Denkmalschutz sorgt für Ärger bei Eigentümern in Mingerode

Jahrelang leer stehende Häuser sorgen für Unmut im Duderstädter Ortsteil Mingerode: Deren Eigentümer dürfen die denkmalgeschützten Gebäude nicht abreißen – und der Ortsbürgermeister wünscht neuen Wohnraum statt vom Land flüchtende Bürger. „Die Situation ist unerträglich“, sagt der Besitzer eines Hauses (Name ist der Redaktion bekannt). Er bildet eine Eigentümergemeinschaft: „Wir wollen abreißen und zwei Bauplätze an bauwillige Interessenten aus Mingerode oder anderen Orten verkaufen.“ Baugrund sei im Ort „rar gesät. Für Mingerode wären neue Häuser, neue Wohnungen eine schöne Sache. Auch innerörtlich, für das Dorfbild.“ Sein Haus sei zwar von der Straße kaum zu sehen, aber eben kein schöner Anblick. Um den geht es allerdings rechtlich nicht. Eckart Rüsch vom Landesamt für Denkmalpflege sagt, er sei zu verschiedenen Anlässen im Ort gewesen und habe den Denkmalschutzstatus von Gebäuden bestätigt. Der Gebietsreferent für Duderstadt betont: „Wir sind für die Erstellung und Pflege des Denkmalverzeichnisses zuständig. Es ist nicht unsere Aufgabe, etwas vorzuschreiben oder zum Beispiel einen Abriss zu verbieten.“ Rüsch sagt, dass er Tipps geben und Kontakt zu potenziellen Käufern vermitteln könne, die ein Interesse an denkmalgeschütztem Fachwerk hätten. Und das habe er bei einer Besichtigung gegenüber einem Besitzer auch geäußert: „Aber wir haben nie wieder etwas aus Mingerode gehört.“ Stadtverwaltung: „Vorgegebenes gesetzliches Verfahren“ einhalten: Jürgen Germerott, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung in der Duderstädter Verwaltung, weist wie Rüsch darauf hin, dass es „Fachwerk-Interessengemeinschaften und im Internet Plattformen“ gäbe, die unterstützen könnten. Er will sich nicht zu „einzelnen Gebäuden oder Baumaßnahmen“ äußern. Es gebe ein „vorgegebenes gesetzliches Verfahren“, wenn ein Eigentümer nicht sanieren und stattdessen verkaufen wolle. „Wir brauchen den Nachweis, dass eine Sanierung unwirtschaftlich ist“ - und den müsse ein fachlich versierter Architekt erbringen. Sollte dieser Nachweis geliefert werden, könnte das Landesamt eine Sanierung finanziell fördern, um ein Gebäude zu erhalten. „Erst, wenn das nicht klappt, könnte ein Antrag auf Abbruch gestellt und bearbeitet“ werden. Weder ein solches Dokument noch ein Antrag auf Abbruchgenehmigung liege ihm vor, so Germerott. Der Besitzer der denkmalgeschützten Immobilie bestätigt, dass er bislang keinen Architekten beauftragt habe: „Das können nur bestimmte Architekten machen, die sich mit Denkmalschutz auskennen. Das kostet mehrere 1000 Euro. Ich bin aber nicht bereit, in Vorleistung zu gehen.“ Er sei bereit, das Haus entsprechend gesetzlicher Vorgaben zu sichern: „Wir sehen zu, dass das Dach in Ordnung ist und das Haus erhalten bleibt. Wir machen aber keine Verschönerungsarbeiten.“ Sanierung würde „fast so viel kosten wie zwei neue Häuser“: Er betont: „Steuerliche Abschreibungen oder Zuschüsse helfen uns nicht weiter.“ Die Immobilie sei „finanziell nicht sanierungsfähig“. Und: „Das würde ja fast so viel kosten wie zwei neue Häuser“. In einer Stadt, sagt er, „kann man alte, denkmalgeschützte Häuser mit hohen Investitionen sanieren und wieder vermieten. In Mingerode funktioniert das nicht.“ Dieser Meinung ist auch der Besitzer einer anderen denkmalgeschützten Immobilie in Mingerode, der mittlerweile in einem anderen Ortsteil Duderstadts wohnt (Name ist der Redaktion bekannt). Er betont: „Ich habe das Haus nur gesichert, Bänder dran gemacht, damit es nicht auseinanderfällt. Aber es regnet rein. Von einem vernünftigen Standpunkt aus gesehen, ist das Haus nicht mehr zu sanieren. Ich weiß nicht, was ich machen soll.“ Der Ortsbürgermeister will Hausbesitzern mit externen Kontakten helfen: Pascal Schwedhelm (Unabhängige Wählerliste), Ortsbürgermeister von Mingerode, sagt, ihm gehe es grundsätzlich um den demografischen Wandel. „Wo steht der ländliche Raum in zehn Jahren? Was können wir jetzt tun, damit in 20 Jahren nicht Ortskerne leer stehen? Verschließen wir die Augen vor der Realität? Wir verschieben die Problematik in die nächste Generation.“ Gegenwärtig würden „einerseits Baugebiete eher zurückhaltend ausgewiesen, andererseits dürfen marode Häuser nicht abgerissen werden“. Schwedhelm sagt, er respektiere den Denkmalschutz. „Wenn ein solches Haus unbedingt erhalten werden muss, dann muss man den Besitzern nicht nur Förderung anbieten, sondern die Aufwendungen zu 100 Prozent erstatten. Da muss man als Gesellschaft ein Signal setzen.“ Eine Sanierung dürfe nicht „auf dem Rücken der Eigentümer“ erfolgen, „die nie im Haus gelebt und es zum Beispiel geerbt haben“. Schwedhelm ist sich sicher: „Auf kommunaler Ebene kann diese gesellschaftliche Frage nur bedingt geklärt werden. Wir vom Ortsrat wollen Hauseigentümer unterstützen, und sei es in der Herstellung von Kontakten. Wir werden eine Lösung nicht allein in Mingerode, Duderstadt oder beim Landkreis finden.“ Lesen Sie auch: Denkmalschutz: Gebäude sollen überprüft werden Denkmalschutz bewegt Ortsrat Mingerode Der Ortsrat Mingerode will Bauvorhaben voranbringen Von Stefan Kirchhoff

Wohnraum - Denkmalschutz sorgt für Ärger bei Eigentümern in Mingerode