Göttinger Studierende informieren über Situation in Hongkong

Eine Gruppe Studierender der Universität Göttingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Menschenrechtsverletzungen in Hongkong zu informieren. Arne Ellerbrock, Vincent Abromeit und Sonja Kaufmann (Name geändert, echter Name ist der Redaktion bekannt) arbeiten gemeinsam in einer entsprechenden Arbeitsgruppe der Amnesty International Hochschulgruppe Göttingen. Ihre Themen sind unter anderem Polizeigewalt und Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Demonstrationen und die wachsende Einflussnahme Chinas auf die Sonderverwaltungsregion Hongkong. Abromeit studiert in Göttingen Orthobionik, Ellerbrock Betriebswirtschaftslehre. „Ich habe mich gefragt, wie solch eine Ungerechtigkeit eigentlich sein kann“, erzählt Abromeit. Er war in Hongkong als Tourist unterwegs, später informierte er sich über das Internet. Ellerbrock sagt, sein Startsprung in das Thema sei ein Artikel in der New York Times gewesen, in dem er gelesen habe, dass der Hongkonger Aktivist Ray Wong mittlerweile in Göttingen lebe. „Das war die Möglichkeit für uns, in Kontakt zu treten“, erinnert sich Ellebrock. „Er ist ungefähr so alt wie wir – der Kontakt war sehr schnell da.“ Wong habe der Gruppe Input gegeben und sei nach wie vor bei den Planungstreffen der Gruppe dabei. Neues Sicherheitsgesetz: Kaufmann hat längere Zeit in Hongkong gelebt. „Ich habe 2019 dort ein Auslandssemester gemacht“, erzählt sie. Die Demonstrationen hätten sich durch ihr Studium gezogen. Kaufmann hat schließlich selbst daran teilgenommen. Ihre Schilderungen machen deutlich, dass das in Hongkong, anders als in Deutschland, Konsequenzen nach sich zieht: „Es ist eben nicht: Wir stehen am Gänseliesel und demonstrieren. Dort wird auf die Leute eingeknüppelt, und wenn man nach Hause geht, ist der Asphalt blutig.“ In ihrer Erzählung rückt Kaufmann das neue Sicherheitsgesetz in den Vordergrund, welches im Juli in Kraft getreten ist. „Das Gesetz bedeutet das Ende von dem Prinzip ´Ein Land, zwei Systeme´.“ Nach Angaben von Amnesty International sieht das Gesetz lebenslange Haft bei „Abspaltung“, „Subversion“, „Terrorismus“ und die „Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten“ vor. Das Problem: Die Definitionen seien so weit gefasst, dass sie auf alles angewendet werden können. „Seitdem das Gesetz verabschiedet wurde, kommen wöchentlich Nachrichten rein, dass Aktivisten jetzt der Prozess gemacht wird“, bestätigt Kaufmann diese Einschätzung. Die Vorwürfe seien aus der Luft gegriffen – „Unsere einzige Hoffnung ist es, dass wir in der internationalen Kommunikation gesehen werden.“ Aktionen für mehr Aufmerksamkeit: „Wir wollen Transparenz schaffen und aufklären“, sagt Abromeit über die Ziele der Gruppe. „Es wissen viel zu wenig Menschen Bescheid, was auf der anderen Seite der Welt passiert“, ergänzt Ellerbrock. Und: „Internationale Aufmerksamkeit verändert schon etwas.“ Es gehe darum, Druck von unten aufzubauen – auch damit sich Abgeordnete mit Aktivisten auseinandersetzen. Auch das angekündigte Lieferkettengesetz und Kaufentscheidungen sind Thema: „Wie gehen wir damit um, dass europäische Unternehmen in China produzieren?“, fragt Kaufmann. Ellerbrock sagt, es ginge auch darum, dass sich Konsumenten über die Herkunft von Produkten informierten. Lesen Sie auch Xinjiang: China will an Politik gegen muslimische Gruppen festhalten Verfolgung der Uiguren in China: Haftstrafen statt Umerziehungslager Umstrittenes Sicherheitsgesetz: Verlassen internationale Unternehmen jetzt Hongkong? Um auf die Situation in Hongkong aufmerksam zu machen, haben Abromeit und Ellerbrock gemeinsam mit Wong bereits eine Demonstration organisiert, die Amnesty-Hochschulgruppe, ein Webinar mit Aktivisten und Experten. Eine zweite Konferenz sei für Anfang des Jahres in Planung. Kaufmann gibt einen Ausblick: „Es soll spezifischer darum gehen, wie das neue Gesetz das Rechtssystem und die Rechtssicherheit verändert.“ 1984 vereinbarten nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung die Vertreter Großbritanniens und der Volksrepublik China zum 1. Juli 1997 die Rückgabe Hongkongs, das sich nach den Opiumkriegen unter britischer Verwaltung befand. Nach der Formel „Ein Land, zwei Systeme“ garantiere das „Basic Law“ den Fortbestand der kapitalistischen Systemstrukturen Hongkongs und seiner liberalen Gesellschaftsordnung bis 2047. Das neue von der chinesischen Zentralregierung erlassene Sicherheitsgesetz für Hongkong ist zum 1. Juli in Kraft getreten. Zuvor sei die Strafverfolgung in Hongkong durch die dortigen Gesetze von der chinesischen autonom gewesen, heißt es in einem Artikel der Deutschen Welle. In diesem werden unter anderem folgende, kritische Punkte benannt: Die Auslieferung an die chinesische Justiz ist von nun an legal, das Gesetz gilt für Menschen aller Staaten, die sich in Hongkong für die Unabhängigkeit einsetzen, selbst das Tragen von Bannern wird als Straftat definiert, das Denunzieren von vermeintlichen Straftätern wird mit Strafminderung oder Straffreiheit belohnt. Von Asja Wortmann