An der Uni Göttingen werden die ZESS-Kurse noch knapper

Alle sechs Monate beginnt in Göttingen aufs Neue der Kampf um die Plätze in den Kursen der ZESS. Das Angebot der Zentralen Einrichtung für Sprachen und Schlüsselkompetenzen der Universität Göttingen ist seit jeher bei den Studierenden stark nachgefragt. Die Kurse und Workshops – darunter vor allem Sprachkurse, aber auch solche zu Medien-, Sozial- und Führungskompetenzen – bieten den Studierenden die Möglichkeit, Credits zu sammeln oder ihre Kompetenzen freiwillig zu erweitern. In Zukunft könnte es noch schwieriger werden, einen Platz in einem ZESS-Kurs zu ergattern: Die Einrichtung hatte zuletzt ihr Angebot deutlich eingeschränkt. Aus dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) wird deshalb Kritik an der Leitung der Universität laut: Das Präsidium kürze gegen den Willen der Studierenden die Mittel für die ZESS. Die Universität verteidigt ihre Maßnahmen. Folgen für Studierende und Lehrbeauftragte: Auf seinem Twitter-Account lässt sich AStA-Vorsitzender Felix Schabasian (Juso-HSG) über die Situation der ZESS und die Entscheidungen der Uni-Leitung aus. Sein Vorwurf: Die Universität handle entgegen den Bedürfnissen der Studierenden und mache es letztlich manchem unmöglich, sein Studium zügig und erfolgreich zu beenden. „Still und heimlich versucht man daran zu sparen, was für viele Studis unverzichtbar ist, oft sogar curricular verankert“, schreibt Schabasian. Die finanziellen Kürzungen für die ZESS liefen schon seit zwei Jahren, rechnet der AStA-Vorsitzende vor. Nun würden sie nachhaltig durchgesetzt, und zwar ausgerechnet in einer Zeit, in der das Thema nicht auf der öffentlichen Agenda stehe und Protest nur schwierig umzusetzen sei. Es sei eine „undurchdachte Entscheidung“ der Universität, schreibt Schabasian, an der nicht nur das Präsidium, sondern auch die Fakultäten und die Politik eine Mitschuld tragen würden. In einer Pressemitteilung legt der AStA nach: Nicht nur werde es nun für viele Studierende schwieriger, Sprachkurse für einen Auslandsaufenthalt zu belegen oder die nötigen Leistungspunkte für Schlüsselkompetenzen zu erlangen. Auf viele der Lehrbeauftragen an der ZESS warteten nun außerdem Verdienstausfälle – mehr als die Hälfte der eigentlich bereits erteilten Lehraufträge sei von der Uni zurückgezogen worden. Aus der Homepage der ZESS geht hervor: In den vergangenen Semestern bewarben sich jeweils rund 8000 Studierenden auf rund 5000 Kursplätze – im Sommersemester sind die Kapazitäten auf weniger als 3000 Plätze geschrumpft. Seit mehr als 50 Jahren bietet die Zentrale Einrichtung für Sprachen und Schlüsselkompetenzen (ZESS) der Universität Göttingen Studierenden die Möglichkeit, sich mit Sprach- und Schlüsselkompetenzkursen zu qualifizieren und Leistungspunkte für ihr Studium zu erlangen. Als dritten Bereich bietet die ZESS auch IT-Kurse an. Das Besondere an der ZESS: Ihr Angebot richtet sich an Studierende aller Fakultäten. Im Gebäude an der Goßlerstraße auf dem Zentralcampus können Studierende Sprachen aus der ganzen Welt, Wissens-, Kommunikations-, Führungs- und andere Kompetenzen lernen. Die Nachfrage nach ZESS-Kursen unter den Studierenden in Göttingen ist hoch – in den vergangenen Jahren lag sie nach Angaben der Einrichtung stets deutlich über den angebotenen Kapazitäten. Die Fremdsprachen decken nach Angaben der ZESS rund 75 Prozent des Gesamtangebotes der Einrichtung ab, die Allgemeinen Schlüsselkompetenzen etwa 20 Prozent und IT-Kurse fünf Prozent. Fremdsprachen und Schlüsselkompetenzen sind in weitere Fachbereiche untergliedert. Universität verteidigt Kürzungen für die ZESS: Die Universität äußert sich zu den Vorwürfen auf Anfrage des Tageblatts über ihre Pressestelle. Statements aus dem Präsidium und der ZESS seien in diesem Fall nicht möglich, die Universität spreche mit einer Stimme. Auffällig ist: AStA-Vorsitzender und Universität kommen mit ihren Rechnungen auf ganz unterschiedliche Zahlen. Nicht 164, sondern 91 von vormals 266 Lehrveranstaltungen seien im aktuellen Semester ausgefallen, heißt es in der Antwort der Uni. Die Einsparungen bei der ZESS begründet die Universität unter anderem mit gekürzten Studienqualitätsmitteln und der Erhöhung von Honoraren der Lehrbeauftragten. Wie hoch die Kürzungen der Mittel für die ZESS tatsächlich ausfallen, lässt die Pressestelle offen: „Wir bitten um Verständnis, dass wir Details zur internen Finanzplanung der Universität nicht veröffentlichen können“, heißt es. Die Studiengänge haben Priorität: Die Nachfrage nach ZESS-Kursen ist seit Jahren unverändert hoch, wie aus Statistiken auf der Homepage der Einrichtung hervorgeht. Aber: Obwohl das Angebot in den vergangenen fünf Jahren nie die Nachfrage decken konnte, sinken die Kapazitäten vor allem im Bereich der Sprachkurse, aber auch im Bereich der Schlüsselkompetenzen immer weiter. Dazu schreibt die Uni: „Man kann in Zeiten begrenzter Ressourcen leider nicht alle Wünsche erfüllen. Oberste Priorität hat die Sicherstellung der Studiengänge.“ Die Wünsche von Studierenden und Lehrbeauftragten seien bekannt, heißt es in der Stellungnahme der Universität weiter. Dafür habe man Verständnis. Darüber, wie die Mittel der ZESS zukünftig wieder aufgestockt werden könnten, spreche man gegenwärtig in einer Arbeitsgruppe, in der Präsidium, Verwaltung, Fakultäten und Studierende vertreten seien. Lesen Sie auch: ZESS der Uni Göttingen reduziert Kursangebot Kritik vom AStA Uni Göttingen: Hochschulgruppen streiten um AStA-Haushalt Wie funktioniert Studentische Selbstverwaltung an der Uni Göttingen? Sie erreichen den Autor per Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de. Von Tammo Kohlwes