Göttingen Ausschuss lehnt Linken-Antrag für Müll-Gutachten ab

Abstimmungsniederlage für die Göttinger-Linke/ALG-Ratsgruppe: Sie ist jetzt in der Sitzung des Betriebsausschusses Umweltdienste mit einem Antrag für ein Gutachten gescheitert. Mit diem Antrag, vorgetragen von Edgar Schu (Ratsherr Göttinger Linke/ALG-Ratsfraktion), wollte die Linke eine externe Untersuchung der mechanisch-biologischen Abfallbehandlung (MBA) in der Mülldeponie Deiderode erreichen. Die Anlage wird vom Abfallzweckverband Südniedersachsen betrieben, der 2003 von den Landkreisen Göttingen, Northeim, Osterode am Harz sowie der Stadt Göttingen gegründet wurde. Die Frage für die Untersuchung sollte sein: „Müssen Stoffe, die als einzelne Abfall-Fraktionen (zum Beispiel biologisch behandelte Fraktion, mineralische Fraktion) einer Müllbeseitigungsanlage anfallen, ihre jeweiligen Ablagerungskriterien als einzelne schon vor einer etwaigen Vermischung mit einer anderen Fraktion einhalten?“. Diplom-Chemiker Schu stellte als Praxis in der Deponie dar, dass dort Müll-Bestandteile gemischt und erst danach auf ihre Eigenschaft hin untersucht würden, weiterhin Methan zu bilden. Aus diesem Gemisch entstünden die offiziellen Messwerte. Mit dem Antrag stellte er auch die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens in Frage. Argument: Gewerbeaufsicht ist zuständig: Der Antrag wurde mit drei zu sechs Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Wesentliches Argument der Ratsmitglieder, die sich zum Thema äußerten: Zuständig sei bei Untrechtmäßigkeiten in erster Linie die Gewerbeaufsicht, gegebenenfalls auch die Staatsanwaltschaft. Der aufwändige Weg durch die Verwaltung sei aber nicht angemessen. Ein externes Gutachten soll es dennoch geben. „Wir geben das selbst in Auftrag“, erklärte Torsten Wucherpfennig (Ratsherr Göttinger Linke/ALG-Ratsgruppe) schon vor der Abstimmung. Die Motivation bei Schu und Wucherpfennig ist hoch, sie sehen das ihrer Auffassung nach möglicherweise unrechtmäßige Vorgehen bei der Untersuchung der Müllfraktionen in Deiderode als Spitze eines Eisberges. Sie erwähnen in ihrer schriftlichen Antragsbegründung diverse Auffälligkeiten, die teilweise schon vor der Gründung des Abfallzweckverbandes 2003 und vor der Vergabe des Auftrages für die Anlage in Deiderode im gleichen Jahr ihren Ursprung hätten. Auch die Umstände der Havarie der Anlage, bei der Anfang 2006 ein erheblicher Schaden entstand, spielen für sie eine wesentliche Rolle. Sie ziehen die Kompetenz beauftragter Unternehmen und die Neutralität eingeschalteter Sachverständiger in Zweifel, beispielsweise bei der Bewertung der Havarie als Instandsetzungsschaden, die Versicherungszahlungen in Höhe von 10 Millionen Euro zur Folge hatte. Vor diesem Hintergrund zieht Schu einen Vergleich für den Fall, dass das Gutachten den Verdacht eines unrechtmäßigen Vorgehens bei der Messung der Methanwerte ergebe: „Al Capone hat man ja auch nur wegen Steuerhinterziehung dranbekommen.“ Die Kosten für das Gutachten, die die Göttinger Linke auf 2000 bis 3000 Euro schätzt, bewertet sie als „angemessene Investition, angesichts der vielfachen Millionenbeträge, um die es bei der Anlage geht“. Stand jetzt habe die Anlage Kosten in Höhe von 46 Millionen Euro verursacht, zudem sei die technische Umstellung von Nass- auf Trockenvergärung von organischen Abfällen mit weiteren hohen Kosten beabsichtigt. Davon seien alle Bewohner in Stadt und Landkreis Göttingen sowie in den anderen am Abfallzweckverband Südniedersachsen beteiligten Kreise über die Müllgebühren, auf die sich die Investitionen auswirkten, direkt betroffen. Von Steffen Kahl