Göttinger Forscher entwickeln Ansatz für neue Antibiotika

Forscher der Georg-August-Universität Göttingen und des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie Göttingen haben sogenannte Antivitamine und ihre Wirkung auf bakterielle und humane Proteine untersucht. Dadurch werde die Möglichkeit eröffnet, diese als Antibiotikum einzusetzen, sagt Bert de Groot vom Max-Planck-Institut. Für die Studie arbeitete das Team um Kai Tittmann vom Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften an der Universität Göttingen gemeinsam mit der Gruppe von de Groot sowie Tadgh Begley von der Texas A&M University (USA) zusammen. Gemeinsam untersuchen sie den atomaren Wirkmechanismus eines natürlich vorkommenden Antivitamins des Vitamins B1. Einige Bakterien seien in der Lage, eine toxische Form dieses lebenswichtigen Vitamins herzustellen, um konkurrierende Bakterien abzutöten, so de Groot. „Tanz der Protonen“: Das Team um Tittmann untersuchte mittels hochaufgelöster Proteinkristallografie, wie das Antivitamin ein wichtiges Protein aus dem Zentralstoffwechsel von Bakterien hemmt. Dabei zeigte sich, dass der „Tanz der Protonen“, den man normalerweise in funktionierenden Proteinen beobachten kann, fast vollständig zum Erliegen kommt, das Protein arbeitet nicht mehr. Interessanterweise kommen menschliche Proteine mit dem Antivitamin vergleichsweise gut klar und arbeiten weiter. Warum das so ist, untersuchten der Chemiker Groot und sein Team mittels Computersimulationen. „Die menschlichen Proteine binden das Antivitamin entweder gar nicht oder so, dass sie nicht ‚vergiftet‘ werden“, so der Max-Planck-Forscher. Die unterschiedliche Wirkung des Antivitamins auf bakterielle und humane Proteine eröffne die Möglichkeit, dieses zukünftig als Antibiotikum einzusetzen und damit neue therapeutische Alternativen zu schaffen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Chemical Biology erschienen. Neuartige Antibiotikaklassen: Antibiotika zählen zu den wichtigsten Errungenschaften der modernen Medizin und haben seit der Entdeckung des Penicillins vor fast 100 Jahren Millionen Menschenleben gerettet. Viele durch bakterielle Infektionen hervorgerufene Krankheiten werden mit Antibiotika erfolgreich behandelt. Allerdings können Bakterien gegen die eingesetzten Antibiotika Resistenzen entwickeln, die Antibiotika wirken dann nicht mehr. Besonders problematisch seien die sogenannten multiresistenten Erreger, denen die meisten gängigen Antibiotika nichts anhaben können, erklärt de Groot. Dies führe bei betroffenen Patienten zu schweren Krankheitsverläufen mit oft tödlichem Ausgang. Die Suche nach neuartigen Antibiotikaklassen sei daher von großer Wichtigkeit. Forscher der Universität Göttingen und des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie Göttingen haben nun einen Ansatz beschrieben, neue Antibiotikaklassen zu entwickeln. Lesen Sie auch Göttinger Experte erklärt: Wie Stress Einfluss auf das Herz nimmt Die letzten ihrer Art: Ausgestorbene und andere Tiere in der zoologischen Sammlung Göttingen Schulstart in Göttingen: Aerosol-Experte gibt Tipps für richtiges Lüften Von Ronja Heinemann