Göttingen: Endgültiges Aus für Lichtenberg-Kolleg

Die Proteste von Wissenschaftlern aus aller Welt haben nichts genützt: Die Universität Göttingen wird zum September 2021 das in der historischen Göttinger Sternwarte angesiedelte Lichtenberg-Kolleg schließen. Der Senat der Hochschule habe die Entscheidung des Präsidiums bestätigt, teilte am Donnerstag Uni-Pressesprecher Romas Bielke mit. Damit ist das Aus der speziellen Forschungsstätte für international ausgewiesene Geisteswissenschaftler endgültig. Die Universität begründet die Schließung des im Rahmen der Exzellenzinitiative eingerichteten „Institute for Advanced Studies“ mit den Kürzungen im Hochschuletat des Landes Niedersachsen. Bereits in diesem Jahr stünden der Universität 2,9 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Für 2021 habe das Wissenschaftsministerium weitere Kürzungen in Höhe von insgesamt 3,3 Millionen Euro angekündigt. Die beabsichtigte Schließung des Kollegs sei nur eine von vielen Sparmaßnahmen, die die Hochschule treffen müsse. „Strategische“ Entscheidung: In einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme lässt die Hochschulleitung allerdings auch noch einen weiteren Grund anklingen, warum ausgerechnet ein einstiger Eckpfeiler der Exzellenzinitiative von den Sparmaßnahmen betroffen ist. Dies sei eine „strategische“ Entscheidung, heißt es dort. Das Lichtenberg-Kolleg habe sich zwar insbesondere unter dem derzeitigen Direktor eine hohe internationale Reputation erarbeitet. „Es lässt sich aber auch nicht leugnen, dass es dem Kolleg trotz vieler individueller Interaktionen nicht gelungen ist, dauerhafte und stabile Verbindungen zu den thematisch verwandten Fakultäten der Universität herzustellen.“ Als eine weitgehend unabhängig von der Universität agierende Einrichtung sei das Lichtenberg-Kolleg zu klein, um nachhaltig wirken zu können. Die Schließungspläne waren vor allem bei Wissenschaftlern, die am Lichtenberg-Kolleg tätig sind oder waren, auf heftigen Protest gestoßen. In einem von 120 Forschern aus zahlreichen Ländern unterzeichneten offenen Brief werteten sie die beabsichtigte Schließung als direkten Angriff auf die Werte der Aufklärung, für die die Universität Göttingen stehe. Verpflichtungen werden eingehalten: Die Universität hat jetzt zugesichert, dass alle Verpflichtungen, die das Lichtenberg-Kolleg bereits in Bezug gegenwärtige und zukünftige Stipendien und Fellows eingegangen ist, einhalten wird. Die Hochschule werde sich zudem „alle Mühe geben“, dass die Forschungsarbeiten des akademischen Direktors Professor Martin van Gelderen nicht behindert werden. Dieser bleibe ordentlicher Professor an der Philosophischen Fakultät mit allen dazu gehörenden Rechten und der Möglichkeit, Forschungsprojekte fortzusetzen. Van Gelderen ist seit Oktober 2012 Direktor des Lichtenberg-Kollegs. Er arbeitet unter anderem an einer neuen historisch-kritischen Ausgabe der Tagebücher von Anne Frank. Von Heidi Niemann