Lohnen sich vielfältigere Systeme in Land- und Forstwirtschaft?

Das Forschungsteam habe die Beziehung zwischen dem ökonomischem Wert von Ökosystemen und Biodiversität untersucht, so die Pressestelle der Universität Göttingen. Es galt zu klären, ob die Biodiversität von Ökosystemen als Produktionsfaktor gesehen werden könne. „Oder konkret: Erhöht mehr Artenvielfalt den ökonomischen Wert bewirtschafteter Ökosysteme?“ Holzplantagen mit nur einer Baumart bedeuten: Es geht um den wirtschaftlichen Nutzen durch den Verkauf von Holz. Wald habe jedoch unterschiedliche Funktionen, betonen die Wissenschaftler: Neben der Holzgewinnung diene er als Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten, als Boden- oder Klimaschutz sowie zur Erholung. Dass eine größere Artenvielfalt unter den Bäumen höhere Erträge ermögliche, sei bekannt. Doch „ab einer bestimmten Durchmischung führt eine weitere Baumart nicht mehr zu einem größeren Nutzen für den Menschen“, habe die Gruppe herausgefunden. „Maximumkurve“ für den Wert eines Ökosystems errechnet: „Alle Funktionen eines Ökosystems sind nie in gleichem Maße positiv mit Biodiversität verknüpft“, erklärt Prof. Carola Paul von der Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzung der Universität Göttingen. Alle Aufgaben eines Ökosystems zusammengefasst, ergäbe sich rechnerisch eine „Maximumkurve für dessen Wert“. Das Autorenteam zeige, dass „die Maximierung der Biodiversität auf der Ebene des Ökosystems in den meisten Fällen nicht den wirtschaftlichen Wert maximieren werde“. Beim Abwägen von Dienstleistungen sowie wirtschaftlichen Erträgen und Risiken könnte „ein mittleres Niveau an biologischer Vielfalt am nützlichsten“ sein. Ein hohes Wertpotenzial der Biodiversität hätten die Forscher vor allem in der Vermeidung sozialer Kosten identifiziert. Diese Kosten müssten von der Allgemeinheit getragen werden, zum Beispiel Luftverschmutzungen. Die Studie liefere in ihrer mathematischen Betrachtung der sozialen Kosten wirtschaftliche Argumente dafür, dass sich vielfältigere und gemischte Anbau- und Forstwirtschaftssysteme lohnen würden: „In artenreichen Ökosystemen muss man weniger düngen“, habe der Leiter der Studie Prof. Thomas Knoke von der Technischen Universität München (TUM) erklärt. „Auf der Grundlage theoretischer Überlegungen und empirischer Erkenntnisse konnten wir zeigen, dass Ökosysteme mit mehreren, aber doch relativ wenigen Pflanzenarten ökonomisch vorteilhafter sein können, als solche mit nur einer Art, aber auch als solche mit ganz vielen Arten.“ Keine Konstanz zwischen Diversität und Systemfunktionen: Biodiversität und Ökosystemfunktionen bildeten demnach nur selten eine stetig ansteigende Kurve. „Vielmehr fand das Team empirische und theoretische Belege für streng konkave oder streng konvexe Beziehungen zwischen Biodiversität und wirtschaftlichem Wert“, so die Pressestelle. Die Erkenntnisse bedeuten keinesfalls, dass sehr artenreiche Ökosysteme nicht schützenswert seien. Vielmehr zeigten sie, dass für solche „Hot Spots“ der Biodiversität ökonomische Argumente alleine nicht ausreichen würden. „Hingegen verdeutlichen die Beziehungen die wirtschaftlichen Vorteile, die schon kleine Erhöhungen der Artenvielfalt in Agrarlandschaften haben können.“ Aber auch für den Wald gelte, dass man mit vier bis fünf Baumarten einen stabilen Wald bewirtschaften kann, der unterschiedliche Funktionen erfüllt.“ Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Science Advances erschienen. Carola Paul leitet das Team der Forstökonomie und Landnutzung: Die Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzungsplanung der Universität Göttingen, für die Prof. Carola Paul, an der Erstellung der Studie beteiligt war, sei im April 2018 gegründet worden, teilt die Fakultät auf ihrer Homepage mit. Fragen der Forstökonomie, der Forsteinrichtung und der nachhaltigen Landnutzungsplanung würden untersucht. Leiterin des Teams ist Paul. Ziel sei die Entwicklung forstlicher Nutzungskonzepte, die einen Ausgleich zwischen betrieblichen und gesellschaftlichen Ansprüchen ermöglichen würden. „Forschungsschwerpunkte umfassen die Weiterentwicklung moderner Ansätze der forstlichen Betriebsoptimierung. Diese untersuchen Fragen der Ertrags- und Produktionsplanung unter Einbeziehung der Multifunktionalität sowie klima- und marktbedingter Risiken“, heißt es auf der Homepage. „Gerade die Schnittstelle zwischen Land- und Forstwirtschaft innerhalb eines Betriebs und in der Landschaft ist von großer Bedeutung für die Entwicklung nachhaltiger Landnutzungskonzepte.“ Von Stefan Kirchhoff

Göttinger Forscher beteiligt - Lohnen sich vielfältigere Systeme in Land- und Forstwirtschaft?