Es waren wohl Schrebergärtner beim Gieboldehäuser Sportplatz, die ihre Gartenabfälle am Hahleufer entsorgt haben. Laub und Grünschnitt türmte sich auch an der Ebergötzer Aue im Bereich der Seeburger Straße. „Beim nächsten Hochwasser werden die Abfälle fortgerissen und verstopfen dann stromabwärts den nächsten Engpass“, warnte Verbandsvorsteher Karl-Bernd Wüstefeld. Dagegen muss der Verband, der für den ordnungsgemäßen Abfluss der Rhume und ihrer Zuflüsse zuständig ist, vorgehen.
Überdüngung des Wassers
„Gartenabfälle lassen das Gras, das zur Uferbefestigung beiträgt, absterben“, ergänzte Verbandsgeschäftsführer Hans-Jürgen Kreuzkam. Kommt es zu einem Hochwasser, wird daher auch das Ufer selbst in Mitleidenschaft gezogen. Ein weiteres Problem: Beim Verrotten der Abfälle werden Nährstoffe frei, die zur Überdüngung des Wasser beitragen.
Oft wissen es die Bürger nicht besser. In Ebergötzen erklärte am Freitag ein Anwohner, dass er an der Aue all das Laub entsorge, dass von Bäumen auf Gemeindeeigentum auf sein Grundstück falle. Er versprach Kreuzkam, die Abfälle künftig weiter oberhalb des Ufes abzulagern.
Schatten und Stabilität
Nicht eingehen wollte der Verband auf den Wunsch, den Baumbestand am Ufer zu lichten. „Die Bäume sorgen für Schatten, wodurch der Kräuterbewuchs eingedämmt wird“, betonte Verbandsvorsteher Wüstefeld. Die Wurzeln der Bäume sorgten zudem für eine bessere Befestigung des Ufers. Davon abgesehen gehören die Bäume am Ufer Kommunen und Privatpersonen. Der Verband ist nur zuständig, wenn Äste oder Stämme ins Wasser fallen.
In Ebergötzen zeigte Rainer Libal, der den Verband in diesem Bereich als Schaubeauftragter bei seiner Arbeit unterstützt, Uferbefestigungen. Ein Anwohner hatte sie eigenmächtig mit Pfählen und Flechtwerk angelegt. „Das ist nicht erlaubt“, betonte Wüstefeld. Befestigungen fielen in den Zuständigkeitsbereich der Unteren Wasserbehörde des Landkreises.
Pflügen bis zur Uferkannte
In Wollbrandshausen waren die Teilnehmer der Gewässerschau mit einem weiteren Problem konfrontiert. Dort hatte ein Landwirt sein Feld bis an die Böschung des Ellerbachs gepflügt. „Beim nächsten Starkregen wird Erdreich heruntergespült“, warnte Verbandsvorsteher Wüstefeld. Der Bach trage den feinen Lösboden in die Rhume. Dort bedeckt er den Kiesgrund und raubt so Wassertieren ihren Lebensraum.
Doch auch der Bauer selbst gefährdet sich. Der Ellerbach, der in einem engen Bereich zwischen Acker und Straße verläuft, hat sich tief in den Boden eingeschnitten. An einigen Stellen reicht die Böschung gut zwei Meter hinab. Sie verliert durch die Erosion an Stabilität. Wenn der Landwirt Pech hat, bricht ihm eines Tages der Boden unter seinem Schlepper weg.
„Wir wollen niemanden anschwärzen“
„Es ist untersagt, den Acker bis dicht an Flüsse und Bäche zu bewirtschaften“, stellte Andreas Rademacher vom Fachdienst Natur und Boden des Landkreises Göttingen klar. Der Bauer wird nun angeschrieben und zu einer Stellungnahme aufgefordert. Ihm droht ein Bußgeld. „Wir wollen niemanden anschwärzen“, betonte Verbandsvorsteher Wüstefeld. Dem Unterhaltungsverband liegt an einer konstruktiven Zusammenarbeit.
„In Gieboldehausen ist im Zuge der Flurbereinigung darauf geachtet worden, dass die unmittelbar an Fließgewässer angrenzenden Streifen in kommunalem Besitz kommen“, sagt Landwirt Markus Gerhardy. Er gehört den Ausschuss des Unterhaltungsverbands Rhume an.
Unterhaltungsverband Rhume
Der Unterhaltungsverband Rhume unterhält seit mehr als 50 Jahren die Gewässer zweiter Ordnung im Verbandsgebiet. Es umfasst das Einzugsgebiet der Rhume in den Landkreisen Göttingen, Goslar und Northeim bis einschließlich des Uh-Bachs. Das Gebiet ist fast 100 000 Hektar groß. Die zu unterhaltenden Gewässer haben eine Länge von rund 320 Kilometern. Die Fläche ist in 18 Bezirke aufgeteilt. Sogenannte Schaubeauftragte, die vor Ort wohnen, gehen regelmäßig 15 bis 20 Kilometer lange Abschnitte ab. Fallen ihnen Dinge auf, informieren sie die Geschäftsstelle. Sie hat einen, derzeit noch ehrenamtlich tätigen Geschäftsführer sowie einen angestellten Verbandsingenieur. Dem Verband gehören zwölf Städte und Gemeinden an, die ihn mit ihren Beiträgen finanzieren. Die Räte der Mitgliedskommunen entsenden entsprechend ihrer Größe in den Verbandsausschuss Kommunalpolitiker und andere kompetente Bürger. Der Ausschuss wählt den Vorstand, der seinerseits den Verbandsvorsteher bestimmt. mic
So steht es um die Wasserqualität im Landkreis
Wie steht es um die Wasserqualität im Landkreis Göttingen? Der Stickstoff- und Phosphorgehalt der Binnengewässer unterscheidet sich deutlich in Stadt und Landkreis.
Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor sind gut, damit Pflanzen auf Feldern wachsen, verringern jedoch die Wasserqualität von Binnengewässern. Zu hohe Messwerte finden sich nach Angaben des Niedersächsischen Umweltministeriums in 98 Prozent der Flüsse, Bäche und Seen des Bundeslandes.
Während die Anteile der beiden Nährstoffe in Gewässern im Altkreis Osterode und im Oberharz zum Teil deutlich unter den Grenzwerten bleiben, sieht es in der Kreisstadt Göttingen anders aus: So liegt der Gesamtstickstoff-Gehalt im Fluss Leine zum Teil doppelt so hoch wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgibt. Das belegen die jüngsten öffentlich zugänglichen Messdaten des Umweltministeriums aus dem Jahr 2017 – wobei der Trend fällt.
Der angegebene Gesamtstickstoff beinhaltet die Summe verschiedener Verbindungen. Quellen von Stickstoff gibt es unterschiedliche; er kommt zum größten Teil aus der Landwirtschaft, etwa beim Anbau von Getreide oder Rüben, aber auch zum Beispiel aus Kläranlagen. Stickstoff-Belastung wegen Viehhaltung beziehungsweise wegen Dünger aus Gülle gebe es im Landkreis Göttingen nicht, teilt Kreissprecher Ulrich Lottmann auf Nachfrage mit.
Probleme mit dem Phosphatwert gibt es vor allem im Seeburger See. Die Universität Göttingen untersucht daher seit einiger Zeit das Gebiet von Aue und Seeanger bis zum Seeburger See.
Staatssekretär rechnet bald mit neuen Grenzwerten
Rund 37.000 Tonnen Stickstoff und etwa 1.400 Tonnen Phosphor müssen pro Jahr weniger in die Binnengewässer Niedersachsens gelangen, damit die gesetzlichen Vorgaben erfüllt werden, erklärte Anne Rickmeyer, Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz, beim sogenannten Gewässerforum.
Die Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union trat vor 19 Jahren in Kraft, damit sich der Zustand von Europas Flüssen, Seen und dem Grundwasser nicht verschlechtert. Ein guter Wasserzustand sollte innerhalb von 15 Jahren erreicht werden, so ein Ziel.
Ursachen für die schlechte Einstufung der niedersächsischen Gewässer sind neben den zu hohen Nährstoffeinträgen auch Schadstoffe wie Pestizide und Chemikalien aus der Industrie sowie bauliche Maßnahmen wie Begradigungen der Flüsse und massive Ufereinfassungen aus Beton, erläuterte Frank Doods, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, bei dem Forum. „Wir werden an allen Stellen genau hinsehen und analysieren müssen. Konkret: Noch viel mehr als bisher. Ich erwarte, dass es schon bald neue Grenzwerte gibt“, sagte er.
Von Michael Caspar