Neubau am Clara-Gerlach-Garten in Duderstadt höher als genehmigt: Das hat Konsequenzen

Das Neubauprojekt an der Christian-Blank-Straße in Duderstadt ist nach Tageblatt-Informationen höher gebaut worden als genehmigt. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen, denn laut Stadtverwaltung haben die Abweichungen „ein Maß, das eine Anpassung des Bebauungsplans an die realen Gegebenheiten notwendig macht“. Mit Details zu den Abweichungen der fertiggestellten Gebäude zur Baugenehmigung vom November 2018 hält sich Bürgermeister Thorsten Feike (FDP) bedeckt, „da das laufende Verwaltungsverfahren noch anhängig ist und auch datenschutzrechtliche Aspekte dagegensprechen. Zusammenfassend möchte ich allerdings mitteilen, dass die Abweichungen so gravierend waren, dass ein erneutes Baugenehmigungsverfahren erforderlich werden wird.“ Dem Vernehmen nach soll im Bereich der Dachgeschosse bis zu 90 Zentimeter höher gebaut worden sein als zulässig. Dadurch sollen mehr Wohnungen entstanden sein als ursprünglich genehmigt. Der Investor mochte indes gegenüber dem Tageblatt dazu keine Angaben machen. Er verweist auf das schwebende Verfahren. Ungewöhnliches Vorgehen: Die jetzt geplante Änderung des Bebauungsplans „Am Hellergraben“ hat zum Ziel, das Planungsrecht an das bereits realisierte Vorhaben und die damit geschaffenen Tatsachen anzupassen. Das ist ein ungewöhnliches Vorgehen. Feike betont: „Im Verlauf wurde darauf Rücksicht genommen, schutzwürdige Interessen von Bewohnern und zukünftigen Eigentümern nicht für baurechtswidriges Handeln Dritter verantwortlich zu machen.“ Die Stadt Duderstadt richte ihr Verwaltungshandeln an den gesetzlichen Vorgaben aus und ordne die jeweiligen Maßnahmen an, die zur Herstellung oder Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlich sind. Alternative wäre Rückbau: Im konkreten Fall wäre ein Rückbau die Alternative gewesen, um den Vorgaben des 2018 beschlossenen Bebauungsplans „Am Hellergraben“ und der Baugenehmigung von 2018 Genüge zu tun. Eine solche Rückbauverfügung hätte allerdings bedeutet, dass die bereits in der Wohnanlage in unmittelbarer Nachbarschaft des Gartendenkmals Clara-Gerlach-Garten lebenden Menschen hätten ausziehen müssen. Das bleibt den Bewohnern nun erspart, indem der Bebauungsplan geändert werden soll. Die entsprechende Sitzungsvorlage ist von der Stadtverwaltung auf den Weg gebracht worden. Am Donnerstag, 28. Januar, hatte zunächst der Ortsrat Duderstadt das Thema auf dem Tisch. Der Fachausschuss des Rates, Verwaltungsausschuss und Rat folgen. Baubehörde kannSanktionen verhängen: Die jetzt im Sinne der Bewohner gefundene Lösung und der damit verbundenen Duldung des Ist-Zustands hat auch für den Investor Konsequenzen. Zum einen hat dieser mutmaßlich die Kosten für das erneute Bebauungsplanverfahren zu tragen. Welche Folgen der Verstoß gegen die Baugenehmigung darüber hinaus haben wird, dazu gibt es von den Beteiligten keine Auskunft. Der Bürgermeister begründet das mit Datenschutz und dem laufenden Verwaltungsverfahren. Grundsätzlich habe die Bauaufsichtsbehörde bei Verstößen die Möglichkeiten, etwa Rückbauverfügungen zu erlassen oder entsprechende Bußgeldverfahren einzuleiten. Nach Tageblatt-Informationen ist im konkreten Fall von finanziellen Sanktionen die Rede. Dass der Bebauungsplan nun an die geschaffenen Tatsachen angepasst werden soll, solle dem Vernehmen nach kein Freibrief für zukünftige Schwarzbauten sein. Erste Abweichungen der errichteten Wohngebäude von den genehmigten Bauantragsunterlagen sind nach Angaben Feikes „bei Eingang des Antrages auf Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung durch den Bauherrn am 12. März 2020 festgestellt worden“. Eine Bauabnahme gab es laut Auskunft des Bürgermeisters bisher nicht, „da die mit der erteilten Baugenehmigung geforderte Gebrauchsabnahme nicht angezeigt wurde“. Feike berichtet, dass es „auch aus dem Umfeld während der gesamten Bauphase keine Hinweise auf Abweichungen oder Unstimmigkeiten“ gegeben habe. Für das Wohnbauprojekt an der Christian-Blank-Straße in Duderstadt – angrenzend an den denkmalgeschützten Clara-Gerlach-Garten – sind 2017 die Weichen gestellt worden. Da hatte die Kommunalpolitik für die Aufstellung des Bebauungsplans „Am Hellergraben“ gestimmt. Bei einer Ortsbesichtigung hatte seinerzeit der Investor den Mitgliedern des Fachausschusses das Vorhaben vorgestellt: Ein Gebäude mit einer Höhe von 13,7 Metern und 18 Wohnungen sollte auf dem Areal des ehemaligen Sportgroßhandels entstehen, ein zweites, ebenso hohes, mit elf Wohnungen im denkmalgeschützten Clara-Gerlach-Garten, so berichtete das Tageblatt. Außerdem sollte eine Tiefgarage entstehen. Der Bauantrag für das Projekt ging bei der Stadt Duderstadt im Juni 2018 ein, der Bebauungsplan trat im Oktober desselben Jahres in Kraft, die Baugenehmigung wurde Anfang November 2018 erteilt. Die Bauarbeiten waren im Jahr 2020 abgeschlossen und die ersten Bewohner eingezogen. Von Britta Eichner-Ramm