Bilanz nach einer Woche: Wie läuft das Geschäft in Göttingens Kneipen?

Die Kneipen sind wieder geöffnet – diese gute Botschaft gilt seit einer Woche für Göttingens Kneipiers, Freunde des Feierabendbiers oder Fußball-Fans. Dabei gelten nach wie vor strenge Regeln zur Vermeidung von Infektionen mit dem Coronavirus. Wie ist das Geschäft in der ersten Woche nach der Wiedereröffnung in Göttingen angelaufen? Wir haben nachgefragt. Göttingens Kneipenbesitzer zeichnen in ihrer Zwischenbilanz kein eindeutiges Bild: Von großer Zufriedenheit bis hin zu moderater Enttäuschung reichen die Einschätzungen der Gastronomen. Über die Rückkehr ihrer Stammkunden können sich, wenn auch in unterschiedlichem Maß, alle freuen. Für die kommenden Wochen und die Zukunft im Allgemeinen gilt überall das Prinzip Hoffnung – auf weitere Lockerungen und mehr Gäste. „Anders wäre es natürlich schöner“: „Die Leute kommen“, sagt Erich „Bosi“ Weiss, Inhaber der Kneipe „Fürst Bismarck“. Er merke, wie sehr sich seine Gäste freuen, wieder zu ihm kommen zu können. Einer habe ihm gesagt, der vergangene Montag sei der schönste in seinem Leben gewesen. Denn, so Weiss: „Wir sind hier eine große Familie.“ Eigentlich hätte er problemlos auch früher wiedereröffnen können, findet der Kneipier: „Alle halten sich toll an die Regeln. Sie fragen sogar von selbst: Wo muss ich mich eintragen?“ Bei Kontrollen durch das Ordnungsamt – die seien durchaus verstärkt worden, sagt Weiss – gehe deshalb alles ganz entspannt zu. Dennoch: „Anders wäre es natürlich schöner.“ Ohne Corona, schätzt Weiss, würden seine Kunden wie früher in Zweierreihen an der Theke stehen. Stammkunden halten ihren Kneipen die Treue: Christa Haase fasst ihre Bilanz der ersten Woche in einem Wort zusammen: „Gemischt.“ Die Gästezahlen in ihrer „Bierecke Quick“ seien an jedem Tag anders, auch im Vergleich zur Zeit vor Corona. Vor allem junge Leute kommen zu Haase, am Sonnabendabend sind drei Tische in der kleinen Eckkneipe gut besetzt. Dennoch: Die Leute seien vorsichtiger, sagt Haase. „Früher konnte ich die Uhr danach stellen, wer wann kommt.“ „Am ersten Tag war die Bude voll“, berichtet Haase – so voll sie aktuell eben sein darf. Ihre Stammkunden seien sofort zurückgekehrt. Und nicht nur das: Sie überreichten der Wirtin einen Spendenschein. 1500 Euro haben ihre Gäste für Haase gesammelt, um die Corona-Krise zu überstehen. „Da konnte ich die ganze Nacht nicht schlafen, weil ich so gerührt war“, gesteht Haase. Die kommenden Wochen geht sie aber ganz pragmatisch an: „Erst mal schauen wir jetzt in Ruhe, wie es weitergeht.“ Kneipen und Bars in Niedersachsen dürfen seit Montag, 8. Juni, gemäß Verordnung des Landes wieder öffnen. Dabei gelten die üblichen Hygiene- und Abstandsregelungen – von einem normalen Betrieb kann also in den meisten Kneipen noch nicht wieder die Rede sein, da Tische und Theken vielerorts unbesetzt bleiben müssen und auf dem Weg zum Tisch Maskenpflicht gilt. Die Verordnung entspricht Stufe 4 des Fünf-Stufen-Plans der Niedersächsischen Landesregierung zur Rückkehr in den Alltag in der Corona-Krise und gilt vorerst bis zum 22. Juni. Für Kneipen und Bars gilt ebenso wie für andere Gastronomiebetriebe, aber auch für Altenheime oder Kulturveranstaltungen, die Pflicht zur Dokumentation von Kontaktdaten der Gäste. Wer eine Kneipe besucht, muss seine Kontaktdaten hinterlassen, dazu müssen die Gastronomen die Zeitspanne des Aufenthalts ihrer Gäste dokumentieren. Im Gegensatz zu Kneipen und Bars dürfen Clubs, Diskotheken und Shisha-Bars noch nicht wieder öffnen. Die Landesregierung begründet das damit, dass sich Menschen dort oftmals näher kämen als in anderen Gastronomiebetrieben. Hoffen auf den Herbst und neue Studierende: Anderswo schaut man sorgenvoller in die Zukunft. „Die Studierenden fehlen“, fasst Dagmar Reichardt ihre Situation zusammen. Auch darüber hinaus hielten sich die Leute stark zurück. Die Betreiberin von Daggi’s Biertreff macht bei den Menschen eine wachsende Unsicherheit aus. Niemand wisse so genau, was er darf und wie groß das Risiko eines Kneipenbesuchs ist – deshalb trauten sich viele gar nicht erst, mutmaßt Reichardt. Dennoch: „Die Stammkunden kämpfen mit uns“, ist Reichardt überzeugt. Viele kämen nicht nur für das Getränk in die Kneipe, sondern auch, um mit anderen Menschen zu reden, sich auszusprechen. Ob sie es durch die Krise schafft, wisse sie noch nicht, sagt die Wirtin. Sie hoffe auf den Herbst – dann kommen eigentlich die neuen Studierenden in die Stadt. Bis dahin heiße es: Daumen drücken. Lesen Sie auch: Bilanz nach einer Woche: Wie läuft das Geschäft in Duderstadts Kneipen? Kneipen dürfen ab 8. Juni wieder öffnen – wie sieht es in Göttingen aus? Nach Corona-Lockerungen: Göttinger Bars: Betreiber hoffen auf mehr Platz für Außengastronomie Neustart für Gastronomie in Göttingen - Eindrücke vom ersten Öffnungstag Sie erreichen den Autor per Mail an lokales@goettinger-tageblatt.de. Von Tammo Kohlwes

Bier und Fußball trotz Corona - Bilanz nach einer Woche: Wie das Geschäft in Göttingens Kneipen läuft