Diestel, Gysi und Zeh diskutieren zum Abschluss der Duderstädter Gespräche

30 Jahre deutsche Einheit standen im Mittelpunkt der 31. Duderstädter Gespräche in der Kolping-Ferienstätte auf dem Pferdeberg bei Duderstadt. Während der abschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Peter-Michael Diestel (CDU), Gregor Gysi (Die Linke) und Klaus Zeh (CDU). „Was verbinden Sie positiv mit der deutschen Einheit?“, so eröffnete Moderator Wieland Gabcke die Gesprächsrunde. „Endlich die Verwandten im Westen besuchen zu können“, erklärte Zeh, unter anderem von 1990 bis 1994 Thüringer Finanzminister. „Die Freiheit ist ein riesengroßes Geschenk, auch wenn sie alltäglicher ist als der Wunsch war.“ Der letzte Innenminister der DDR, Peter-Michael Diestel, ist dankbar, dass es „eine Gesellschaft gibt, wie ich sie mir früher immer vorgestellt habe“. Er sei froh, dass seine Heimat 1990 „viel, viel größer“ geworden sei und er viel erlebt habe. Reisen nach dem Mauerfall: „Die Reisemöglichkeit kam bereits nach dem Mauerfall“, präzisierte Gregor Gysi, unter anderem bis 1993 letzter Vorsitzender der SED und ihrer Nachfolgepartei PDS. Die Freiheit und Demokratie seien auch nicht von Helmut Kohl gekommen, sondern seien vom Osten „erdemonstriert“ worden. Für ihn sei wichtig gewesen, dass es keinen Krieg zwischen den beiden deutschen Staaten mehr geben konnte. Gysi habe mit der SED eine bankrotte und marode Partei übernommen, sagte Gabcke und fügte die Frage an, warum die SED nicht aufgelöst wurde. „Das war 1990 nicht möglich“, antwortete der damalige Vorsitzende. Einerseits wäre das Vermögen herrenlos, andererseits tausende Angestellte arbeitslos geworden. „Arbeitslosengeld gab es nicht.“ Wenn diese Menschen sich mit den Mitarbeitern der aufgelösten Staatssicherheit zusammengefunden hätten, hätte es eine große Gefahr bedeutet. Eine Auflösung der Partei sei erst Mitte der 90er-Jahre möglich gewesen, dann aber nicht mehr gewollt. Macht- und Eigentumsverhältnisse: Zeh bemängelte, dass im Parteiprogramm der Linken stehe, dass die Partei danach strebe, die Macht- und Eigentumsverhältnisse zu ändern. Und bei solchen Formulierungen habe er die größten Befürchtungen. Gysi hingegen plädierte für einen demokratischen Sozialismus. Der staatliche Sozialismus sei immer gescheitert, der demokratische hingegen habe noch nie eine Chance bekommen. „Ich bin für veränderte Macht- und Eigentumsverhältnisse“, bestätigte Gysi. Ihm seien beispielsweise die großen Banken zu mächtig. Als weiteres Beispiel müsse sich ein Krankenhaus nicht in erster Linie rechnen, sondern den Menschen helfen. Alles zwischen den großen Banken sozialer Daseinsfürsorge solle schon privat organisiert werden. „Was passiert, wenn ein Staat alles reguliert, haben wir ja gesehen.“ In der Frage der Währungsunion waren sich die drei Redner einig. „Politisch gab es keine Alternative“, sagte Zeh. „Sonst wäre die DDR weiter ausgeblutet.“ Bundeskanzler Helmut Kohl sei allerdings auf sich gestellt gewesen, so Diestel, da sich weder in Ost noch in West irgendwer habe vorstellen können, wie es funktionieren könne. Gysi bemängelte nur, dass es keine Lösung für die Wirtschaft gab. Schnelle Einheit war notwendig: Die schnelle Einheit zwischen den beiden deutschen Staaten befürworteten die Redner, da sonst ein zäher Prozess zu erwarten gewesen wäre. „Es wäre nur schön gewesen, wenn die Vorteile aus dem Osten und dem Westen miteinander verbunden worden wären“, sagte Diestel. „Nicht nur das Ampelmännchen und den grünen Linksabbiegerpfeil“, ergänzte Gysi und verwies auf die Kindergartenbetreuung und die Gleichstellung der Frau. Dann hätten sich die Ostdeutschen mehr wertgeschätzt gefühlt und die Westdeutschen erlebt, dass sich durch das Hinzukommen der DDR ihre Lebensqualität auch verbessert. „Wir haben viele Facetten der deutschen Einheit kennengelernt, die noch lange nachhalten“, zog Andreas Bulitta, Vorsitzender des Kolpingwerks Diözesanverband Hildesheim, ein positives Fazit der 31. Duderstädter Gespräche. „Wir haben wahnsinnig viele sehr persönliche Eindrücke von Zeitzeugen erhalten.“ Dabei seien in jedem Vortrag Emotionen mitgeschwungen. „Es waren sehr offene Referenten, die sehr persönlich gesprochen haben.“ Mit rund 150 Anmeldungen hatten sich die bislang meisten Teilnehmer für die Gespräche in diesem Jahr interessiert. „Wir sind begeistert“, erklärte Diözesansekretär Mirco Weiss. „Der Zuspruch war enorm.“ Besonders beeindruckend sei gewesen, dass der Verdienst von Papst Johannes Paul II. zur Deutschen Einheit so stark reflektiert worden sei. „Das ist ein Punkt, der oft zu kurz kommt“, betonte Weiss. Nicht nur Pfarrer Michal Wilkosz, Sekretär der Delegatur der Deutschen Bischofskonferenz für die polnischsprachige Seelsorge in Deutschland, habe in seinem Vortrag darüber gesprochen, auch Altbischof Joachim Wanke und Universitätsprofessor i.R. Dieter Segert seien verstärkt darauf eingegangen. 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30 Jahre Deutsche Einheit - Diestel, Gysi und Zeh diskutieren zum Abschluss der Duderstädter Gespräche