Politischer Aschermittwoch: SPD-Genossen sticheln in Gieboldehausen gegen CDU-Kandidaten

Ein bisschen Freude haben sich die südniedersächsischen Genossen beim inzwischen 30. politischen Aschermittwoch in Gieboldehausen mit Blick auf das sehr gute Abschneiden der SPD bei der Hamburg-Wahl gegönnt. Außerdem hörten die gut 100 SPD-Mitglieder im Niedersachsenhof auch politisch-pointierte Sticheleien, Einschätzungen zur gegenwärtigen politischen Lage und schließlich auch Mut machende Worte. Nachdem die SPD so viele Niederlagen habe wegstecken müssen, habe die SPD „endlich mal wieder“ Grund zur Freude, sagte der Göttinger Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Göttingen, Thomas Oppermann. Die Gastrednerin des Abends, die stellvertretende SPD-Vorsitzende Klara Geywitz stamme aus Brandenburg, „nicht gerade eine Hochburg des Faschings“, wie Oppermann betonte. Doch auch ohne Erfahrung mit politisch-karnevalistischen Reden sei sie eine, die etwas zu sagen habe. Ihre Premiere als Rednerin bei einem politischen Aschermittwoch kam denn auch bei den Genossen gut an. Sie wagte sich auf das gefährliche Terrain einer „Kombination aus Politik und lustig“. Wissend, dass sich dabei schon mancher um Kopf und Kragen geredet habe, so Geywitz. Daher habe sie sich am Vorbild Angela Merkel orientiert, halte doch die Kanzlerin seit 2003 Reden am politischen Aschermittwoch. Witze in der Politik seien verdammt gefährlich, sagte Geywitz, und gefährlich möge Merkel gar nicht. „Ihre Strategie war wirkungsvoll“, so die stellvertretende SPD-Vorsitzende weiter. „Ihr Motto: Das bisschen Karneval sitze ich auch aus.“ CDU sucht Parteispitze, SPD stichelt: Im Mittelpunkt des politischen Aschermittwochs des SPD-Unterbezirks standen Sticheleien zur Suche der CDU nach einer neuen Parteispitze. Außer bei politischen Inhalten wie Atomausstieg oder Mindestlohn schauten sich die Christdemokraten auch bei der Kandidatensuche einiges bei der SPD ab. „Die CDU braucht schnell einen Wechsel an der Spitze der Partei“, stichelte Geywitz, „möglichst schnell und regelmäßig“. Perfekt wäre es aber nur, „wenn sie jetzt noch 23 Regionalkonferenzen“ abhielten. Oppermann hatte eingangs bereits die vier potenziellen Bewerber – „vier Männer über 50 aus Nordrhein-Westfalen“ – hergezogen. „Die letzten Führungsreserven der Union“, meinte er und bezeichnete Armin Laschet als „weichgespülten Softie in der Tradition Merkels“. Norbert Röttgen sei „ein bisschen kleinkariert“, und Friedrich Merz wisse offensichtlich nicht, was in diesem Land los ist, so Oppermann. „Epochalverschlepper der späten Adenauer-Zeit“: Geywitz’ Sticheleien zielten vor allem auf Merz. Dessen Ansichten passten so gar nicht in die heutige Zeit, sagte sie. „Wenn eine Frau ihm den Arm entgegen streckt, gibt er ihr nicht die Hand, sondern wirft seinen Mantel darüber“, sagte sie und bezeichnete den CDU-Mann als „Epochenverschlepper aus der späten Adenauer-Zeit“. Ihren Söhnen rate sie, wenn sie etwas nicht könnten, sich ein Beispiel an Friedrich Merz zu nehmen: „Wenn der etwas nicht kann, versucht er es immer und immer wieder.“ Es gab am Aschermittwoch aber auch ernstere Töne. So vermisste Oppermann in der Analyse der Thüringen-Wahl außer den Denkzetteln für die Bundes-FDP und die CDU einen „Denkzettel für die AfD“. „Unsere Demokratie ist stabiler, als viele glauben“, betonte der Göttinger Bundestagsabgeordnete. „Wir werden nicht zulassen, dass unsere offene Gesellschaft von Chaoten, Reichsbürgern oder Neonazis kaputt gemacht wird.“ Solidarität und Selbstvertrauen: Marcel Riethig, Sozialdezernent beim Landkreis Göttingen schwörte die Genossen ein: „Wir werden gebraucht“, nämlich für ein solidarisches Miteinander, gegen Rechtsextremismus und „für unsere Demokratie“. Er machte Mut und sagte, dass die SPD mit ihren „guten Ideen für die Zukunft“ Probleme lösen könne. „Wir müssen uns das in erster Linie selbst zutrauen“, machte Riethig klar und warb um „Vertrauen in uns selbst“. Auch sollte die SPD ihre Erfolge mehr herausstellen, so Riethig. Mit Blick auf die Fusion der Landkreise Osterode und Göttingen nannte er einige Beispiele. Unter anderem seien die Gemeinden um 80 Millionen Euro entlastet worden. Der Gastgeber des Abends, Arnold Sommer, Vorsitzender der SPD Gieboldehausen, richtete aus Sicht der Kommunalpolitik den Appell an Bund und Land, von den großen Überschüssen noch mehr an die Basis nach unten durchzureichen. Klara Geywitz ist seit 2019 stellvertretende Vorsitzende der SPD. Zusammen mit Olaf Scholz hatte sie um den Parteivorsitz kandidiert. „Wir wollen kein ,Weiter so’, sondern einen planvollen Übergang in die Zeit nach Angela Merkel“, hatten beide betont. Geywitz wurde in Potsdam geboren und lebt dort mit Mann und ihren drei Kindern. In der SPD ist sie seit 1994, weil sie eigenen Angaben zufolge „in schwierigen Zeiten die Partei stärken wollte, die für soziale Sicherheit kämpft“. Nach dem Studium der Politikwissenschaft an der Uni Podsdam war Geywitz von 2002 bis 2004 Referentin beim SPD-Landesverband Brandenburg. Von 2004 bis 2019 war sie Mitglied im brandenburgischen Landtag sowie von 2008 bis 2013 stellvertretende Vorsitzende des SPD-Landesverbands Brandenburg und von 2009 bis 2010 parlamentarische Geschäftsführerin der brandenburgischen SPD-Landtagsfraktion, außerdem von 2013 bis 2017 Generalsekretärin des SPD-Landesverbandes Brandenburg. Lesen Sie auch: Klara Geywitz spricht beim Politischen Aschermittwoch des SPD-Unterbezirks Göttingen Kommentar: Ein Mann von vorgestern Volkspartei in der Krise: „Die SPD hat keine gemeinsame Erzählung“ Hält die GroKo noch bis Weihnachten, Herr Oppermann? Sie erreichen die Autorin per E-Mail an b.eichner-ramm@eichsfelder-tageblatt.de oder unter Telefon 05527/9499712. Von Britta Eichner-Ramm

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