In Göttingen wachsen die Eiszapfen: Wer ist für die Sicherheit verantwortlich?

Eiskalte Tage und Nächte: In der Region rund um Göttingen wachsen mit sinkenden Temperaturen die Eiszapfen an Dächern und Dachrinnen. Überall dort, wo ein wenig Wärme den Schnee zum Schmelzen bringt, gefrieren derzeit die bizarren Zapfen. So schön sie auch aussehen: Wenn sie herab stürzen, droht Verletzungsgefahr. Außerdem könnten sie geparkte Autos beschädigen. „Feuerwehren sind nicht zuständig“: „Verantwortlich für die Sicherheit sind grundsätzlich die Hauseigentümer”, erklärt Thomas Brandes, Bürgermeister in Bovenden. Sie müssen dafür sorgen, dass von herabstürzenden Eiszapfen keine Gefährdung ausgehe. Für diejenigen, die sich nicht selbst um die Entfernung der eisigen Gebilde kümmern können, empfiehlt er, sich an einen Hausservice zu wenden. „Die Feuerwehren sind dafür nicht zuständig”, sagt er. Um die kommunalen Gebäude wie Schulen und Kindergärten müsse sich zunächst die Verwaltung kümmern. „Wir haben an unserem Rathaus in Bovenden bereits Eiszapfen abgeschlagen”, sagt er. Das habe der Hausmeister erledigt, der Eingang musste dafür kurz gesperrt werden. „An allen öffentlichen Gebäuden werden wir tätig und manchmal hilft uns dabei allerdings auch unsere Feuerwehr”, sagt er. Auch Rechtsanwalt Uwe Witting, Justiziar des Eigentümer-Vereins „H+G Göttingen”, sagt: „Verantwortlich für die Sicherheit ist der Eigentümer.” Das gelte gleichermaßen für das Räumen der Gehwege wie auch für das Beseitigen von Eiszapfen und Dachlawinen. „Der Eigentümer muss vom Grundsatz her dafür sorgen, dass niemand zu Schaden kommt”, sagt Witting. Die Versicherung zahle nämlich in der Regel nur dann, wenn „ich meiner Sorgfaltspflicht nachgekommen bin”, erklärt er. Dennoch hätten auch die Bürger eine gewisse Mitverantwortung. „Wenn ich mein Auto irgendwo parke, dann sollte ich derzeit auch nach oben schauen, ob Gefahr droht”, rät der Jurist. Eiszapfen über der Fußgängerzone: Viele Gebäudeeigentümer geben die Aufgabe deshalb an Serviceunternehmen ab. Hendrik Eike, Chef der Firma Hausdoktor, ist beispielsweise für eine ganze Reihe von Häusern an der Weender Straße in Göttingen zuständig. Er hat am Mittwoch bereits an etlichen Objekten die Eiszapfen entfernt. Gerade in der Fußgängerzone, wo die Dächer der Häuser und damit auch die Zapfen direkt über den Fußgängern und nicht im Garten des Grundstücks enden, könnten die Eisspitzen Menschen verletzen. „Vor allem an den Stellen, wo die Dächer nicht so gut isoliert sind, wachsen zurzeit Zapfen”, sagt Eike. Eiszapfen können mehrere Meter lang werden – beispielsweise an Wasserfällen. Sie entstehen, wenn sich Tropfen bilden, die gefrieren. Wie bei einem Tropfstein lagert sich nachtropfendes Wasser am Rand ab. Dort bildet sich neues Eis. Deshalb entstehen sie dort, wo Wasser langsam nach unten tropft und niedrige Temperaturen herrschen. Das Wasser muss schichtweise anfrieren, damit der Eiszapfen ihre typische Form annehmen können. Laut Wikipedia hat ein kleiner, junger Eiszapfen meist eine Kegelform, häufig sind auch noch im Inneren einige Blasen erkennbar. Die Form ändert sich stetig, beispielsweise kann durch Verdunstung von Eis eine Formveränderung stattfinden. Wenn der Zapfen zu lang und damit zu schwer wird, bricht er ab. Auch wenn das Eis wegen steigender Temperaturen antaut, bricht ein Zapfen leicht ab. Die Leitstelle der Göttinger Berufsfeuerwehr hat bislang noch keine Verletzungen, Vorkommnisse oder Schadensfälle im Zusammenhang mit Eiszapfen verzeichnet. „Aber das kann ja noch kommen“, so ein Sprecher. Verein rät zur Versicherung: „Wenn sich Schneelawinen oder große Eiszapfen vom Dach lösen und Menschen verletzen oder Autos beschädigen, kann das für Menschen mit Immobilienbesitz teuer werden. Eine Privathaftpflichtversicherung sollten alle Immobilieneigentümer daher haben“, erläutert Bianca Boss, Pressesprecherin des Vereins Bund der Versicherten (BdV). Lesen Sie auch Wetter-Liveticker: Wie wird das Wetter morgen in Göttingen und Region? Zahlreiche Schulen geschlossen Göttingen ist der kälteste Ort in Niedersachsen - 10. Februar 2021 Werden Gehwege durch Eis und Schnee unsicher, seien Eigentümer und oftmals auch Mieter verpflichtet, sie eis- und schneefrei zu halten. Wer dieser Pflicht nicht nachkomme, hafte für Schäden. Ein weiteres Haftungsrisiko seien Dachlawinen. Denn wenn nach den heftigen Schneefällen vom vergangenen Wochenende demnächst Tauwetter einsetze, steige die Gefahr, dass die Schneemassen vom Hausdach fallen. Autofahrer sollten ihren Parkplatz mit Bedacht wählen, denn nicht immer stehe eine Versicherung für entstandene Schäden ein. „Wird ein Auto durch eine Dachlawine oder Eiszapfen beschädigt, zahlt die Vollkasko-Versicherung“, erklärt Boss. Bestehe lediglich ein Teil- oder gar kein Kaskoschutz, bleibe der Autofahrer auf dem Schaden sitzen. Von Britta Bielefeld