Über den sogenannten „Pott-Poeten“ Stoppok große Worte zu verlieren erübrigt sich. Viele Kolleginnen bewundern ihn und für seine Fans macht der Typ einfach ehrliche, gradlinige Musik. Gemeinsam mit der Sängerin Tess Wiley hat er nun die nahezu ausverkaufte Musa in vorweihnachtliche Stimmung versetzt.
Den Rat eines Musikprofessors, doch lieber die Finger von der Musik zu lassen, hat Stoppok glücklicherweise nicht befolgt. Der Autodidakt mit dem „Herz auf der Zunge“ hat über all die Jahre verlässlich gute Alben abgeliefert, die im Blues, Rock und Folk zu knackigen Gitarrenriffs wildern. Mit nöliger Stimme und leicht schnoddrig liebenswert ironischer Art redet er Klartext in deutscher Sprache. Kritische Texte, garniert mit feinem Humor, sind sein Markenzeichen, direkt und alltagssprachentauglich.
Vorweihnachtliche Solo-Tour mit Tess Wiley
Seine Vorweihnachts-Solo-Tour, zu der ihn in diesem Jahr die Multiinstrumentalistin und Sängerin Tess Wiley begleitet, hat schon Tradition. Handgemachte Musik in kleineren Clubs mit direktem Draht zum Publikum ist die Devise.
Stoppok ist ein Unterhalter, der bestens gelaunt immer wieder den Dialog mit dem Publikum sucht. Als er gerade zu Göttingen etwas sagen will, kommt mit „Die Stadt die Wissen schafft“ schon die vorwitzige Ergänzung aus dem Publikum, die der Sänger mit der Bemerkung pariert, dass er im nächsten Jahr ein Album nur mit Zwischenrufen plane. Fortan wird seine unausgesprochene Ausführung zu Göttingen zum Running Gag.
Musik wurde natürlich auch gemacht - und wie. Songs wie „Auf festem Grund“ und „Rausch ab“ garniert Stoppok gleich mal mit feinster Gitarrenarbeit. Wiley setzt im Wechsel auf der Geige, zur Gitarre oder am Klavier wunderbare Akzente. Es sei ihre zweite gemeinsame Tour und nicht immer leicht für Wiley, ergänzt Stoppok selbstironisch. In Texas hätten sie sich kennengelernt. Er habe sie gerade beim Geigenspiel beobachtet, als plötzlich ein Alligator auf ihn zugerannt kam. Sie habe dem Tier dann heldenhaft ihre Metall-Geige, „eine Stahldivari“, in das geöffnete Maul geschoben und ihn gerettet.
Entspannte Atmosphäre
Die beiden Vollblutmusiker verbreiten vom Start weg eine locker entspannte Atmosphäre. „Zwei wunderschöne Augen“ ist ein Plädoyer für mehr positive Energie. „Wie schnell ist nix passiert“ spielt der Mann mit der getönten Brille aus versicherungstechnischen Gründen allein, denn die Tour sei ja als Solo-Tour angekündigt. „Schöne Grüße“ kommt mitreißend rhythmisch mit zweistimmigem Gesang rüber. „Es liegt auf der Hand“ marschiert rockig voran und direkt ins Blut. Zu „La Kompostella“, einem Song über die verpasste Chance, aus der Geschichte zu lernen, sind die Besucher gefordert. Wenn sie „La Kompostella“ und „arschbraune Erde“ laut mitsingen würden, sei zu Hause erst mal wieder Ruhe, so Stoppok schmunzelnd.
„Aus dem Beton“ setzt noch mal ein vielumjubeltes Highlight, bevor zwei beeindruckende Künstler mit „Wetterprophet“ ganz leise mehr als zwei Stunden feinste Unterhaltung zu langanhaltendem Beifall ausklingen lassen.
Von Jörg Linnhoff