Durch die offene Kirchentür ist das Spiel eines Cellos oder Gesang zu Klavierbegleitung zu hören. Neugierig kommen Menschen herein, setzen sich
in die Bankreihen, lauschen der Musik. „Im Sommer hatten wir bis zu 20 Besucher gleichzeitig“, erinnert sich Theologiestudentin Anne Ebbertz. Gemeinsam mit Caroline Jäsche, die ebenfalls Pastorin werden möchte, führt sie die Aufsicht in der Kirche.
„Kommilitonen helfen uns bei der Musik“, erzählt Ebbertz. Sie selbst singt für die Besucher. Die Akkustik in der gotischen Hallenkirche, die im 13. und 14. Jahrhundert aus rotem Wesersandstein errichtet wurde, sei „grandios“, schwärmt sie. Sie brauche ihre Stimme nur leicht erheben und sie fülle den Raum.
„Unter den Besuchern waren viele, die die Nikolaikirche, die seit 1822 der Universität gehört, noch nie von innen gesehen haben“, erklärt Jäsche. Die unscheinbare Kirche, die seit Jahrhunderten keinen Turm mehr habe, falle im Stadtbild kaum auf. Zudem sei sie geschlossen, wenn gerade keine Gottesdienste, Konzerte oder andere Veranstaltungen stattfänden. „Von innen ist sie aber erstaunlich schön“, meint Ebbertz. Ein Künstler habe dort während des Sommers verschiedene Motive gemalt.
Wenn mal keine Besucher anwesend waren, las Jäsche, befasste sich mit der Theologin Dorothea Sölle. Ebbertz lernte in solchen Zeiten Hebräisch. „In der Kirche gibt es keine Ablenkung“, sagt sie.
„In der Winterszeit wird es in der Kirche frisch sein“, warnt Küsterin Almut Wickert, und rät den beiden Kirchenaufseherinnen zu warmen Strickjacken. Mit Rücksicht auf die Orgel, die empfindlich auf Temperaturschwankungen reagiere, werde das Gotteshaus nur auf 17 bis 18 Grad Celsius geheizt. Wickert macht zudem darauf aufmerksam, dass die Kirche nur dann geöffnet sei, wenn es nicht gerade Veranstaltungen gebe.