Ärztin und Corona-Leugnerin: Polizei durchsucht Praxis in Duderstadt

Die Polizei hat am Mittwochmittag die Praxis einer Duderstädter Ärztin durchsucht. Die 54-Jährige steht nach Angaben von Andreas Buick, Sprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft, unter dem Verdacht, in 16 Fällen „unrichtige ärztliche Atteste“ ausgestellt zu haben. Nach Buicks Angaben sollten die Atteste ihre Inhaber aus medizinischen Gründen von der Maskenpflicht während der Corona-Pandemie befreien. Aufgefallen waren die Atteste bei unterschiedlichen Anti-Corona-Demos, unter anderem in Hannover. Polizisten sei die einheitliche Aufmachung der Atteste aufgefallen, als sie die Einhaltung der Corona-Auflagen während der Demos kontrollierten und ihnen die Atteste gezeigt wurden. Die Schriftstücke seien aber in unterschiedlicher Handschrift ausgefüllt gewesen. Es sei davon auszugehen, so Buick, dass die Atteste „blanko“ ausgestellt worden seien, bei der Demo verteilt wurden und die Träger ihren Namen und Daten selbst darauf ausgefüllt haben. Die Träger der Atteste hätten keinen räumlichen Bezug zu Duderstadt und in die Region gehabt, schildert Buick. Die Polizei hat nun Buick zufolge die Praxisräume der Medizinerin durchsucht und Patientenakten und weitere Unterlagen beschlagnahmt. Diese sollen nun Aufschlüsse darüber geben, ob die Träger der Atteste von der Ärztin überhaupt untersucht worden sind. Wie lange nun die Ermittlungen andauern werden, ist offen. Weitere Verfahren gegen die Frau sind laut Buick nicht anhängig. Gegenüber dem Tageblatt lehnte die Ärztin eine Stellungnahme zu dem erhobenen Verdacht ab. Sie verwies auf Patienten, die auf eine Behandlung warteten. Lesen Sie auch Querdenker, querfinanziert: Das Geschäft mit dem Corona-Protest Querdenken nach Ballweg-Rückzug: Radikalisiert sich die Corona-Protestszene weiter? „Zieht die verdammten Masken an“: Diese Promis hatten Corona In Paragraf 278 des Strafgesetzbuches heißt es zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse: „Ärzte und andere approbierte Medizinalpersonen, welche ein unrichtiges Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Die Ärztekammer Niedersachsen prüft parallel berufsrechtliche Schritte. „Wir erhalten seit Längerem entsprechende Hinweise zur Ärztin“, sagte Kammer-Sprecher Thomas Spieker gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Nach Bekanntwerden der Durchsuchung versammelten sich zunächst zwischen 20 und 30 Sympathisanten der Ärztin vor deren Praxis. In der Spitze waren es nach Angaben von Polizeisprecherin Jasmin Kaatz rund 60 Demoteilnehmer. Kurz vor 13 Uhr hatte die Ärztin in der Gruppe „Freiheitsboten_Göttingen“ auf dem Messenger Telegram die Mitglieder aufgefordert, sich vor ihrer Praxis zu einer Spontandemo zu versammeln. „So viele Eltern wie möglich. Mit den Kindern vielleicht“, sagt sie. Corona- Leugner in anderen Gruppen und anderen sozialen Medien griffen die Aufforderungen auf und teilten über die verschiedenen Kanäle. Zwei Demo-Teilnehmer, so Kaatz, hätten gegen das Infektionsschutzgesetz verstoßen. Sie hätten keine Maske getragen. „Fake-Pandemie“ und „Hexenverbrennungen“: Die Duderstädter Ärztin und Homöopathin ist häufig Teilnehmerin an Anti-Corona-Demos und tritt dort auch als Rednerin auf. Beim sogenannten „Walk to Freedom“, dem „Marsch zur Freiheit“, aus Protest gegen die Corona-Maßnahmen im September in Hannover sprach sie etwa von einer „Fake-Pandemie“. Angst würde geschürt, mit Angst errichte man eine Diktatur. Vielleicht nehme man bei den Corona-Tests auch DNA-Proben, mutmaßte sie und fragte: „Wissen wir es?“ Im Mai verglich sie die angebliche aktuelle politische Lage in Bezug auf anders Denkende mit dem Mittelalter. Von Hexenverbrennungen sei man nicht mehr weit entfernt, sagte Homöopathie-Ärztin aus Duderstadt. „Die Pandemie ist für Deutschland quasi vorbei“, sagte sie damals. Von Michael Brakemeier