Im ersten öffentlichen Forum, das sich im Raum Duderstadt mit einer Kreisfusion auseinander setzte, eröffneten die Schüler durch eine eigenen Debatte den Diskurs, bevor die Politiker sich den Fragen des Publikums stellten.
Unter der Leitung der Lehrer Ben Thustek und Jens Stumpf beschäftigten sich die Elftklässler des Eichsfeld-Gymnasiums über Wochen in ihrer Freizeit mit der Kreisfusion. Kommt es durch eine Fusion zu Kürzungen im Bildungssystem? Wird das Eichsfeld in einem Großkreis in den Hintergrund gedrängt? Ändert sich die Finanzsituation der Bürger des Landkreises Göttingen? Das waren einige der Fragen, die Schüler und Politiker erörterten.
„Die Welt verstehen lernen, kann nur gelingen, wenn die Welt in die Schule geholt wird“, begrüßte Schulleiter Nebenführ das Publikum. Schüler Johannes Wollborn bemerkte unmittelbar vor seiner ersten öffentlichen Debatte: „Die Nervosität vor der Diskussion macht uns Schülern schon etwas zu schaffen.“
Nach klar vorgegebener Zeiteinteilung gelang es den Diskutanten, deutlich Stellung zu beziehen und die Hauptargumente für und gegen eine Kreisfusion darzustellen. „Die Fusion mit dem Landkreis Göttingen ist für Osterode am Harz und Northeim überlebenswichtig“, befürwortete Christian Habermann das Dreierbündnis.
„Doch durch einen Zusammenschluss zu einem Großkreis drohen den Kommunen Identitätsverlust und Demokratiedefizit“, entgegnete Schüler Simon Sürig. Unterstützend griff Vanessa Weber ein: „Die logische Konsequenz der Fusion ist die Kürzung der Ausgaben für kommunale Leistungen.“ So ebneten die Schüler die nachfolgende Diskussion der Kreistagsmitglieder, die in einer zwei minütigen Eröffnungsrede Gelegenheit hatten, ihre Position hervorzuheben.
„Bevölkerungsimplusion und Kostenexplosion machen uns zu schaffen. Wir müssen kürzen, wo wir können, und können auf das Geld, das wir für eine Fusion bekämen, nicht verzichten“, stellte SPD-Kreistagsmitglied Matthias Schenke heraus.
Auch Marie Kollenrott, Kreisvorstandssprecherin der Grünen, unterstützt eine Kreisfusion, da es nun heiße: „Kräfte bündeln und nach außen stärker auftreten.“ Thomas Deppe, CDU-Kreistagsmitglied, betonte, dass es Bedingung einer Fusion sei, einen ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen.
„Um den Haushalt aller drei Landkreise auszugleichen, müsste die Kreisumlage erheblich steigen, was eine deutliche Mehrbelastung für Göttinger bedeutet.“ Auch Felicitas Oldenburg vom Kreisvorstand der FDP findet: „Die maroden Landkreise zu retten, wird uns Göttinger erdrücken. Osterode strukturell besser da stehen zu lassen, ist Landesaufgabe.“
Dietmar Ehbrecht, Freie Wähler-Kreistagsmitglied, unterstützt: „Veränderungen muss nicht kategorisch zugestimmt werden.“ Dass Bürgernähe und die Gestaltbarkeit des Kreises erheblich unter der Fusion zu leiden hätten, führt Eckhard Fascher, Kreistagsfraktionsvorsitzender der Linken, an.
Als Kollenrott bemerkte, dass auch der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) sich für Kreisfusionen ausgesprochen habe, warf Deppe ein: „McAllister hat in diesem Zusammenhang allerdings explizit betont, dass bei Göttingen kein Fusionsbedarf besteht“. „Man sollte sich nicht nur auf ein Gutachten verlassen, sondern die Bürger über diese Jahrhundertfrage entscheiden lassen“, bemerkt Oldenburg nachfolgend.
Der nahende Wahlkampf für die Landtagswahl am 20. Januar ist den Politikern in der Debatte anzumerken, wobei Schenke betont: „Mir geht es allein um die Stärke des Landkreises, nicht um die Partei.“
Die Mehrheit aber folgte dem Argument, das Deppe formulierte: „Der Landkreis Göttingen soll so bleiben, wie er ist“. Dieses Meinungsbild war nach der Debatte noch deutlicher als bei der Abstimmung davor: 81 Prozent der Zuhörer sprachen sich in einem zweiten Votum gegen eine Kreisfusion aus.
Von Elisa von Hof