Ottobock: Duderstadt hat jetzt ein Dudwood-Studio

„Dudwood“ – die großen Lettern auf einem Schild beim Ottobock-Campus Auf der Klappe erinnern an den berühmten Schriftzug in den Hollywood-Hills bei Los Angeles. Das hat einen Grund: Das Medizintechnik-Unternehmen Ottobock hat hier ein professionelles Studio eingerichtet, das zwar nicht so berühmt wie die berühmten Filmschmieden in den USA ist, aber immerhin: Was hier im Eichsfeld gefilmt und gestreamt wird, erreicht seine Zielgruppen weltweit. Mit der Corona-Pandemie, die im vergangenen Jahr weltweit zu mehr und mehr Einschränkungen führte, gingen auch zahlreiche Absagen von Messen und Veranstaltungen einher. Spätestens ab März 2020 war an Produktpräsentationen, Fortbildungen oder Mitarbeiterversammlungen nicht mehr zu denken. Aus dieser Situation heraus reifte bei der Duderstädter Ottobock SE & Co. KGaA die Idee, ein eigenes Studio einzurichten, um mit Anwendern, Kunden oder Mitarbeitern weltweit kommunizieren zu können. In einer Halle am Ottobock-Campus wurde Platz geschaffen für ein professionelles, etwa 200 Quadratmeter großes Studio, berichtet Peter Franzel, Head of Global Events Exhibitions & Sports bei Ottobock. Unterstützung beim Aufbau des Broadcast Studios holte sich das Duderstädter Unternehmen von Studio1 aus Heiligenstadt, eine Agentur für Digitalisierung und Design. Seit September wird im „Dudwood“-Studio produziert: Nach Umbau der Halle – die ersten Einbauten wurden im Juli vorgenommen – steht nun ein volldigitales Studio zur Verfügung. „Seit Anfang September produzieren und senden wir dort“, sagt Franzel. „Es muss nicht hinter jeder Kamera ein Mensch stehen“, sagt er. Die Steuerung der vier Kameras lasse sich vielmehr aus dem Regieraum heraus einfach per Joystick bedienen. Bei Bedarf, etwa für Nahaufnahmen oder spezielle Filmsequenzen, könne ein zusätzlicher Kameramann eingesetzt werden. „Wir arbeiten hier mit der Greenscreen-Technologie“, erklärt Franzel. Dabei steht der Protagonist, beispielsweise Ottobock-CEO Philipp Schulte-Noelle, vor einer grünen Wand und der Hintergrund – etwa ein weihnachtliches Ambiente für den Weihnachtsgruß an die Mitarbeiter – wird anschließend digital hinzugefügt. Produktpräsentationen und Trainingsvideos: Im „Dudwood“-Studio lassen sich unterschiedliche Formate für verschiedene Zwecke produzieren. Das sind beispielsweise Clips von neuen Produkten, die über die Ottobock-Website und den Firmen-Youtube-Kanal zur Verfügung gestellt werden und die Messe-Präsentation ersetzen. Auch Schulungs- und Trainingsfilme für Orthopädietechniker in aller Welt, die Anwender im Umgang mit ihrer Prothese betreuen, können digital erstellt und zur Verfügung gestellt werden. Ottobock-Außendienstmitarbeiter haben die Möglichkeit, neue Produkte und deren Anwendung beispielsweise Sanitätshauskunden nun statt im Rahmen eines Seminars per Clip und Videokonferenz erklären. Seit September 2020 sind nach Angaben Franzels bereits mehr als 20 Filme im Studio produziert worden. Das Studio werde nach Anforderung an das Set ausgestattet, erläutert Franzel. Während das für eine Rollstuhl-Vorführung ein kleiner Parcours sein kann, genügt für die Präsentation einer Orthese eine Puppe oder für die Talkrunde ein Stehtisch. Personaleinsatz je nach Anforderung: Präsentation, Live-Stream oder Aufzeichnung – „je nach dem, was man machen will,“ genüge eine Person vor der Kamera und eine im Regieraum, so Franzel. Seien aber andere Perspektiven, besondere Kameratechnik oder vorbereitete Einspieler vorgesehen, werde gegebenenfalls eine dritte Person beispielsweise am Mischpult eingesetzt. Lesen Sie auch Göttinger Literaturherbst: Peter Maffay plaudert in Duderstadt über „Hier und jetzt“ Das Studio werde zwar in erster Linie für Ottobock genutzt, stehe aber auf Nachfrage auch externen Nutzern zur Verfügung. So wurde von hier im Oktober eine Veranstaltung des Göttinger Literaturherbstes mit dem Musiker und Buchautor Peter Maffay im Livestream übertragen. Auch erste Firmen hätten die Möglichkeiten des Studios bereits genutzt. „Eine solches Studio ist im Umkreis von etwa 100 Kilometern nicht zu finden“, sagt Franzel. Der Ottobock-Campus befindet sich auf dem etwa 20000 Quadratmeter großen Areal des früheren Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer Hildesheim-Südniedersachsen Auf der Klappe 45 in Duderstadt. Rund 30 Jahre lang lernten hier zwischen Schulzentrum Auf der Klappe und Jugendgästehaus Maurer, Schlosser und Zimmerer ihr Handwerk. 2013 investierte Ottobock-Chef Hans Georg Näder in den Umbau der Immobilie zur Internationalen Schule für Orthetik und Prothetik. An der International O&P School lernen bis zu zwölf Teilnehmer aus aller Welt, Patienten mit Bein- und Fußprothesen zu versorgen. In der ersten Zeit handelte es sich ausschließlich um Mitarbeiter von Ottobock-Niederlassungen im Ausland, später wurde die elfmonatige Ausbildung auch für andere Teilnehmer geöffnet. Unter anderem arbeite Ottobock mit dem staatlichen Sozialversicherungsinstitut im Kongo zusammen, das Internationale Rote Kreuz schickte Libyer und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützte die Ausbildung kubanischer Orthopädietechniker. Von Britta Eichner-Ramm