Corona: Start ins Wintersemester an der Uni Göttingen mit Hybridkonzept

An der Georg-August-Universität Göttingen hat ein weiteres Semester während der Corona-Pandemie begonnen. Anders als im digitalen Sommersemester soll es zu Präsenz- und neu eingeführten Hybridveranstaltungen kommen. Was hat sich verändert, wie geht die Universität mit der besonderen Situation um und wie empfinden Studierende und Dozierende den Semesterbeginn? Beteiligte an der Universität Göttingen berichten. Romas Bielke, Pressesprecher der Uni Göttingen, berichtet von den Vorkehrungen zum zweiten Semester unter Corona-Bedingungen: „Unser erstes Hygienekonzept haben wir schon zu Beginn des Sommersemesters erstellt, als Maßnahmenkatalog für das digitale Semester und später für den reduzierten Präsenzbetrieb. Diese Liste von Verhaltensregeln haben wir im Krisenstab permanent überarbeitet und den sich ändernden Vorgaben und wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.“ Weiter würde gerade an einem campusweiten Programm an Covid-19-Tests gearbeitet werden, welches die Möglichkeit zu regelmäßigen, freiwilligen Tests bieten soll. „Um die Erfahrungen aus dem vergangenen digitalen Semester für das aktuelle zu nutzen, haben wir Umfragen unter Lehrenden und Studierenden durchgeführt und die Antworten systematisch ausgewertet. Das Resümee fiel gemischt aus“, führt Bielke weiter aus. „Es hat mich traurig gestimmt, dass die Studierenden, vor allem Erstsemester, erneut ein Online-Semester durchlaufen müssen, also nochmal isoliert studieren müssen“, berichtet Margarete Boos, Professorin für Wirtschafts- und Sozialpsychologie. Dennoch sieht Boos Vorteile, die zum Beginn des Sommersemesters noch nicht von vornherein gegeben waren: „Ich habe Elan vom letzten Semester, Erfahrungen mit Tools, Ideen zur didaktischen Gestaltung und eine gut aufgerüstete technische Ausstattung.“ Ein ähnliches Empfinden zum neuen Semester teilt auch der Germanistik und Volkswirtschaftslehre Student, Sören Kleist: „Für mich hat sich leider im Vergleich zum letzten Semester nicht viel geändert. Ich habe nur Online-Veranstaltungen, wobei ich Online-Vorlesungen gar nicht so schlecht finde. Bei Online-Seminaren kommt es für mich immer auf die direkte Reaktion an.“ Alle Veranstaltungen, bei denen ein Austausch wichtig sei, empfindet der Student online als eher ungeeignet. Der Professor für Mittlere und Neuere Geschichte, Frank Rexroth, merkt an: „Der Einstieg in den Vorlesungsbetrieb ist immer stressig, nur dass die Herausforderungen jetzt andere sind. Man fragt sich nun, ob es zu verantworten ist, den Studierenden die Literatursuche am Regal zuzumuten. Die Herrichtung unserer virtuellen Foren frisst die Zeit auf. Persönliche Gespräche finden am Telefon oder in der Zoom-Konferenz statt, sie sind wahrscheinlich noch wichtiger als sonst.“ Die Englisch und North American Studies Studierende, Jasmin Freye, hingegen richtet ihr Augenmerk auf Vorteile des neuen Semesters: „Im Vergleich zum letzen Semester habe ich schon das Gefühl, dass man sich nach den Studentenwünschen gerichtet hat. So habe ich jetzt asynchrone Vorlesungen. Ich kann mit die Zeit selber aussuchen, in denen ich mir die Vorlesungen ansehe. Dadurch ist für mich ein besseres Zeitmanagement möglich.“ Doch in diesem Semester ist anders als im Sommersemester nicht alles digital. Erstmals gibt es beispielsweise das Konzept von Hybridveranstaltungen. Boos führt in diesem Semester gleich zwei dieser Veranstaltungen: „In dem einem Seminar wechseln wir zwischen Präsenzterminen im großen Hörsaal und Videokonferenzen via Big Blue Button. In der anderen wechseln wir zwischen Präsenz und Online, je nachdem, welche Inhalte direkte Interaktion erfordern.“ Der Professor für experimentelle Teilchenphysik, Arnulf Quadt, berichtet sogar von zwei Veranstaltungen, die als Präsenzveranstaltungen geplant sind: „Das Grundpraktikum für Physikstudierende und das Nebenpraktikum für Biologen und Chemiker finden in Präsenz statt. Die Teilnehmen sollen durch das Anfassen und Erleben verstehen.“ Da die sonst genutzten Seminarräume durch den digitalen Unterricht leer seien, könnten diese für die Praktikanten verwendet werden und somit sichergestellt werden, dass sich immer nur kleine Gruppen in einem Raum befinden, erläutert Quadt. Auch Professor Rexroth führt unter Anwesenden ein Anfängerseminar. „In einem 170er-Hörsaal versammeln sich wöchentlich 22 studentische Anfänger, halten dort maximale Distanz zueinander ein und sprechen durch ihren Mundschutz hindurch gegen die Geräusche der Lüftungsanlage an. Noch vor einem Jahr wäre das als unerträgliche Behinderung beurteilt worden, aber was will man machen? Mein Eindruck ist, dass diese wöchentliche Begegnung uns allen gut tut“, berichtet Rexroth. Lesen Sie auch: Homeoffice wegen Corona: Diese Tools brauchen Studenten im digitalen Studium jetzt Online-Semester an Göttingens Hochschulen: Wie schütze ich meine Daten? Digitale Lehre in Göttingen Dozierende berichten Auch, wenn sich wohl die meisten den alten Universitätsalltag zurückwünschen, so gibt es auch positive Überlegungen zum digitalen Lehren. Professor Quadt steht dem digitalen Unterricht optimistisch gegenüber: Es gibt Studien, die zeigen, dass gut gemachter digitaler Unterricht sogar besser sein kann als analoger Unterricht.“ Von Svenja Heckerott