Er berichtete von dem Moment, als er aus dem Hotel Zum Löwen trat, um zum Rathaus zu gehen. Die elf Glocken der beiden Kirchen St. Cyriakus und St. Servatius setzten ein. Irritiert habe er nach dem Grund gefragt, ungläubig habe er gehört, die Glocken läutetet ihm zu Ehren. In Kombination mit der herzlichen Begrüßung durch die vielen Menschen sei das ein „unglaublich bewegender Augenblick“ gewesen.
Der Empfang für den Bundespräsidenten im Rathaus war Höhepunkt eines Besuchs, der am Vormittag in Hannover begonnen hatte. Auf Einladung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) statteten Gauck und seine Lebenspartnerin Daniela Schadt ihren Antrittsbesuch ab.
Nach Staatskanzlei, Landtag und Rathaus in Hannover führte das Reiseprogramm nach Duderstadt. Hier besichtigte Gauck die Firma Ottobock, anschließend nahm er im Rathaus an einer Gesprächsrunde zu den Themen demografischer Wandel und Fachkräftemangel teil.
„Wir haben uns vorgenommen, in ganz wenigen Stunden dem Bundespräsidenten ganz Niedersachsen zu zeigen“, erläuterte Weil dort das Besuchsprogramm. Flächenmäßig sei das durch den Hubschrauberflug nach Duderstadt gelungen.
Die erfolgreiche Firma Ottobock stehe für die Potenziale des Landes, in der Gesprächsrunde zu Demokratie und Fachkräftemangel gehe es um die Herausforderungen. Er freue sich, wenn er nicht nur die Glanzlichter gezeigt bekomme, sondern auch die Probleme, entgegnete Gauck.
Nach diesem gedrängten Programm zog sich Gauck kurz in das Hotel Zum Löwen zurück. Während sich Weil – weitgehend unerkannt – ein Eis in der Fußgängerzone gönnte, wartete vor dem Hotel eine aufgeregte Menschentraube auf den Bundespräsidenten.
Die Begrüßung, als er herauskam, führte zu der Szene, die Gauck dann beim Empfang so bewegt beschrieb. Beim Gang zum Rathaus wurde Gauck wie ein Popstar gefeiert. Das dicht von Personenschützern und Pressevertretern umringte Staatsoberhaupt bahnte sich winkend einen Weg durch die Menge.
Neben dem Duderstädter Stadtgeläut ertönten Hallo-Rufe, brandete Applaus auf, wurden Kameras gezückt („Da isser“). Immer wieder schüttelte Gauck Hände, und auch Weil gab sich volksnah: Für ein Mädchen schoss er ein Handyfoto von ihr und dem Bundespräsidenten.
Vor dem Rathaus ging dann kurzzeitig nichts mehr. Während der prominente Gast in der Menge eingekeilt war, verteilten Mitarbeiter Autogrammkarten, ließen singende Grundschüler Luftballons mit Wunschkarten aufsteigen.
Andere nutzten die Gelegenheit, auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen: Jungbauern hielten Plakate gegen das Grüne Band in die Höhe, ein „Cannabis-Patient“ mit Sonnenbrille beschwerte sich über seine Situation und das Gesundheitswesen.
Ein paar Meter abseits zeigte sich Gaucks Lebensgefährtin Daniela Schadt begeistert von der Fachwerkstadt Duderstadt, einem „echten Schmuckstück“. Und verneinte die Frage, ob sie der ganze Rummel nicht manchmal störe.
Innerhalb des Rathauses ging es dann ruhiger zu. Rund 130 Menschen aus der Region, Vertreter von Vereinen, Verbänden, Kirchen und Institutionen, waren eingeladen. Bürgermeister Wolfgang Nolte (CDU) begrüßte Gauck und Weil, beide trugen sich ins Goldene Buch der Stadt ein.
In seiner Ansprache dankte Weil den Duderstädtern für den herzlichen Empfang für den Bundespräsidenten: „Damit haben Sie Niedersachsen glänzend repräsentiert.“
Von Ulrich Lottmann und Kuno Mahnkopf