Nach Tankstellenüberfall: SEK stürmt Wohnhaus in Fuhrbach

Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) hat am Donnerstagmorgen gegen 6.30 Uhr auf der Suche nach einem Tatverdächtigen ein Wohnhaus in Fuhrbach gestürmt. Grund für den Einsatz auf Anordnung der Staatsanwaltschaft war der bewaffnete Überfall auf die Aral-Tankstelle an der Charlottenburger Straße in Duderstadt am Vorabend. Der Tatverdacht hat sich nach Angaben von Polizeisprecherin Jasmin Kaatz nicht bestätigt. Der Verdächtige habe ein Alibi vorweisen können. Der 17-Jährige und seine Familie erheben jetzt Vorwürfe gegen die SEK-Beamten. Aufgrund des Täterbeschreibung und eines weiteren Hinweises sei das SEK angefordert worden, da bei dem Überfall eine Schusswaffe im Spiel war, sagt Kaatz: „Es bestand zu diesem Zeitpunkt aufgrund erster gewonnener Erkenntnisse dringender Tatverdacht wegen schwerer räuberischer Erpressung mittels Schusswaffe.“ Der Einsatz sorgte für viel Aufsehen in Fuhrbach. „Das war eine heftige Nummer“, sagt Ortsbürgermeisterin Beate Sommerfeld. In sozialen Netzwerken und gegenüber dem Tageblatt prangert der 17-Jährige, dem der Einsatz galt, das Verhalten der Beamten an. Mit Hunden Haus durchkämmt: Der 17-Jährige wohnt mit seiner Mutter zurzeit im Haus seines Bruders in Fuhrbach. Auch seine Schwester hatte dort übernachtet. Das SEK habe am frühen Donnerstagmorgen die Haustür gesprengt, Schwester und Mutter zu Boden gerissen und ihn mit Kabelbindern gefesselt, berichtet der Jugendliche. Die Beamten hätten ihn sehr rüde behandelt. Seine Blutdruckmittel seien ihm verweigert worden, er habe einen Tritt in den Rücken bekommen, man habe ihm ein Handtuch um den Kopf gewickelt, um nicht erkannt zu werden, mit Hunden sei das ganze Haus durchkämmt worden, sagt der 17-Jährige und spricht von einer falschen Beschuldigung durch seine Ex-Freundin, die wohl zu dem Einsatz geführt habe. „Ich habe mich gefühlt wie ein Schwerverbrecher“, berichtet der Bruder und Hauseigentümer, der etwas später hinzukam und Anzeige wegen Schadensersatzes erwägt. Haustür und weitere Türen seien beschädigt, die Räume übel zugerichtet worden. „Alle, die sich in dem Haus aufhielten, sind zu Boden geworfen worden, überall kreisten Maschinenpistolen, ich hatte panische Angst, den Kopf zu heben“, ergänzt seine Mutter. Gerüchte über einen Zusammenhang mit dem Autobrand bei McDonald’s in Duderstadt weist die Familie zurück. Der Wagen gehörte einem weiteren Bruder. Polizei weist Kritik zurück: Kaatz weist die Vorwürfe gegen das SEK energisch zurück. Die Beamten hätten die Hauseingangstür nicht „gesprengt“, sondern „unter Einsatz technischer Mittel“ gewaltsam geöffnet. Im Haus seien Tatverdächtige sowie zwei Familienangehörige angetroffen worden. „Alle legten sich nach Aufforderung durch die Einsatzkräfte eigenständig auf den Boden, nur der Tatverdächtige wurde anschließend gefesselt“, sagt Kaatz. Es sei kein unmittelbarer Zwang in Form von „zu Boden reißen“ angewendet worden und auch nicht nötig gewesen, da der Tatverdächtige keinen Widerstand geleistet habe: „Die Behauptung, er sei getreten worden, ist völlig haltlos. Es hat keine Form körperlicher Misshandlung durch die Beamten gegeben.“ Alle Beteiligten seien unverletzt geblieben, der Tatverdächtige habe noch vor Ort sein Medikament einnehmen könne, wie bei SEK-Einsätzen üblich sei ein Rettungswagen zugegen gewesen, weiterhin angebotene ärztliche Hilfe abgelehnt worden. Die Aral-Tankstelle war am Mittwoch gegen 21.20 Uhr überfallen worden. Der Räuber bedrohte dort eine Mitarbeiterin mit einer Schusswaffe und floh mit etwa 1000 Euro Beute zu Fuß in unbekannte Richtung. Die Sofortfahndung verlief im Sande, die Ermittlungen dauern an, eventuelle Zeugen können sich unter Telefon 0551/4912115 bei der Polizei melden.. Ein juristisches Nachspiel hat ein nächtlicher SEK-Einsatz vor acht Jahren im Eichsfeld gehabt. Damals stürmte ein Spezialkommando eine falsche Wohnung in Rollshausen und brach die Schlafzimmertür auf, eine junge Familie litt noch jahrelang unter den Folgen der Polizeipanne. Von Kuno Mahnkopf