Frist ist Frust: Klopf-Aktion gegen befristete Verträge an Göttinger Uni

„Dauerstellung für Daueraufgaben!“, „Frist ist Frust“, „Ein Leben mit Perspektive“: Mit solchen Slogans und einer „Klopf-Aktion“ haben Mitglieder der Initiative „Uni Göttingen unbefristet“ gegen befristete Arbeitsverträge in Forschung und Lehre geworben. Damit wollen sie auch Druck auf die Bundesländer und ihren Ideen zum neuen „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“ ausüben. Das Problem ist alt und belastet seit langem Hunderttausende Beschäftigte im sogenannten Mittelbau unterhalb der Professuren an den Universitäten: Sie hangeln sich von einem befristeten Arbeitsvertrag zum nächsten – oft Jahrzehnte und fast bis ins Rentenalter“, sagt Felix Blum, Mitglied der Gruppe „Uni Göttingen unbefristet“. Es treffe Forschende wie Lehrende, aber auch viele aus den zuarbeitenden Verwaltungen. Zum Teil werde dieses Verfahren mit befristet Forschungsmitteln begründet, in Regel aber gebe es dafür keinen nachvollziehbaren Grund, so Blum. „Nur, dass es so billiger ist für die Universität als Arbeitgeber.“ Gravierende Folgen für Beschäftigte: Die Folgen für die Betroffenen seien gravierend, erklärten am Dienstag Mitstreiter der Initiative an ihrem Infostand vor dem Kulturwissenschaftlichen Zentrum auf dem Zentralcampus: Geringer Verdienst; ständige in Sorge, wie es danach weiter geht; keine langfristige Berufsperspektive mit sozialer Absicherung fürs Alter; und ständig unzählige unbezahlte Überstunden, weil die vertragliche Arbeitszeit oft nicht für die tatsächlich anfallende Arbeit ausreicht. Aber nicht nur für die Beschäftigten sei die Situation problematisch, ergänzt ein weiteres Mitglied der Initiative. Auch die Studenten würden darunter leiden, wenn ihre Lehrenden und Betreuer durch befristete Verträge ständig wechselten. Qualifizierte Fachkräften für die Wirtschaft, den öffentlichen Dienst und weitere Tätigkeitsfelder sowie wissenschaftlicher Fortschritt könnten aber nur ausgebildet und forciert werden, wenn die Arbeitsbedingungen gut seien. „Das zerrt schon an den Nerven und ist ganz schön frustrierend“, sagt eine betroffene wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturanthropologie. Sie sei froh, dass sich jetzt „endlich mal“ eine Initiative darum kümmert. Ihren Namen will sie – wie die meisten anderen Betroffenen – nicht nennen. Sie haben Sorge um ihren nächsten Vertrag, wenn der aktuelle ausläuft. Klopf-Aktion in den Uni-Büros: Blum und Unterstützerin Kornelia Paepke gehen von Büro zu Büro, klopfen an die Tür und sprechen viele Beschäftigte im Kulturwissenschaftlichen Zentrum auf die Situation an. Mit ihrer Klopf-Aktion wollen sie zunächst für ihre Initiative werben und so ein Netzwerk aktiver Mitstreiter in allen Fakultäten aufbauen. „Wenns klappt und wir mehr sind, können wir hoffentlich irgendwann mehr Druck machen“, sagt Blum. Der sei nötig, bestätigt Silke Hamoudi vom Personalrat der Universität Göttingen. Etwa 89 Prozent des wissenschaftlichen Personals sei nur befristet beschäftigt. Beim unterstützenden Personal im Verwaltungsbereich seien es 25 bis 27 Prozent. Wie viele Angestellte von den etwa 6500 bis 7000 Beschäftigten der Universität in diese Gruppen vielen, sei ihr unbekannt. Aber unabhängig davon: „Die ständige Unsicherheit ist zermürbend.“ Hoffnung legt die bundesweit vernetzte Initiative in den neuen „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“. Er soll die Finanzierung von Forschung unabhängig von Einzelprojekten verstetigen. Dazu gehört auch der Ausbau dauerhafter Beschäftigungsverhältnisse. Bis zu diesem Mittwoch (15. Januar) sollen die Bundesländer dem Bundesministerium für Bildung und Forschung ihre konkreten Vorstellungen dazu vorlegen. „Aber der vorausgegangene Widerstand gegen eine mögliche Entfristungsvereinbarung lässt erahnen“, dass sich vorerst nicht viel ändern wird, fürchtet die Initiative. Mehr Infos im Internet auf uni-goettingen-unbefristet.de. So erreichen Sie den Autor: Tel.: 0551/901731, Mail: u.schubert@goettinger-tageblatt.de ; Twitter: @goeschubi, Facebook: Goeschubi GT Von Ulrich Schubert

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