Bovenden: Rentner Günter Simon repariert alte Elektrogeräte

Reparieren oder neu kaufen? Diese Frage stellt sich schnell, wenn die Waschmaschine poltert, Wasser aus dem Trockner läuft oder der Herd nicht mehr richtig heiß wird. Ein neues Gerät wäre beim Händler um die Ecke oder auch im Internet schnell besorgt, das Problem gelöst. Was aber, wenn ich mein Gerät reparieren lassen will? Weil es günstiger und nachhaltiger ist? Dann helfen Menschen wie Günter Simon, Elektrofachmann aus Lenglern in der Gemeinde Bovenden. Simon ist ein absoluter Fachmann. Er hat Elektriker gelernt und viele Jahre bei Risting Elektrotechnik in Bovenden und Suchfort Anlagenbau in Göttingen gearbeitet. Er ist Experte für Brandschutz und Lüftungsanlagen. Nebenberuflich verkauft er seit vielen Jahren Haushaltsgeräte. Heute ist der 71-Jährige zwar Rentner, er mag das Arbeiten aber nicht lassen. Er sagt: „Einmal war ich mit meiner Frau Karin zusammen einkaufen – dann durfte ich wieder arbeiten.“ Die Werkstatt ist ein Bastlerparadies: Simon kennt Waschmaschinen, Herde und Trockner in- und auswendig. Herzstück seines Schaffens ist das Souterrain seines Hauses am Lenglerner Nelkenweg, das er gemeinsam mit seiner Ehefrau bewohnt. Ein paar Meter muss der Vater zweier Kinder und dreifache Großvater angelieferte Geräte zur Kellertür bewegen, ein paar Stufen überwinden. Das ist hundertfach geübt und funktioniert dank Stufensackkarre und Anschnallgurt ganz geschmeidig. Hinter der Kellertür: ein Bastlerparadies. Da wo sonst auch ein Mieter sein Zuhause haben könnte, stellt Simon gebrauchte Elektrogeräte aus, und da ist auch seine Werkstatt – ein Arbeitsraum wie aus dem Bilderbuch. Es ist eng, und überall hängen, liegen und stehen Werkzeuge, Kabel und Schläuche. Außerdem Schraubenzieher, eine Werkbank und Messgeräte. Dazu Ersatzteile wie Heizspiralen und Antriebsriemen. Auf den ersten Blick ist ein Chaos. „Sie wissen doch: Wer Ordnung hält, ist nur zu faul zu suchen“, scherzt Simon. Und so sicher, wie er die richtigen Teile greift, wird auch deutlich: Es gibt eine Ordnung – man muss sie nur kennen. Ein paar Dutzend Euro: Wer beispielsweise seinen Herd in Herrn Simons Hände gibt, merkt man schnell, dass man es mit einem absoluten Kenner zu tun hat. Und dass der ein ehrliches Interesse hat, die Geräte wieder zum Laufen zu bringen. Während Hersteller beispielsweise Ersatzteile wie Heizspiralen in der Regel nur bis zu zehn Jahre vorhalten, hat Simon einen Fundus, aus dem er passende Teile heraussuchen und verbauen kann. So werden auch Reparaturen von Geräten möglich, die alt oder sehr alt sind. Und statt 300, 500 oder 1000 Euro für ein neues Gerät auszugeben, reichen dem Sparfuchs ein paar Dutzend Euro – und der alte Herd, die Waschmaschine oder der Trockner funktionieren wieder. Wenn einem Waschmaschine, Trockner oder Herd kaputt gehen, ist man nicht automatisch auf Bastler wie Günter Simon angewiesen. Auf neu gekaufte Ware gibt es eine Garantie, es gibt Kundendienste und oft bis zu zehn Jahre Ersatzteile bei den Herstellern. Wer keinen Garantieanspruch hat oder aus sonstigen Gründen zu dem Schluss kommt, dass sein Gerät mit Bastlerhilfe eine Chance auf ein zweites oder drittes Leben bekommen sollte, kann im Raum Göttingen unter anderem bei Günter Simon, Nelkenweg 18 in Lenglern Hilfe bekommen. Telefonischer Kontakt: 0 55 93 / 13 45. Eine Alternative ist der Wachmaschinenladen in der Mühlentorstraße 7 in Mengershausen, Gemeinde Rosdorf. Inhaber ist Diplom-Ingenieur Wolf Wießner, er bezeichnet seine Arbeit als „aktiven Umweltschutz – bei mir werden unter anderem alle möglichen Elektroniken wieder in Stand gesetzt und nicht gegen neue getauscht.“ Kontakt: 05 51 / 78 26 63 oder www.waschmaschinenladen.de. Außerdem gibt es Reparatur-Initiativen wie das Göttinger Reparatur-Café in der Breite 84. Kontakt: 05 51 / 3 70 82 36. www.reparaturcafe-goettingen.de. Woher kommt Simons Bastellust? Treibt ihn auch das Thema Nachhaltigkeit an? Will er dazu beitragen, dass Ressourcen geschont werden? „Das ist für mich nur ein Nebenaspekt“, sagt er gerade heraus. Es sei einfach so, dass er immer das Geld verdient habe und dass er sich ohne Arbeit vermutlich sehr langweilen würde. „Was soll ich denn sonst den ganzen Tag machen? Nur auf dem Sofa liegen? Oder das Göttinger Tageblatt lesen?“ Lohnt sich „vom Staubsauger aufwärts“: Es sind Bemerkungen wie diese, die es kurzweilig machen, der Reparatur in der Kellerwerkstatt beizuwohnen. Und nicht zuletzt ist es lehrreich. Während Simon Spannung misst, Probleme ortet, Ersatzteile heraussucht und verbaut, kann man eine Menge über die richtige Nutzung von Waschmaschine und Geschirrspüler, den Transport von Trocknern und Kühlschränken lernen – und darüber, wie man seine Geräte richtig pflegt, damit sie nicht wieder kaputt gehen. Lesen Sie auch Reparieren statt wegwerfen: EU verschärft Regeln für Hersteller drastisch Neues Reparaturcafé im Bürgertreff Duderstadt ADFC Göttingen vergibt kostenlos Fahrradteile Jeden Defekt kann aber auch Simon nicht reparieren. Grundsätzlich, sagt er, lohne der Reparaturaufwand nur bei Geräten ab einem Neuwert von 200 bis 300 Euro. „Vom Staubsauger aufwärts“, ist seine Formel. Und wenn das Problem beispielsweise auf der Hauptplatine der Waschmaschine, der elektronischen Steuerungseinheit mit zahlreichen sehr kleinen Elementen liegt, wird es für ihn auch mal zu kleinteilig. „Ich kann nicht alles reparieren – dafür habe ich dann meine Leute.“ Von Steffen Kahl