PFH Göttingen testet Selbsthilfeprogramm bei coronabedingten, psychischen Belastungen

Die Abteilung Klinische Psychologie der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) hat gemeinsam mit internationalen Partnern ein Selbsthilfeprogramm entwickelt, dass Menschen helfen soll, psychische Belastungen durch die Covid-19-Pandemie aktiv zu verringern. Mit einer Studie untersucht eine Forschergruppe der PFH nun die Wirksamkeit. Nach Angaben der Hochschule weisen aktuelle Studien darauf hin, dass die Pandemie und der damit zusammenhängende Lockdown negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben. „In internationaler Zusammenarbeit haben wir ein 7-tägiges Selbsthilfe-Programm entwickelt, das verschiedene Übungen für jeden Tag beinhaltet. Die Übungen zielen auf Selbstreflexion und Entspannung ab. Ziel unseres Projekts ist die wissenschaftliche Untersuchung der Wirksamkeit dieses Selbsthilfe-Verfahrens", sagt Prof. Youssef Shiban, Professor für Klinische Psychologie an der PFH über das Projekt. Grübeln bekämpfen und Selbstwertgefühl stärken: „Die Grundlage des Selbsthilfe-Programms basiert auf einem frei zugänglichen 10- minütigen 360-Grad-Video in Virtual Reality, dem sogenannten ’Geheimen Garten’, der als virtueller Rückzugsraum angelegt ist", führt Marie Lisa Meyer aus. Meyer betreut als wissenschaftliche Mitarbeiterin das Projekt an der PFH. „Im Rahmen des 7-Stufen-Programms wird zusammen mit einem Partner unter anderem Grübeln bekämpft, das Selbstwertgefühl gestärkt, das autobiographische Gedächtnis angesprochen, das Gemeinschaftsgefühl geweckt, Ziele und Träume in das Bewusstsein gerufen, die Empathie gestärkt sowie Veränderungen geplant.“ Youssef Shiban ist Professor für Klinische Psychologie an der Privaten Hochschule Göttingen. Im Tageblatt-Interview im vergangenen Oktober empfahl er Strategien gegen das Aufkommen depressiver Verstimmungen: „Ein Anstieg an depressiver Symptombelastung ist zunächst einmal eine normale Reaktion auf eine unnormale Situation wie die Corona-Krise. Allgemein gilt, konkretes Handeln schafft Struktur und hilft gegen Überforderung. Aus psychologischer Sicht ist es wichtig, Tagesstruktur zu schaffen, denn Struktur bietet Halt in Krisenzeiten. Ferner scheint es auch sinnvoll, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und sich folgende Fragen zu stellen: Welche Möglichkeiten hält die Situation für mich bereit? Wie nutze ich die freie Zeit? Es ist zudem wichtig, sich auf Dinge zu konzentrieren, die uns mit Freude füllen. Wir sollten unbedingt unsere sozialen Netzwerke aktivieren. Digitale Vernetzungsangebote stellen eine gute Alternative zu realen Treffen dar. Zudem können sinnhafte Aufgaben wie die Renovierung der Wohnung und Entspannung beispielsweise durch Yoga und Meditation helfen.“ Die Studie wird unter anderem auch in Italien, Spanien, den USA und Japan durchgeführt. Über einen Zeitraum von drei Monaten werden in jedem Land jeweils mindestens 30 Personen für die Experimentalgruppe, das heißt, Personen, die das Selbsthilfe-Programm absolviert haben, und 30 Personen für die Kontrollgruppe getestet. Ziel ist es, die Durchführbarkeit des Programms zu evaluieren. Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie ist, dass die Testpersonen mindestens zwei Monate Isolation und/oder Lockdown-Maßnahmen während der Covid-19-Pandemie miterlebt haben. Deutschlandweit 60 Probanden gesucht: Für den deutschen Teil der Studie sucht die PFH deutschlandweit noch 60 Probanden. Interessierte können sich bei Interesse oder Nachfragen per Mail an meyer@pfh.de an Marie Lisa Meyer wenden. Aktuell führt die PHF eine weitere Studie im Zusammenhang mit dem Corona-Virus durch. In der Online-Studie geht es um „die psychosozialen Auswirkungen der landesweiten Beschränkungsmaßnahmen“, wie es in der Beschreibung der Umfrage auf der Homepage der PFH heißt. Ziel sei es, die Konsequenzen der vorgenommenen Einschnitte in das gesellschaftliche Leben zu dokumentieren. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse sei wichtig, da Studien dieser Art in ähnlichen Zukunftsszenarien dazu dienen sollen, politische und andere gesellschaftliche Entscheidungen bezüglich Beschränkungsmaßnahmen zu beeinflussen, heißt es dort weiter. Lesen Sie auch Corona: Umfrage der PFH Göttingen zu Belastungen bei psychischen Erkrankungen Studie der Hochschule Göttingen zeigt Corona-Stress bei Pflegekräften Studie zeigt: So wirkt sich die Corona-Krise weltweit auf die Psyche aus Die Umfrage ist auf der Webseite der PFH verfügbar. Die Bearbeitungszeit der 47 Fragen betrage etwa 20 Minuten, so die PFH. Weiter werden Studienteilnehmer darauf hingewiesen, dass diese Umfrage den vorigen Umfragen sehr ähnele, „sodass sie dem ein oder anderen bekannt vorkommen wird. Dies sollte jedoch niemanden zurückschrecken, da es unser Ziel ist, die gleichen Informationen zu verschiedenen Zeitpunkten zu erheben“. Von Asja Wortmann