FDP-Politiker informieren über Covid-19-Forschung in Göttingen

Der Göttinger Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle (FDP) hat sich am Montag in Göttingen über die Covid-19-Forschung informiert. Am Deutschen Primatenzentrum (DPZ) ging es um die Organisation des Leibniz-Forschungsinstituts und dessen Corona-Forschung, die im Frühjahr Erkenntnisse brachte, wie das neuartige SARS-CoV-2-Virus in Zellen eindringt. Die Gefährlichkeit der Corona-Pandemie hat Wissenschaftler weltweit veranlasst, die Bekämpfung des Virus, das seit Dezember 2019 grassiert und sich weltweit ausbreitet, mit verschiedenen Mitteln zu betreiben. Der Campus Göttingen zeige, wie unterschiedlich die Forschung angelegt sei, um Ausbreitung und Ursache der Virusinfektion zu erforschen, so der Bundestagsabgeordnete Kuhle. Dessen mehrtägige Sommerreise durch seinen Wahlkreis begann am Montag mit dem Besuch des Max-Planck-Campus. Dort seien ihm und seinen Begleitern, den FDP-Landtagsabgeordneten Susanne Schütz, Christian Grascha und Dr. Stefan Birkner, die vielfältigen Forschungsaspekte vorgestellt worden. Im DPZ stellte anschließend dessen Direktor Prof. Stefan Treue den Politikern die Aufgaben des Forschungsinstituts vor, das biomedizinische Forschung betreibt und Freilandforschung in vier Forschungsstationen im Ausland. Die können allerdings aufgrund der Corona-Krise nicht betrieben werden. Seit Jahren Corona-Forschung: Umso mehr hat das Team von Prof. Stefan Pöhlmann, Leiter der DPZ-Abteilung Infektionsbiologie, in den vergangenen Wochen zu tun gehabt. Der Infektionsbiologe ist seit Jahren mit der Erforschung von Corona-Viren beschäftigt. Im Frühjahr konnte er nachweisen, dass das neuartige Coronavirus ein im menschlichen Körper vorhandenes Enzym benötigt, um in die Wirtszelle einzudringen. „Gelingt es, die Aktivität dieses Enzyms zu blockieren, bleibt den Viren dieser Weg versperrt“, erklärte Pöhlmann. Derzeit werde, neben der Suche nach einem Impfstoff, der Nutzen von Medikamenten untersucht, um das Virus zu stoppen oder den Krankheitsverlauf, den es auslösen kann. Das in Japan hergestellte Camostat zeige Wirkung und auch das in den USA produzierte Medikament Remdesivir „wirkt, wenn auch nicht übermäßig“. Gegen SARS-Cov2 eingesetztes Chloroquin „wirkt nur in der Zellkultur, nicht im Patienten“, stellte Pöhlmann klar. Impfstoff testen: Um für den Menschen wirksame Medikamente zu erhalten, sei deren Erforschung mit nicht-menschlichen Primaten von großer Bedeutung, erklärte der Infektionsbiologe. Nach der Herstellung von Antikörpern für einen Impfstoff müsse dessen Wirksamkeit getestet werden. „Untersuchungen, die im Primatenmodell laufen, sind deutlich langsamer als in der Zellkultur“, erklärte DPZ-Direktor Treue. Zu schnellen Ergebnissen zu kommen, wie sie in Pandemiezeiten gefordert werden, sei in Zeiträumen von zwei bis drei Monaten enorm schwierig. Die am DPZ erreichten Forschungsergebnisse bald nach Ausbruch der Corona-Pandemie erklärte Treue mit der existierenden Forschung. „Wenn wir nicht jahrelang Corona-Forschung gemacht hätten, wären wir nicht so schnell vorangekommen.“ Sein Kollege Pöhlmann betonte, dass eine solide Basis für Grundlagenforschung vorhanden sein müsse, um bei einem Seuchenausbruch schnell handeln zu können. „Politische Rückendeckung“: Derzeit wird auf dem DPZ-Gelände am Kellnerweg ein weiteres Forschungsgebäude gebaut. Es werde dringend benötigt für die Covid-19-Forschung, so Pöhlmann. Solche Infrastruktur sei nicht kurzfristig umzusetzen, so Dr. Katharina Peters. Die administrative DPZ-Geschäftsführerin sagte, „einer Forschungseinrichtung ist nicht damit gedient, die Förderung nach Bedarf schnell hoch oder runter zu setzen.“ Die Argumente nahm Bundestagsabgeordneter Kuhle auf: „Die Arbeit des Deutschen Primatenzentrums in Göttingen, insbesondere bei der Erforschung von Infektionskrankheiten, kann jetzt konkret in der Corona-Krise genutzt werden. Das zeigt, dass wissenschaftliche Einrichtungen Planungssicherheit und langfristige politische Rückendeckung benötigen.“ Die in Krisenzeiten teilweise beschleunigten Genehmigungsprozesse, die in Wissenschaft und Politik zum Tragen gekommen sind, will Landtagskollege Birkner erhalten: „Die politischen Akteure auf allen Ebenen sollten daraus lernen, wie auch nach Corona deutlich schnellere Prozesse, etwa bei der Bewilligung öffentlicher Forschungsgelder, aufgesetzt werden können.“ Die Gründung des Deutschen Primatenzentrums im Jahr 1977 hatte zum Ziel, ein Institut zu etablieren, das Viruserkrankungen erforscht. Damals, berichtete DPZ-Direktor Prof. Stefan Treue, war das Marburg-Virus der Auslöser. 1967 führte der Erreger des Marburg-Fiebers auch in Europa zu Todesfällen. Biomedizinische Forschung im Göttinger Institut und Freilandforschung im Ausland sind die Schwerpunkte des Leibniz-Instituts. Verschiedene Affenarten, darunter Rhesusaffen und Mantelpaviane, werden für Forschungszwecke gezüchtet. Um Erkrankungen des Nervensystems und durch Infektionen zu erforschen, werden Affen als Modellorganismen des Menschen eingesetzt. „Wir sind eins der Institute, die am offensten mit Tierversuchen umgehen“, erklärt Treue. Das Primatenzentrum informiere die Öffentlichkeit in Veranstaltungen und bei Führungen vor Ort. Bundesweit sei es Mitglied in der Initiative „ Tierversuche verstehen“ der deutschen Wissenschaft Die Autorin erreichen Sie per E-Mail an a.bruenjes@goettinger-tageblatt.de Von Angela Brünjes