Besuchssperre in Altenheimen: Wie gehen die Bewohner mit der Situation um

„Aufgrund der momentanen Situation bezüglich der Verbreitung des Corona-Virus bitten wir Sie, von Besuchen in unseren Residenzen abzusehen, welche nicht dringend erforderlich sind. Dies ist eine offizielle Vorgabe des Robert-Koch-Institutes.“ So oder so ähnlich steht es an den Türen und auf den Internetseiten der Residenzen und Alten-und Pflegeheime im März 2020. Wie sind die Reaktionen der Bewohner? Die Mehrzahl der Bewohner in Göttingen reagiere auf Nachfrage eher gelassen, sagt Carsten Patowsky, Direktor des GDA-Wohnstifts in Geismar. „Wir haben Schlimmeres erlebt“ und „Da können Sie noch was von uns Älteren lernen“ sei eine häufig zu hörende Aussage, verbunden mit der Überzeugung, alle Maßnahmen seien notwendig. Die Schließung der GDA-Restaurants und Cafés sei auch ein Einschnitt in den Alltag vieler der Bewohnerinnen und Bewohner, werde aber von der Mehrzahl als wirksame Maßnahme gegen die dynamische Ausbreitung des Coronavirus verstanden, so Patowsky. „Im Großen und Ganzen verstehen alle Bewohner gut, dass diese Beschränkungen notwendig sind und sie kommen gut klar“, bestätigt Christian Grösche, Leiter des SenVital Senioren- und Pflegezentrum Göttingen Luisenhof. Das Zentrum wolle aber „solange es geht, eine Normalität aufrecht erhalten. Im Speisesaal aber machen sich die Maßnahmen natürlich bemerkbar. Bewohner sitzen sich nur noch gegenüber, nicht mehr nebeneinander.“ In ihrem Haus seien auch einige Bewohner mit einer Demenzerkrankung untergebracht, sagt Marion Riepenhausen, Leiterin des Altenheim am Park in Duderstadt. Da müssten die Mitarbeiter immer wieder erklären, warum Gewohntes nicht stattfinden könne. Teilweise seien sie dabei auch auf die (telefonische) Mithilfe der Angehörigen angewiesen. Für Senioren, die noch sehr aktiv sind, sei es schwer, dass sie nicht mehr in die so nahe Innenstadt könnten, sagt Riepenhausen, und dass lieb gewonnene Rituale wie der morgendliche Gang zum Zeitungsladen in der Fußgängerzone wegfallen. Die Besuchersperre sei natürlich für alle schwer auszuhalten, auch für die Angehörigen, so Grösche. „Wir sind deswegen im Vorfeld aktiv auf die Angehörigen zugegangen und haben erklärt, dass hier alles in Ordnung, alles im Lot ist“, auch wenn sie momentan nicht rein könnten. Mit welchen Mitteln kann geholfen werden? „Wir haben Skype installiert“, wo es möglich sei, erklärt Riepenhausen, es werde auch über Facetime telefoniert. Sie unterstützen dabei auch die Angehörigen, wenn diese nicht sehr geübt sind im Umgang mit moderner Kommunikation. Den Bewohnern werde auf Wunsch auch ein Laptop zur Verfügung gestellt. Bei Geburtstagen seien die Angehörigen vor die Tür des Altenheims gekommen, so dass sie sich wenigstens mit Abstand sehen und miteinander reden können. Geschenke werden dann durchs Fenster gereicht. „Wir bieten Videotelefonie mit den Angehörigen an, etwa über Facetime und wer möchte, kann auch ein frei zugängliches Telefon nutzen“, so Grösche. Eine erhöhte Nachfrage nach Geräten oder Unterstützung sei bei ihnen nicht festzustellen, so Patowsky. All jene, die im GDA-Wohnstift „einen Internetzugang haben, nutzen ihn.“ Alle könnten das freie WLAN nutzen, sofern entsprechende Geräte und Kenntnisse vorhanden seien. „Bei Fragen versuchen wir zu helfen.“ Ersatz für fehlende Gruppenangebote oder Veranstaltungen: Im Luisenhof finden Gruppenangebote in kleinerem Rahmen statt, dafür gibt es in den Wohnbereichen mehr Einzeltherapien. Auch in Duderstadt wurde umgestellt: alle Angebote finden nun in kleiner Form, mit viel Abstand statt, so Riepenhausen. Bei dem schönen Wetter der vergangenen Tage konnten die Senioren auch den Garten und die beiden Innenhöfe des Heims nutzen. „Wir haben erste Angebote bereits im Einsatz, weitere werden folgen. Hier sind alle Kulturreferate der GDA-Standorte in einem sehr engen und kreativen Austausch“, so Martin Zeiss, Sprecher der GDA. Es seien spezielle Pläne für Fitness- und Mobilitätstraining im Appartment oder im Park erstellt worden. Außerdem seien Rätsel, Gedächtnistraining, Gripsgymnastik, Sudoku zum Mitnehmen und Ausprobieren im Appartement im Angebot ebenso wie ein Denkspaziergang, ein Rätselparcours auf dem Gelände. Ängste wegen der Corona-Pandemie: Teilweise sei die Besorgnis vor einer Infektion mit dem Corona-Virus schon hoch, erzählt die Duderstädter Heimleiterin. Noch sei im Heim aber alles in Ordnung. Und ihre Bewohner seien sogar noch nie so gesund gewesen wie momentan, wo kein Besucher oder Angestellter einen Schnupfen- oder Magen-Darm-Virus mitbringe. Ein größeres Problem sieht Riepenhausen momentan in der Ungewissheit, wie lange die Maßnahmen noch dauern. Die Bewohner konzentrierten sich darauf, dass sie die Hälfte der Zeit geschafft hätten. „Die andere Hälfte packen wir auch noch!“ Nur, ob die Hälfte wirklich geschafft sei, könne eben keiner sagen. Manche schreiben den Bewohnern jetzt Briefe, beispielsweise eine Angehörige eines früheren Bewohners des Altenheims am Park. Auch die Pastorin schreibe Briefe mit aufmunternden Worten. Wie geht es den Mitarbeitern? Gut, heißt es beim GDA-Wohnstift. Schutz und Information aller Betroffenen (Bewohner, deren Angehörige sowie Mitarbeiter) seien das oberste Ziel aller Maßnahmen, über die der GDA-Krisenstab in Hannover täglich neu entscheidet. Alle Maßnahmen hätten bisher (Stand Freitag, 27. März) sehr gut dazu beigetragen, dass sich keine Infektionsketten im Haus gebildet haben. „Alle wissen, dass die kommenden Tage anspruchsvoll werden“, so Patowsky. Stark machten die anerkennenden Worte der Bewohner. „Unsere Mitarbeiter wissen aus ihrer Ausbildung, wie sie sich schützen können. Wir haben eine gute Stimmung und einen starken Zusammenhalt hier“, sagt Grösche. Die Mitarbeiter engagierten sich sehr, das „erfüllt uns mit Stolz“. Engpässe beim Personal gebe es bis jetzt nicht, so Riepenhausen. Aber jeder, der auch nur kleine Krankheitszeichen hat, bleibe zu Hause. Das Heim in Duderstadt gehört zusammen mit dem Haus Elisabeth einem freien Träger. Ein Krisenstab zwischen den Häusern stimme alles ab, beispielsweise einen Hygieneplan, Prozessabläufe, Schutzmaßnahmen. Einfache Schutzmasken, wie sie auch andere Altenheime inzwischen von Initiativen und Privatpersonen bekommen, würden innerhalb des Hauses „desinfizierend gewaschen“, so Riepenhausen. Und der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB) stelle dem Heim jetzt 100 Brillen und Masken. 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Corona-Pandemie - Altenheime im Ausnahmemodus