Universität Göttingen: Neuer Sonderforschungsbereich erhält Förderung

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert ab dem 1. Januar 2021 einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) an der Universität Göttingen. „Mathematik des Experiments: Die Herausforderung indirekter Messungen in den Naturwissenschaften“ lautet der Titel des SFB nach Universitäts-Angaben. Die Fördersumme beträgt über einen Zeitraum von vier Jahren rund neun Millionen Euro. Der SFB umfasse 16 wissenschaftliche Projekte, in denen Forscher aus der Mathematik und den Naturwissenschaften gemeinsam experimentelle Daten untersuchen. 27 Forschende sind beteiligt, die an der Universität Göttingen in den Fakultäten für Mathematik, Informatik, Physik, Chemie und der Universitätsmedizin (UMG) arbeiten. Einige von ihnen sind zudem an den Max-Planck-Instituten für biophysikalische Chemie und für Sonnensystemforschung in Göttingen tätig. Darüber hinaus ist eine Arbeitsgruppe der Universität Jena beteiligt. Informationen aus Daten ziehen: „In vielen Bereichen der Naturwissenschaften wurden in den vergangenen Jahrzehnten Methoden entwickelt, um günstig und effizient große Mengen an Daten zu messen“, erklärt der Sprecher des SFB, Prof. Thorsten Hohage vom Institut für Numerische und Angewandte Mathematik der Universität Göttingen. Die wesentliche Herausforderung bestehe heute darin, diesen Daten aussagekräftige Informationen zu entnehmen. „Moderne Messtechnologien liefern Informationen oft nur in indirekter Weise, und die beobachteten Daten sind stark verrauscht“, so Hohage. Der Austausch zwischen Experimentatoren und Mathematikern soll im Mittelpunkt stehen. Ziel des SFB sei es, basierend auf mathematischer Modellierung und Analysis zur Extraktion von Informationen aus experimentellen Daten beizutragen. In einem Projekt untersuchen die Wissenschaftler etwa die Sonnensystemforschung. „Seit 20 Jahren sammeln Forscher kontinuierlich hochaufgelöste Bilder, die Oszillation an der Sonnenoberfläche zeigen“, erklärt Hohage. Wie genau es im Inneren der Sonne aussieht, wisse man jedoch nicht genau. Dafür brauche es Mathematiker, die die Daten auswerten können. Anhand von Bildgebungsmethoden kann das Verständnis des elfjährigen magnetischen Aktivitätszyklus der Sonne verbessert werden. Diese können laut Hohage zudem zu einer zuverlässigen Vorhersage des Weltraumwetters beitragen. Sonderforschungsbereiche (SFB)sind langfristige, auf die Dauer von bis zu zwölf Jahren angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftler in einem fächerübergreifenden Forschungsprogramm zusammenarbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert diese Bereiche. Die SFB sollten nach Angabe der DFG die Bearbeitung innovativer, anspruchsvoller, aufwendiger und langfristig konzipierter Forschungsvorhaben durch Koordination und Konzentration von Personen und Ressourcen in den antragstellenden Hochschulen ermöglichen. Somit sollten die SFB der Schwerpunkt- und Strukturbildung der jeweiligen Institution dienen. Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen seien ausdrücklich erwünscht, heißt es seitens der DFG. Sonderforschungsbereiche bestünden aus einer Vielzahl von Teilprojekten. Anzahl und Größe der Teilprojekte ergeben sich aus dem Forschungsprogramm des Verbunds. Die Teilprojekte werden von einzelnen oder von mehreren Wissenschaftlern gemeinsam geleitet. Film eines schlagenden Herzens: In einem weiteren Projekt soll die Darstellung eines MRT an der UMG weiterentwickelt werden. „Die Forschung unter Prof. Martin Uecker zu dem Echtzeit-MRT ist bereits weit fortgeschritten. Mit Hilfe der mathematischen Methoden soll unter anderem ein Film berechnet werden, der das schlagende Herz zeigen kann“, sagt Hohage. Lesen Sie auch: Universität Göttingen erhält weitere Alexander von Humboldt-Professur Göttingen: Studie belegt, dass die Arbeit im Handwerk glücklich macht Der Sinn eines Sonderforschungsbereichs sei laut Hohage eine interdisziplinäre Forschung. Die Wissenschaftler der verschiedenen Fachrichtungen befänden sich im Austausch. „Dieser Austausch zwischen den Experimentatoren und Mathematikern ist sehr wichtig“, betont Hohage. Bei ihrer Arbeit greifen die Wissenschaftler Fortschritte in Data Science aus den vergangenen Jahren auf. Die modellbasierten Ansätze kombinieren sie, um sie für naturwissenschaftliche Daten nutzbar zu machen. Anwendungsgebiete reichen von der Physik der kondensierten Materie, der molekularen oder zellulären Biophysik über biomedizinische Forschung bis hin zur Astronomie. Die Ergebnisse der 16 Projekte werden in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht. Weitere Informationen sind unter www.uni-goettingen.de/crc1456 im Internet zu finden. Sie erreichen die Autorin per E-Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de Von Anja Semonjek