Bombenräumung in Göttingen: Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Johanniter, Technisches Hilfswerk – die Liste der Institutionen, die sich auch dieses Mal bei der Evakuierung und Unterbringung von mehreren Tausend Menschen engagieren, liest sich wie üblich bei Bombenräumungen in Göttingen wie ein Who-is-who der deutschen Hilfsorganisationen. Wochen vor der näheren Untersuchung von vier vermuteten Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg bereiten sich die Helfer der verschiedenen Kreisverbände akribisch darauf vor, am letzten Januarwochenende etwa in den Evakuierungsunterkünften für Verpflegung, Sicherheit und Corona-Tests zu sorgen – obwohl noch nicht einmal allen klar ist, wo genau sie eigentlich helfen müssen. Denn: Die Planung ist mitten in der Corona-Pandemie noch einmal herausfordernder als sonst. Auch deshalb steht weiterhin nicht endgültig fest, wo sich die Evakuierungszentren am 30. und 31. Januar befinden werden. Die Helfer hält das nicht davon ab, sich Gedanken zu machen und ihren Einsatz durchzuplanen. Wie gehen sie diese Aufgabe an? Das Tageblatt hat nachgefragt. Evakuierung in Göttingen: Feldbetten, Verpflegung und die „große Unbekannte“: Einen großen Vorteil haben die Helfer, und nicht etwa nur die des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Kreisverband Göttingen-Northeim. Dessen Kreisbereitschaftsleiter Frank Beckmann betont: „Wir können auf eine immense Erfahrung bei Evakuierungen zurückgreifen.“ Zuletzt waren Beckmann und seine Mitstreiter im Oktober 2019 dabei, als Tausende Göttinger ihre Wohnungen wegen eines vermuteten Blindgängers am Schützenanger verlassen mussten. Lesen Sie auch: Bombenfund in Göttingen: Land erlaubt Corona-Lockerungen für Evakuierung Göttingen: Das sind die Infos zu Bombenentschärfung und Evakuierung am 30. Januar Bombenräumung wirbelt Göttingen durcheinander Bombe in Göttingen: Evakuierungspläne für die Bombenräumung sorgen für Unmut Das tragische Unglück von Göttingen 2010 Ist es eine Bombe? Als Göttingen im Oktober 2019 den Atem anhielt THW und DRK bauen ein Impfzentrum in der Stadthalle Northeim Die Hilfsorganisationen, die auch im Krisenstab der Stadt Göttingen in die Planungen für die Bombenräumung involviert sind, sprächen sich untereinander ab, so Beckmann. Je nach verfügbaren Helfern übernehme jede Organisation Aufgaben in den einzelnen Evakuierungszentren – mehrere Schulgebäude und die Räume der Zentralmensa auf dem Campus der Universität sind im Gespräch. „Die große Unbekannte ist die Planbarkeit der Anzahl der Evakuierten“, fasst Beckmann die Herausforderung zusammen. Für die einzelnen potentiellen Unterkünfte wisse man zwar, wie viele Menschen dort unter Corona-Bedingungen maximal untergebracht werden können – doch wie viele dann kommen, sei trotz Aufruf der Stadtverwaltung, sich beim extra eingerichteten Bürgertelefon zu melden, nicht exakt vorherzusehen. Dennoch müssen Feldbetten, Decken und Verpflegung vorab organisiert werden. Helfer in Göttingen müssen Evakuierte verpflegen – und sich selbst schützen: DRK, Johanniter und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) werden vor allem die Betreuung der Evakuierten organisieren. Das beginnt mit der Erfassung der Ankommenden, der Durchführung von Corona-Schnelltests und der Zuweisung von Räumen, gehe weiter mit der konkreten Lösungsfindung bei individuellen Problemen, medizinischer Erstversorgung und ende bei Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder und Haustiere, zählen DRK-Leiter Beckmann und Timo Hock, Zugführer des ASB in Göttingen, auf – und für alle Eventualitäten müssten nun erst einmal die nötigen Materialien herangeholt werden. Die Corona-Lage macht all das nicht einfacher. Die Helfer – allein das DRK tritt für voraussichtlich mehrere Schichten mit etwa 150 an, der ASB mit mehr als 20 – würden deshalb extra mit Schutzmasken, für den Fall der Fälle sogar mit Schutzkleidung ausgerüstet, so Hock: „Das ist alles wesentlich aufwendiger als sonst.“ Die allgemein unsichere Lage bedeute zu allem Überfluss, dass sich manches schlicht nicht planen lasse, sagt Beckmann – und zeigt sich doch optimistisch: „Wir haben bisher doch immer für alles eine Lösung gefunden.“ Ganz andere Sorgen als die Helfer von DRK, ASB oder Johannitern haben vor der Bombenräumung am 30. und 31. Januar die Teams des Technischen Hilfswerks (THW). Bereits direkt nach der Ankündigung der Räumung begannen nach Angaben von THW-Ortsverbandssprecher Axel Rentschka 20 Helfer mit dem Bau von Abdeckungen für die Verdachtsstellen. An den Tagen vor der Evakuierung werde das THW mit 15 Einsatzkräften und sechs Lastwagen den Transport von Pflege- und deutlich mehr als 1000 Feldbetten unterstützen. Am Tag der Räumung werde man Einsatzkräfte aus zehn Ortsverbänden in Südniedersachsen für Göttingen bereithalten, kündigt Rentschka an. Sie sollen im Fall der Fälle Gebäude sichern, Lichtmasten und Stromaggregate rund um die Gruben mit den dort vermuteten Bomben aufstellen, Rad- und Teleskoplader bereitstellen können – alles zentral gesteuert und zur Minimierung von Corona-Risiken in getrennten Schichten und mit möglichst wenig Kontakt zu anderen Menschen. Von Tammo Kohlwes