Vorlesungsfreie Zeit für Göttinger Studenten

Wenn schon früh morgens alle Plätze in den Uni-Bibliotheken besetzt sind und auf dem Göttinger Campus reges Treiben herrscht, dann bedeutet das vor allem eins: Es sind Semesterferien. Ferien. Manch einem Studenten entlockt dieses Wort nur ein müdes Lächeln. Genau genommen haben Göttingens Studenten gerade nur vorlesungsfrei. Am 7. Februar endeten die Vorlesungen des Wintersemesters 19/20, am 1. April beginnt das Sommersemester. Ferien, die sucht man in den Semesterplänen vergeblich. Nicht ohne Grund: Während der vorlesungsfreien Zeit schreiben die Studis an Hausarbeiten, büffeln für Klausuren oder machen das, wozu sie während der letzten Monate nicht gekommen sind. Für manche ist es die Zeit großer Veränderungen. „Größtenteils sitze ich am Schreibtisch“: Büsra Dogan (25) studiert im Master Marketing und E-Business. „Die vorlesungsfreie Zeit verbringe ich größtenteils am Schreibtisch. Am liebsten in der Bib, hier gibt es nicht so viel Ablenkung. In den nächsten Wochen stehen noch zwei Klausuren an. Ich bin in zwei Vereinen ehrenamtlich aktiv. Bei den Integreatern besuchen wir Göttinger Schulen und reden mit den Schülern darüber, was es bedeutet, mit einem Migrationshintergrund aufzuwachsen. Beim Erasmus Student Network organisiere ich Veranstaltungen für internationale Studenten mit. Ich freue mich auf einen kurzen Trip in meine Heimat nähe Hockenheim, eine Freundin heiratet und ich habe meine Familie seit Dezember nicht mehr gesehen.“ „Bisher waren wir nur mensen“: Hanna Sievers (18) und Vivienne Lwowski (21) haben vergangenen Oktober angefangen, Sozialwissenschaften zu studieren. Vivienne: „Ich bleibe die gesamte Vorlesungszeit in Göttingen, mir gefällt es hier und ich will richtig ankommen. Wenn ich so oft nach Hause fahre, dann fange ich an, es zu vermissen. Im ersten Semester ist alles sehr viel, neue Stadt, neue Leute. Man muss sich erst mal zurecht finden, Schwerpunkte wählen und dann kommen schon die Klausuren. Eine haben wir geschoben, für die wir jetzt eigentlich lernen wollten. Dann müssen wir auch noch eine Hausarbeit, ein Essay und ein Portfolio schreiben.“ Hanna: „Eigentlich haben wir uns zum Lernen getroffen, aber bisher waren wir nur mensen und haben uns verquatscht. So vergehen gerade die Tage. Mein Freund ist bei der Bundeswehr und zeitlich nicht so flexibel. Deswegen fahre ich oft nach Hause, auch um meine Familie zu sehen. Gerade wohne ich alleine, niemand schreibt mir was vor, aber ich habe keinen Staubsauger. Vielleicht mache ich mich in der vorlesungsfreien Zeit noch auf die Suche nach einer WG.“ Die beiden müssen los. „Wir trinken erst mal einen Kaffee und sehen dann weiter.“ „Das Kapitel Göttingen ist für mich vorbei“: Eike Bronn (29) studiert an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Nachwachsende Rohstoffe und Erneuerbare Energien: „Das Kapitel Göttingen ist für mich vorbei. An der HAWK beginnt die vorlesungsfreie Zeit früher, deshalb bin ich mit meinen Klausuren schon durch. Die letzten Wochen habe ich zum Skaten, Freunde treffen und Abschied nehmen genutzt. Ich ziehe nach Köln. Eigentlich bin ich ausgebildeter Schifffahrtskaufmann, wollte aber noch etwas anderes lernen. Während meines Bachelors habe ich in Bremen, Lissabon und München gelebt, Göttingen war für mich nur eine Zwischenstation. In Köln werde ich für ein Ingenieurbüro arbeiten und dort meine Masterarbeit schreiben. Vielleicht was mit Erneuerbaren Energien, ich komme aus Ostfriesland, da spielt das eine große Rolle.“ „Wer nur studiert, studiert nicht richtig“: Isaac Maksso (23) studiert im Master Chemie: „Momentan bin ich vierundzwanzig sieben auf irgendeinem Campus unterwegs. Ich bin Tutor und korrigiere Klausuren an meinem Fachgebiet. Oder ich lerne für meine eigenen Klausuren. Drei Klausuren habe ich hinter mir, nächste Woche schreibe ich meine letzte Master-Klausur. Dann fange ich direkt mit der Masterarbeit an. Ich möchte früh fertig werden und ab Oktober ein Praktikum machen, am liebsten in den USA. Ich bin ein eng getakteter Mensch, ich stehe gerne früh auf. Sonntags nehme ich mir immer Zeit für mich, mal bin ich mit dem Semesterticket bis nach Wilhelmshaven gefahren, nur um meine Zehen ins kalte Wasser zu halten. Sonst unternehme ich viel mit Freunden. Ich sage immer, wer nur studiert, hat nicht richtig studiert.“ „Dann besuche ich Freunde in Finnland“: Sofia Polydorou (20) studiert Geographie im Bachelor: „Ich habe das Gefühl, für viele hört das Semester nie auf. In den letzten drei Wochen habe ich fünf Klausuren geschrieben. Das hätte ich nicht machen müssen, aber ich bin gerne früh fertig und erkunde dann Deutschland. Ich war in Hildesheim, Berlin, Hamburg und Goslar. Gestern habe ich mir Lübeck angeschaut. Richtig frei habe ich dieses Semester nur zwei Wochen. Dann besuche ich Freunde in Finnland. In meine Heimat Zypern fliege ich etwa vier Stunden, nach Finnland nur zwei. Das ist nicht ganz so schlimm. Vorher mache ich ein sechswöchiges Pflichtpraktikum bei der Agrarsozialen Gesellschaft in Göttingen.“ „Ich lerne eher nebenbei“: Katharina Schlüsselburg (24) studiert im Bachelor Sport und VWL: „Während der vorlesungsfreien Zeit versuche ich rauszukommen. Ich fahre viel in die Heimat nach Cuxhaven oder besuche Freunde. Meine Arbeitszeiten in der Bar, in der ich arbeite, kann ich mir flexibel legen. Manchmal kommen noch Messejobs dazu. Drei Klausuren habe ich schon hinter mir, zwei kommen dann noch Ende März. Ich lerne eher nebenbei und schreibe meine Bachelorarbeit über mentale Trainingsansätze im Profisport. Ab kommender Woche bin ich zehn Tage Skifahren mit der Uni.“ Von Ruben Schaar

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