„Carrera-Rennstall Adelebsen“: Das Surren ist da, das Herz geht auf

Dieses Surren. Dieses unverkennbare Surren. Wenn die kleinen elektrischen Flitzer über die Bahnen rasen, werden unvermeidlich Kindheitserinnerungen wach. Fast jeder kennt das Geräusch, sei es aus der Fernsehwerbung oder aus der eigenen Vergangenheit. Doch es ist ein großer Unterschied, das markante Geräusch der Carrera-Bahnen nur zu hören, oder dafür verantwortlich zu sein, wie es entsteht. Ein Selbstversuch im „Carrera-Rennstall Adelebsen“. „Das Wichtigste ist, die Bremspunkte zu treffen“, sagt Eckhard Sporleder. Ihm gehört der Rennstall mit den Autos im Maßstab 1/32, die Bahnen und Autos sind Einzelstücke, von ihm selbst zusammengebaut. Dementsprechend routiniert bewegt er die kleinen Fahrzeuge über die Bahnen, mit einer beeindruckenden Leichtigkeit nimmt er Kuppen, Kurven und Hochgeschwindigkeitsabschnitte unter die Räder. Alles wird mit einem Geschwindigkeitsregler, der einem Joystick aus den Anfängen der Computerspiele ähnelt, gesteuert. Es gibt nur einen Knopf: Runterdrücken heißt Gas geben, loslassen heißt bremsen. So einfach – und doch so kompliziert. Wer den Bremspunkt verpasst, fliegt ab: Denn die praktischen Carrera-Bahn-Erfahrungen des Autors dieser Zeilen waren vor dem Ortstermin: null. Und nachdem die obligatorische Fahrerbesprechung, die als Einweisung in die Bahnen und Autos dient, aus Zeitmangel entfallen muss, stehen sogleich erste Geh- beziehungsweise Fahrversuche an. Also den Drücker in die Hand genommen, los geht’s. Lesen Sie auch: Mit dem Opel aus den 1960-ern auf die Bahn Auf dem kurzen „Mickey Maus“-Kurs sieht das auch erstmal gar nicht so schlecht aus. Das Surren ist da, das Herz geht auf. Die ersten Kurven gelingen, okay, hier und da streue ich einige Dreher ein, einmal springt das Auto aus der Leitschiene, doch alles in allem ein gelungener Einstand. Weiter geht es zur kurvenreichen „Paracas“-Strecke. Dort würde ich die erste Runde mit den von Sporleder selbstgebauten Fantasie-Sportcoupés lieber verschweigen, denn weit komme ich nicht. Gleich in der Bergabpassage nach Start-Ziel haut es den Wagen aus der Bahn, mit Überschlag und Seitwärtsrolle. Beim Eiskunstlauf wäre das die volle Punktzahl, hier eher nicht. „Den Bremspunkt hast Du verpasst“, sagt Sporleder und lächelt milde. Schließlich kommt es genau darauf an, die Bremspunkte richtig zu setzen, um „dann mit maximalem Speed aus der Kurve heraus zu beschleunigen“. Trifft man den Bremspunkt, soll das Fahrzeug im Scheitelpunkt der Kurve zum Stehen kommen. Das demonstriert Sporleder sogleich. Immer wie im Gehörgang eingebrannt dabei: dieses bekannte Surren. Ziel: Zwei Runden am Stück ohne Unfälle: „Man braucht hier pro Bahn mindestens eine halbe Stunde, um einigermaßen klar zu kommen“, sagt der 52-Jährige. Denn keine seiner Bahnen sei einfach, alle eher schwierig – und jede Bahn hat ihre eigenen Tücken. Insgesamt stehen zehn Strecken zur Wahl, denn jede Bahn kann auch in der Gegenrichtung befahren werden. „Nach zwei Stunden Training ist man angekommen.“ Nachdem ich zwei Runden ohne Unfälle geschafft habe, geht es auf mein Drängen weiter zur größten Bahn. Die aus Pappmaché gebaute Strecke ist sehr fragil, kurvig und bergig. Um in den Serpentinen verunfallte Fahrzeuge zu bergen, muss man auf befestigte Stufen steigen, um nicht durchzubrechen. Und auch hier zeigt sich schnell wieder: Rennfahren ist richtig harte Arbeit, auch im Miniaturformat. Immerhin zeigen gelbe Pylonen die idealen Bremspunkte auf. Allerdings sind die kleinen Renner bei Vollgas so schnell, dass man mit dem Bremsen den eigenen Augen voraus sein muss. Mein Ziel lautet: Zwei Runden am Stück ohne Unfälle. Surrend setzen sich die Autos in Bewegung, von Sporleder kommt ab und zu ein „sehr gut“, wenn ein Bremspunkt perfekt passt. Und nach ungefähr sieben Karambolagen, 15 Drehern und einem unfreiwilligen Crash beider Fahrzeuge habe ich es geschafft. Stolz und glücklich nach diesem Riesenspaß sowie mit dem Wissen, dass zur Beherrschung der Bahnen viel Geschick und noch mehr Training nötig ist, verabschiede ich mich. Das Surren begleitet mich aber noch länger. Fünf Bahnen stehen im „Carrera-Rennstall Adelebsen“: Eine mobile, kurze Strecke wird genutzt, um erste Erfahrungen mit dem Drücker und den Fahrzeugen zu sammeln. Dann geht es zur Hochgeschwindigkeitsstrecke „Alpine“. 35 Meter lang ist der High-Speed-Kurs im Erdgeschoss. „Paracas“ heißt die historische Bahn, die mit 26 Metern zwar kürzer, aber nicht minder anspruchsvoll ist. Dort sind die Schleuderwenden an der Tagesordnung und die Fahrzeuge nicht spurgebunden unterwegs, heißt: Vorsicht, Geisterfahrer! Außerdem wird die Rundenzeit per Computer auf die tausendstel Sekunde gemessen. Herzstück ist die Strecke der „Norwegen-Rallye“: Kurvige Serpentinen, knackige Vollgasabschnitte und ein Spurwechsel verlangen den Fahrern allerhand Geschick ab. Im Obergeschoss haben dann Gruppen den größten Spaß. Auf der „Nascar“-Bahn können acht Autos gleichzeitig die Steilkurven unter die Räder nehmen. Von Tobias Christ