Duderstadt: Das sagt die Politik zu den hohen Neubauten am Hellergraben

Gegen den Investor, dessen Neubauten am Clara-Gerlach-Garten nahe der Duderstädter Altstadt zu hoch gebaut wurden, hat die Stadtverwaltung wegen Verstößen gegen geltendes Baurecht ein hohes Bußgeld für den Bauherren verhängt. „Problematischer Vorgang“, „schlimme Geschichte“, „empörend“, „ärgerlich“ und „ungeheuerlich“ nennen Ratspolitiker die Angelegenheit. Andreas Diedrich, Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat, betont, dass das aktuelle Vorgehen von Rat und Verwaltung nun keineswegs ein Freibrief für künftige Bauvorhaben in der Stadt sein kann. In diesem „ärgerlichen“ Fall, so Diedrich, habe es aber gegolten, zwischen Rückbau und Bußgeld für den Bauherrn abzuwägen. Diedrich hält das nun nach verwaltungsinternen Beratungen verhängte Bußgeld für angemessen festgesetzt. Dieses schöpfe in der nun beschlossenen Höhe den durch die erhöhte Quadratmeterzahl entstandenen Mehrwert für den Bauherren ab. Diedrich ist sich sicher, dass das Bauamt mit der Erfahrung aus dem Hellergraben bei künftigen Bauvorhaben „ein Auge mehr darauf werfen“ werde. Auch Diedrichs Fraktionskollege und Vorsitzender des Duderstädter Ausschuss für Stadtentwicklung, Hermann Hesse (CDU), hofft, dass nun „verstärkt“ versucht werde, dass künftig Bebauungspläne eingehalten werden. Nein, sagt er, enttäuscht sei er in dem aktuellen, „für Duderstadt bislang einmaligen Vorgang“ nicht von der Verwaltung. Das Vertrauen sei auch jetzt noch da. Hesse betont, dass die Politik einen Vorort-Termin abgelehnt habe, sei der Vorgang doch Sache der Verwaltung. Mit dem Ergebnis, nämlich neue Wohnungen für Duderstadt zu schaffen, sei er zufrieden, sagt Hesse. „Uns ist es wichtig, dass die Leute, die dort wohnen, dort auch bleiben können.“ Jetzt gehe es mit der Änderung des Bebauungsplanes darum, rechtliche Sicherheit zu schaffen. „Das Gebäude wurde größer und größer“, erinnert sich Matthias Schenke aus der SPD-Ratsfraktion. Mehrfach habe die SPD in den Ausschüssen nachgefragt. Schenke macht deutlich: „Es handelt sich um einen Schwarzbau.“ Innerhalb der SPD-Fraktion habe die Meinung vorgeherrscht: Rückbau des Gebäudes und Strafe für den Bauherren. Die SPD habe sich in der Ratssitzung am 2. März bei der Entscheidung über eine Änderung des Bebauungsplanes enthalten. Lesen Sie auch: Zu hoch gebaut am Clara-Gerlach-Garten: Investor zahlt hohes Bußgeld Schenke sagt, dass ihm persönlich Wohnungsbau auf der Fläche des historischen Clara-Gerlach-Gartens ohnehin „nicht behagt“ habe, sei es doch Duderstadt letzter erhaltener Bürgergarten. Die Mehrheit im Rat habe sich aber dafür entschieden, das müsse man akzeptieren. Schenke bedauert, dass durch die Neubauten die Hälfte des Gartens zerstört worden sei. Es sei für ihn bis heute nicht nachzuvollziehen, „warum das Landesdenkmalamt da mit gemacht hat“, sagt Schenke. Irritationen habe es dann zudem im Rat gegeben, als die Stadt „eine exorbitante Summe“ für die Wiederherstellung des Gartens zahlen sollte. Ratsherr Schenke meint, dass Rat und Verwaltung gegen Verstöße gegen geltende Bauvorschriften „machtlos“ seien. Gleichwohl meint er, dass die Bauaufsicht mehr kontrollieren müsse – „bei großen wie kleinen Bauvorhaben“. Schenke appelliert zudem an den Rat, künftig mehr die Augen offenzuhalten und mehr Courage auch gegenüber der Verwaltung zu zeigen. Dass sich der Rat vielleicht zu defensiv verhält, erklärt Schenke mit den Nachwehen der zu Ende gegangenen Ära von Bürgermeister Wolfgang Nolte (CDU). Während dieser hätte die „leiseste Kritik“ an „Majestätsbeleidigung“ gegrenzt. Der Fraktionsvorsitzende der WDB, Thomas Gerlach, erwartet von der Duderstädter Bauverwaltung nun häufigere Kontrollen auf Baustellen – auch wenn das vom Gesetz her nicht nötig sei, auch wenn der „problematische Vorgang“ und die „schlimme Geschichte“ am Hellergraben der erste bekanntgewordene Fall dieser Art in Duderstadt sei. Gerlach kritisiert, dass von dem Bauherren bislang nur Ausreden und „seichte Entschuldigungen“ zu hören gewesen sind. Er betont wie auch Vertreter anderer Fraktionen, dass der Rat mit der Änderung des Bebauungsplanes verhindern will, dass die Eigentümer und Mieter, die schon in den neuen Häusern wohnen, nicht wieder ausziehen mussten. „Das war uns wichtig“, sagt Gerlach. Für Jochen Mitschke, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Duderstädter Rat, ist die nun mit Ratsmehrheit auf den Weg gebrachte Änderung des Bebauungsplanes eine „praktikable“ und „gute“ Lösung und der „der Versuch, das Ganze zu retten“. Niemand habe etwas davon, wenn dort eine Brache entsteht. Diese wäre abschreckend. Er sei froh, so Mitschke, dass es an dem Standort nach jahrelangem Leestand eine Entwicklung gebe. Über die gut erschlossene Wohnanlage in der Innenstadt sei er froh. Er sei aber „entsetzt“, so Mitschke, dass sich der Bauherr nicht an den gültigen Bebauungsplan gehalten habe. „Ärgerlich und ungeheuerlich“, nennt Mitschke den Vorgang. „In so eine Situation werden wir nicht noch einmal kommen“, sagt Mitschke. Jeder Bauherr werde verpflichtet und darauf hingewiesen, den Bebauungsplan einzuhalten. „Ich gehe davon aus, dass der Rat in der nächsten Wahlperiode Kontrollmechanismen einbauen wird.“ „So etwas lässt sich nicht zu 100 Prozent kontrollieren und vermeiden“, meint hingegen Béla Piri aus der FDP-Ratsfraktion. Er sagt aber auch, dass man nun mit den anderen Fraktionen besprechen müsste, ob sich Kontrollmechanismen vereinbaren lassen. Die Sache am Hellergraben sei „unglücklich“ gelaufen. Piri sagt, dass zu keiner Zeit Hinweise gegeben hätte, dass die Gebäude zu hoch gebaut würden. Auch er rätselt, wie so etwas passieren kann. Die nun angestoßene Änderung des Bebauungsplanes sei die richtige Lösung. Ein Rückbau oder ein Leerstand der Gebäude hätte niemanden etwas gebracht. Piri glaubt, dass die hohe Strafe für den Investor für andere abschreckend wirke und so seine Wirkung als Warnung nicht verfehle. Die Verwaltung werde bei künftigen Projekten dieses Investors nun genauer hinschauen, hofft er. Von Michael Brakemeier