Am Jugendgästehaus, wo zum Abschluss der Planungsphase noch einmal die projektbegleitende Arbeitsgruppe tagte, machten sie mit Pfiffen, Vuvuzelas, Transparenten und Redebeiträgen ihrem Unmut über das Naturschutz-Großprojekt Luft. Im Stadthaus überreichten sie Bürgermeister Wolfgang Nolte (CDU) eine Resolution mit Unterschriften.
Einige Eichsfelder Grünen-Politiker zeigten ebenfalls Flagge. Sie verteilten Flugblätter, in denen sie den Biotopverbund als Riesenchance für die Region hervorheben und die Protestaktion des Landvolks als völlig unverständlich und schädlich für die weitere Zusammenarbeit kritisieren.
Auch die Transparente der Agrarökonomen sprachen eine deutliche Sprache: „Kalte Enteignung – ohne uns. 40 Jahre Grenze sind genug. Es soll ein Ruck durch Deutschland gehen, kein Riss. Meine Füße bleiben kalt, ich darf nicht in den Wald.“ Die erneute Reduzierung des Fördergebietes konnte die Bauern nicht beschwichtigen.
Ohne einen neuen Förderbescheid sei das heiße Luft, meinte Versammlungsleiter Heinrich Biermann und verwies auf die fehlende sozioökonomische Analyse. In der Fördersumme seien noch keine Bewirtschaftungsverträge enthalten, anders als bei zeitlich auf wenige Jahre begrenzten Verträgen würden bei dem Großprojekt Flächen dauerhaft unter Schutz gestellt.
Trotz gegenteiliger Behauptungen sei das Verfahren nicht transparent gewesen, betonte Kreislandwirt Hubert Kellner. „Wir müssen uns die neue Abgrenzung jetzt genau anschauen“, sagte der Göttinger Landvolk-Geschäftsführer Achim Hübner, ohne von der grundsätzlichen Ablehnung abzurücken: „Einzelmaßnahmen im Vertragsnaturschutz ja, Großprojekt nein.“
Die Landwirte hätten die Nase von den Gängeleien durch den Naturschutz voll. Die Informationen seien nur bruchstückweise geflossen, das habe die Verunsicherung vergrößert, monierte der Gieboldehäuser Landwirt Markus Gerhardy. Das immer wieder beschworene Freiwilligkeitsprinzip stoße dort auf Grenzen, wo die Bewirtschaftung von Flächen rund um die Schutzgebiete eingeschränkt werde.
In Redebeiträgen appellierte Biermann ebenso wie Friedrich Ehbrecht aus Weißenborn, wo der Widerstand seinen Ausgang nahm, weder Flächen zu verkaufen noch zu verpachten. Die angekündigte Eigentümerbefragung habe sich angesichts von rund 100 000 Flurstücken als unmöglich erwiesen.
Durch das Naturschutzprojekt würden auch Forstwirtschaft, Tourismus, Wegebau und Jagd eingeschränkt, die Holzpreise weiter steigen, Wildschweine und Waschbären sich ungebremst vermehren: „Wir wollen keinen Urwald, sondern Kulturland.“
Wenn die Wald- und Landbesitzer in Thüringen mit 80 Prozent des Fördergebietes stark blieben, könne das Projekt noch gekippt werden. Moderate Zwischentöne gab es gestern nicht, es war die Stunde der Polemik –vom Vergleich des Naturschutzes mit einem Krebsgeschwür bis zum Nordkorea-Zwischenruf.
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