Heimatmuseum Duderstadt: Interview mit Landschaftsverband-Geschäftsführer

Die Zukunft des Heimatmuseums wird am Dienstag, 2. März, im Rat der Stadt Duderstadt entschieden. Die Pläne für eine Sanierung und Neukonzeption standen eigentlich. Aber aktuell ist das Geld für die dringend benötigte Sanierung nicht im Haushalt vorgesehen. Vielmehr fand im Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen und Tourismus die zweite Beschluss-Alternative mit dem Verzicht auf eine Sanierung und dem eventuellen Verkauf des Gebäudes die Mehrheit. Wie steht der Landschaftsverband Südniedersachsen, dessen Museumsberaterin Astrid Vettel stark an den Planungen zur Neukonzeption beteiligt war, zu den Plänen? Wir haben bei Geschäftsführer Olaf Martin nachgefragt. Herr Martin, eines der Hauptargumente gegen die Sanierung und Neukonzeption – außer der finanziellen Situation der Stadt – ist der Verweis auf fehlende Besucherzahlen... Tja, das ist eine der beliebtesten Kennzahlen: Wie sieht es mit den Besuchern aus? Und dann wird so ein Stadtmuseum verglichen mit dem Grenzlandmuseum Eichsfeld in Teistungen oder mit dem Europäischen Brotmuseum in Ebergötzen. Aber die haben eine ganz andere touristische Relevanz. Ein Heimatmuseum wie in Duderstadt ist erst sekundär ein touristischer Anziehungspunkt. Denn man muss nicht nur auf die absolute Zahl schauen, sondern auch darauf, wer da kommt. Ein Stadtmuseum ist ein Anlaufpunkt für Schulen und die Menschen vor Ort, nicht so sehr für Besuchergruppen in Bussen. Bei den Besucherzahlen besteht außerdem ein Zusammenhang mit der Qualität des Angebots. Je umfangreicher zum Beispiel die Öffnungszeiten, desto besser sind auch die Besucherzahlen. Beim Vergleich mit den vier anderen Städten aus dem Fachwerk-Fünfeck – also Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode – wird das deutlich, Duderstadt steht seit Jahren schlechter da. Wie sehen denn die Zahlen der Fachwerk-Fünfeck-Städte im Vergleich aus? Die liegen im Jahr 2019, dem letzten kompletten Jahr ohne Lockdown, bei 3142 Besuchern in Osterode, 3355 in Northeim, 3402 in Hann. Münden und 3837 in Einbeck. In Duderstadt sind 2019 lediglich 1254 Besucher zu verzeichnen gewesen. Aber woran liegt das? Ein wichtiger Unterschied: Die anderen Museen sind personell besser ausgestattet, mindestens mit einer halben, teilweise sogar einer ganzen Stelle in der Leitung sowie zusätzlich einer Dreiviertel- bis 1,5-fachen Stelle an weiterem Personal. In Duderstadt hat die Leiterin nur eine Viertelstelle. Ist das fehlende Besucheraufkommen nur mit der personellen Ausstattung und den Öffnungszeiten begründet? Nein, in Duderstadt gibt es noch andere Faktoren. Seit Jahren fehlt zum Beispiel eine Beschilderung in der Innenstadt, die auf das Museum hinweist, und das liegt nicht im Verantwortungsbereich des Museums. Da jetzt dem Museum den Vorwurf zu machen, dass es zu wenige Besucher hat, ist nicht fair. In der Ratssitzung stehen zwei Alternativen zur Auswahl ... Immerhin, dem Rat werden zwei Optionen angeboten. Oft bieten Verwaltungen ja nur einen einzigen Beschlussvorschlag an. Alternative eins würde mit dem Konzept „Erlebniswerkstatt“ eine echte Aufwertung des Museums bedeuten und mit Sicherheit auch zu höheren Besucherzahlen führen. Das würde ich mir wünschen, aber das kostet natürlich etwas. Aber das Museum kann sich auch dann nicht selbst tragen ... Ein Stadtmuseum lässt sich nie aus Eintrittsgeldern finanzieren. Das muss man genau so sehen wie die Stadtbibliothek, das Archiv oder ein Stadttheater. Das Deutsche Theater in Göttingen finanziert sich zum Beispiel auch nur zu etwa 20 Prozent über Eintrittsgelder. So wie diese anderen Einrichtungen gehört auch ein Stadtmuseum zu den öffentlichen Dienstleistungen, die allen Bürgern zugute kommen und die einen immateriellen Nutzen haben. Aber lassen Sie mich noch auf etwas anderes hinweisen: Es fehlte in Duderstadt bisher ein wahrnehmbares Engagement aus der Bürgerschaft. In anderen Städten gibt es Vereine, die die Arbeit der dortigen Museen unterstützen. Ein Verein hat die Möglichkeit, Mittel einzuwerben, an die eine Stadt nicht herankommt. Ein mitgliederstarker Verein würde deutlich machen, dass ein Stadtmuseum nicht nur Sache der Verwaltung ist. Ein Verein kann allerdings nicht das Museum übernehmen, vor dieser Erwartung warne ich. Das mag bei einem Schwimmbad funktionieren, aber für Stadtmuseen kenne ich nur schlechte Beispiele. Lesen Sie auch Heimatmuseum Duderstadt: So sollen Postkarten zum Erhalt beitragen Heimatmuseum Duderstadt: So kämpfen ehrenamtliche Betreuer für Erhalt Haushaltsberatung in Duderstadt: Fraktionen uneins über Zukunft des Heimatmuseums Heimatmuseum Duderstadt: Entscheidung Neukonzeption oder Aufgabe Heimatmuseum Duderstadt 2021 saniert: Fraktionen beziehen Stellung Stadt Duderstadt erhält Höchstfördersumme von 300 000 Euro Erste Präsentation zur Neukonzeption des Heimatmuseums Duderstadt Kommen wir zu Alternative zwei, auf die Sanierung zu verzichten und das Haus eventuell sogar zu verkaufen ... Bei Alternative zwei wird vollständig unterschätzt, welche Kosten entstehen, um ein Museum aufzulösen. Die Sammlung des Museums müsste zunächst komplett inventarisiert werden. Man bräuchte zusätzliche und bessere Depoträume. Die bisherigen Lagerräume sind bereits zu knapp und für eine längerfristige Lagerung nicht geeignet. Für eine Veräußerung oder Aussortierung müssten erst einmal die Eigentumsrechte geklärt werden, ein Teil der Objekte sind Dauerleihgaben. Abgesehen davon wäre ein Verkauf oder nur die Weggabe von Objekten hochproblematisch, das kollidiert mit dem Kulturgutschutzgesetz. Also, bei Alternative zwei wäre der Aufwand für die nächsten Jahre sicher nicht weniger, als der, das Museum weiterzubetreiben. Von Rüdiger Franke