher zum Telefon, erreichte den Zeugen auch und bestellte ihn binnen einer Stunde ins Gericht.
Wilde Keilerei
Das Ergebnis: Zwar konnte der Zeuge nicht genau sagen, warum der Angeklagte vor dem Sporthaus einen jungen Mann die Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Auch Fausthieb und Tritte im Vorraum gegen einen anderen Zeugen hatte er nicht gesehen. Weil das ganze aber zur wilden Keilerei ausgeartet war, in deren Verlauf gleich acht, neun Leute auf den Angeklagten eingeschlagen haben sollen, gehe er von Notwehr aus. Der 21-Jährige musste sogar vom Sicherheitsdienst vor denjenigen, die die Anklage als Opfer ansieht, in Sicherheit gebracht werden.
Und weil sich außerdem der Hauptbelastungszeuge, der den Fußtritt ins Gesicht eines am Boden liegenden Opfers gesehen haben will, in Widersprüche verstrickte, nahm auch das Gericht am Ende eine Notwehrsituation an und hielt den Tritt für nicht erwiesen. Damit war ein Freispruch zwangsläufig.