Montagabend in Duderstadt: Bündnisprotest gegen Querdenker-Versammlung

Die Stadt Duderstadt ist am Montagabend Schauplatz zweier Versammlungen gewesen. Etwa 50 Anhänger der „Querdenker“- und Impfgegner-Szene waren am Schützenplatz zusammengekommen. Eine Gruppe von 20 Menschen postierte sich mit Transparenten in gebührendem Abstand. Zuvor trafen sich gut 120 Teilnehmer zu einer Kundgebung des „Bündnisses gegen Rechts“ vor dem Rathaus. Dort hatten die Sprecher des Bündnisses, Hans Georg Schwedhelm und Viktor Wesselak, die „Querdenker“- und Impfgegner-Szene politisch und gesellschaftlich eingeordnet. Unterstützung bekam das Bündnis von einigen Vertretern der Antifa-Gruppe Ali aus Göttingen. Während Bündnissprecher Wesselak vor dem Rathaus noch über Verbindungen der „Querdenker“-Szene zu Reichsbürgern und Neonazis sprach, sammelten sich die Anhänger der Duderstädter Ärztin Carola Javid-Kistel beim mobilen Impfzentrum am „Ballhaus zum fidelen Anreischken“am Schützenplatz, um in Lied- und Wortbeiträgen ihre Sicht auf die Corona-Pandemie und die aus ihrer Sicht nicht gerechtfertigten Maßnahmen im Zusammenhang des Impfschutzgesetzes darzulegen. Die Gruppe mit den Transparenten – Mitglieder der Antifa-Gruppe aus Göttingen und Umgebung – verhielt sich ruhig, ließ lediglich zwischendurch kurze Sprechchöre wie „Halt dein Maul“ hören. Die Versammlungen am Schützenplatz dauerten bis zum Abend an. Erst mit einsetzendem Regen verließen die Teilnehmer der beiden Gruppen den Ort des Geschehens. Anmelderin der Kundgebung der Corona-Skeptiker und Impfgegner war die 54-Jährige Duderstädter Ärztin, die seit Monaten bundesweit auf so genannten „Querdenker“-Demos öffentlich auftritt, das Corona-Virus in Frage stellt und gegen die Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie mobil macht. Seit November vergangenen Jahres ist sie mit ihren Anhängern regelmäßig montags zu sogenannten „Spaziergängen“ in Duderstadt unterwegs. Mehrere Anzeigen wegen Verstößen: Die Polizei stuft die „Spaziergänge“ der Corona-Leugner um Javid-Kistel in den vergangenen Wochen in Duderstadt als Versammlung ein und verhängt bei Verstößen entsprechende Ordnungswidrigkeitsanzeigen, so eine Polizeisprecherin. Elf der bisher 13 Veranstaltungen hätten Versammlungscharakter gehabt. In diesem Zusammenhang seien sechs Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden, weil die Versammlungen nicht angemeldet worden waren, teilt die Polizeisprecherin mit. Weitere vier Anzeigen habe es gegeben, weil gegen Auflagen wie etwa die Maskenpflicht verstoßen wurde, und ein weiteres Ordnungswidrigkeitenverfahren sei eingeleitet worden, weil ein Platzverweis nicht beachtet worden sei. In einem weiteren Fall ermittle das Staatsschutzkommissariat in Folge eines Vorfalls im Februar in Duderstadt. Dabei stehe der Verdacht der wechselseitigen gefährlichen Körperverletzung im Raum, so die Polizeisprecherin weiter. „Bedrohung für unsere Gesundheit und Demokratie“: „Corona-Leugner sind eine Bedrohung für unsere Gesundheit und Demokratie“, sagte Wesselak vom „Bündnisses gegen Rechts – Duderstadt bleibt bunt“. Das Bündnis hatte daher den Gegenprotest vor dem Rathaus in der Innenstadt organisiert. „Wir beabsichtigen, den öffentlichen Raum nicht den Corona-Leugnern zu überlassen“, betonte er. Mit der Versammlung wolle man deutlich machen, dass die Positionen einer Gruppe um die Duderstädter Ärztin „nur einen sehr kleinen und unbedeutenden Teil der Duderstädter Bevölkerung widerspiegelt“. Unter den etwa 120 Menschen, die dem Bündnis-Aufruf gefolgt waren, war auch Marion Höckelmann. Sie wolle damit zeigen, „dass ein Großteil der Bevölkerung“ nicht den Auffassungen von Javid-Kistel folge. Auch Jessica Montag war zum Rathaus gekommen, weil sie „eine echte Gefahr für die Demokratie durch die so genannten „Querdenker“ und Impfgegner sehe. „Dem gilt es etwas entgegen zu setzen“, betonte Montag. Sie erlebe in der eigenen Verwandschaft die Folgen einer CoVid-19-Infektion. Das Virus lasse sich nicht leugnen. 44 Corona-Tote – allein in Duderstadt: Mit einem Kreuz und 44 Rosen wurde während der Kundgebung am Rathaus der 44 Toten gedacht, die allein in Duderstadt im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gestorben seien. Wesselak und seine Mitstreiter vom „Bündnis gegen rechts – Duderstadt bleibt bunt“ ordnen die Unterstützer der 54-jährigen Ärztin und bekennenden Impfgegnerin der Corona-Leugner-Szene zu. Außerdem gebe es Verbindungen zu Reichsbürgern und der rechten Szene, sagte Wesselak in seinem Kundgebungsbeitrag. Das hätten verschiedene Veranstaltungen zum Beispiel in Berlin und Leipzig, aber auch am Grenzlandmuseum Teistungen, gezeigt. Das Infektionsschutzgesetz werde „mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis verglichen“ und Coronaregelungen würden bewusst missachtet, kritisiert das Bündnis. Diese Vergleiche seien „absurd“ und „bösartig“. Wenn sich Impfgegner und Corona-Leugner mit Reichsbürgern und Neonazis zusammen rotteten, sagte ein Sprecher der Antifa-Gruppe Ali aus Göttingen, „dann ruft uns das auf den Plan“. Und so war auf einem der Transparente der Protestgruppe am Schützenplatz zu lesen: „Es gibt kein ruhiges Hinterland.“ Hausdurchsuchung: Verdacht auf unrichtige Atteste: Die Ermittlungsbehörden haben die Duderstädter Ärztin im Visier, weil sie im Verdacht steht, „unrichtige ärztliche Atteste“ auf Befreiung von der Maskenpflicht ausgestellt zu haben. In diesem Zusammenhang gab es im Januar eine Hausdurchsuchung ihrer Praxisräume in Duderstadt. Lesen Sie auch Ärztin und Corona-Leugnerin: Polizei durchsucht Praxis in Duderstadt Aufgefallen waren die Atteste nach Angaben des Göttinger Staatsanwalts Andreas Buick bei unterschiedlichen Anti-Corona-Demos, unter anderem in Hannover. Polizisten sei die einheitliche Aufmachung der Atteste aufgefallen, als sie die Einhaltung der Corona-Auflagen während der Demos kontrollierten und ihnen die Atteste gezeigt wurden. Die Schriftstücke seien aber in unterschiedlicher Handschrift ausgefüllt gewesen. Daher sei davon auszugehen, so Buick, dass die Atteste „blanko“ ausgestellt worden und bei der Demo verteilt worden seien. Die Träger sollen selbst ihren Namen und Daten darauf ausgefüllt haben. Die Träger der Atteste hätten keinen räumlichen Bezug zu Duderstadt und in die Region gehabt. Der Text wurde aktualisiert. Von Britta Eichner-Ramm