Mit der Otto-Hahn-Medaille zeichnet die Max-Planck-Gesellschaft herausragende Forschungsarbeiten von Nachwuchswissenschaftlern aus. Für ihre Dissertationen erhalten drei Göttinger Forscher die Medaille – und einer von ihnen zusätzlich den Otto-Hahn-Award, der es ihm ermöglicht, an einem Max-Planck-Institut seiner Wahl eine Forschungsgruppe aufzubauen.
Dr. Chun So hat am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie einen Aspekt der Meiose, die Zellteilung einer befruchtungsfähigen Eizelle, erforscht. Als Doktorand konzentrierte sich auf eden meiotischen Spindelapparat, der die Halbierung des Chromosomensatzes in der Eizelle vorantreibt.
Ungewöhnliche Struktur
Chun So entdeckte nach MPI-Angaben einen bisher unbekannten Mechanismus in Mäusen und anderen Säugetieren, bei dem 19 Proteine an den beiden Polen des Spindelapparats eine ungewöhnliche, flüssigkeitsartige Struktur bilden. Diese fördert den Aufbau der Spindel. Im Rahmen seiner weiteren Forschung will er die Mechanismen des meiotischen Spindelzusammenbaus bei menschlichen Eizellen untersuchen. Zudem möchte er Modellsysteme entwickeln, um auch frühere Stadien der Eizellenentwicklung zu erforschen. Mit dem Otto-Hahn-Award kann der Zell- und Mikrobiologe nun mit einer eigenen Forschungsgruppe seine Vorhaben voranbringen.
Dr. Karl Bertram erforschte in seiner Doktorarbeit am MPI für biophysikalische Chemie die atomare Struktur, also den detaillierten Bauplan, des Spleißosoms, teilte das Institut mit. Er habe dazu beigetragen, hochaufgelöste, dreidimensionale Aufnahmen des menschlichen Spleißosoms mit dem Kryo-Elektronenmikroskop zu erhalten – in unterschiedlichen Phasen des Spleiß-Prozesses.
Molekulare Baupläne
Diese Strukturen zählten zu den ersten dieser komplexen Maschine aus menschlichen Zellen weltweit. Künftig möchte Nachwuchsforscher Bertram, der molekulare Biomedizin studierte, Schlüsselprozesse in der kryo-elektronenmikroskopischen Probenvorbereitung weiterentwickeln, um die molekularen Baupläne unserer zellulären Nanomaschinen noch besser zu verstehen, teilte das MPI für biophysikalische Chemie mit.
Der theoretische Physiker Dr. Fabian Jan Schwarzendahl hat die Otto-Hahn-Medaille erhalten für „völlig neue Einsichten, die das aktuelle Wissen über Mikroschwimmer herausfordern“, urteilte die Jury. Schwarzendahl habe in seiner Dissertation am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation das Verständnis von aktiven Fluiden erheblich vorangebracht. Mit Computersimulationen und theoretischen Berechnungen wies er nach, wie sich Mikroschwimmer – kleinste Lebewesen wie zum Beispiel Bakterien oder Mikroalgen – in komplexen Umgebungen kollektiv verhalten.
Bakterielle Biofilme
Als wichtiges Ergebnis der Arbeiten von Schwarzendahl gilt nach Angaben des MPI: Das kollektive Verhalten von Mikroschwimmern kann durch die Hydrodynamik, also das bloße Vorhandensein der Flüssigkeit, in der sie schwimmen, qualitativ verändert werden. Seine Erkenntnisse könnten helfen, die Entstehung von bakteriellen Biofilmen zu verstehen oder mittels künstlicher Mikroschwimmer Medikamente an ihr Ziel zu bringen.
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Von Angela Brünjes