Bombenräumung wirbelt Göttingen durcheinander

Eine Bombenräumung, das bedeutet die Evakuierung und Absperrung eines ganzen Stadtteils – eines Stadtteils, durch den Busse fahren, in dem Geschäfte, ein Bahnhof, eine Sportarena und eine Polizeiwache liegen. Kurzum: Die für das letzte Januarwochenende, 30. und 31. Januar, geplante Untersuchung von vier verdächtigen Gegenständen im Boden unter der Godehardstraße in der Weststadt wird das Leben in ganz Göttingen für zwei Tage gehörig durcheinanderwirbeln. Wie bereiten sich betroffene Institutionen darauf vor? Das Tageblatt hat nachgefragt. 19 Buslinien bedienen die Göttinger Verkehrsbetriebe (GöVB) im Stadtgebiet – 16 von ihnen queren das Gebiet, das am Tag der Bombenräumung evakuiert werden muss. Nur drei Linien – 33, 91 und 92 – werden während der Evakuierung nach Angaben von GöVB-Sprecherin Stephanie Gallinat-Mecke auf ihren angestammten Routen fahren können. Alle anderen Linien müssen teilweise weiträumig umgeleitet werden. Bombenräumung in Göttingen: Bus und Bahn müssen umstellen: Da alle Planungen noch unter Vorbehalt liefen, könne sie aber dazu keine Details angeben, so Gallinat-Mecke. Das gelte auch für die Evakuierungsfahrten, für die die GöVB wie schon bei vergangenen Evakuierungen Busse zur Verfügung stellen wird. Angedacht sind farblich markierte Fahrzeuge für drei Teilbereiche des Sperrgebiets – wegen Corona in höherer Zahl als üblich. Lesen Sie auch Bombenfund in Göttingen: Land erlaubt Corona-Lockerungen für Evakuierung Göttingen: Das sind die Infos zu Bombenentschärfung und Evakuierung am 30. Januar Das tragische Unglück von Göttingen Ist es eine Bombe? Als Göttingen im Oktober 2019 den Atem anhielt Von der Bombenräumung werden auch zahlreiche Regionalbuslinien betroffen sein. Mit der Haltestelle Bahnhof/Zentraler Omnibusbahnhof fällt am 30. und 31. Januar voraussichtlich ein wichtiger Endpunkt für Buslinien in der Region weg. Busse fahren dann nur einen Teil ihrer üblichen Route, viele Linien enden statt am Bahnhof am Albaniplatz oder am „Kauf Park“. Darüber informiert der Verkehrsbund Südniedersachsen (VSN) auf seiner Website. Demnach enden die Regionalbuslinien 110, 120, 210 und 220 während der Bombenräumung am „Kauf Park“. Hier müssen Fahrgäste Richtung Göttinger Innenstadt in die Stadtbusse der Göttinger Verkehrsbetriebe (GöVB) umsteigen, die zwar ihrerseits von zahlreichen Umleitungen betroffen sein werden, aber auch während der Räumung fahren sollen. An der Haltestelle Badeparadies Eiswiese endet während der Räumung die Linie 130, an der Reinholdstraße die Linie 140. Nur bis zum Albaniplatz am Ostrand der Innenstadt fahren am letzten Januarwochenende die Linien 150, 154 und 155. Fahrgäste der Linie 160 müssen am Theaterplatz aussteigen. Die Linie 170 endet an der Humboldtallee. Die Linien 180 und 185 haben ihre letzte Haltestelle am Lutteranger. Auch hier empfiehlt der VSN den Umstieg in die Stadtbusse der GöVB. Mit der Bahnlinie Hannover-Frankfurt ist eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen in Deutschlands Schienenverkehr von der Bombenräumung betroffen. Gleise und Bahnhof liegen im 1000-Meter-Radius um den Fundort der vermeintlichen Weltkriegsbomben. Züge des Fernverkehrs werden deshalb am letzten Januarwochenende großräumig umgeleitet, wie die Bahn auf Tageblatt-Nachfrage mitteilt. Im Nahverkehr sollen demnach Ersatzverkehre mit Bussen zu den umliegenden Bahnhöfen eingerichtet werden. Nach Informationen des VSN fahren auf den Regionalbahnlinien 80 und 82 anstelle von Zügen zwischen Göttingen und Northeim Busse im Schienenersatzverkehr (SEV). In Göttingen fahren die Busse ab und bis Haltestelle Albaniplatz am Ostrand der Innenstadt. Details sollen auf www.bahn.de/reiseauskunft und in der App DB-Navigator bekanntgegeben werden. Polizei muss Gebäude räumen – und fordert Verstärkung: Ein ungewöhnliches Wochenende kommt auch auf die Polizei in Göttingen zu. Die Beamten müssen ihr Gebäude an der Otto-Frey-Brücke in Grone räumen. Das werde auf die Arbeit der Polizei aber keinen Einfluss haben, versichert Rainer Nolte, Leiter der Polizeiinspektion Göttingen. Abgesehen davon, dass die Polizei während der Räumung nur in ihrem Gebäude an der Otto-Hahn-Straße in Weende und in der Innenstadtwache zu erreichen sei, würden die Menschen in der Stadt keinen Unterschied merken. Dennoch: Um nicht nur ihre alltäglichen Aufgaben, sondern auch die Unterstützung bei der Räumung des zu evakuierenden Bereichs bewältigen zu können, hat die Polizei nach Angaben Noltes für das letzte Januarwochenende Kräfte aus ganz Niedersachsen angefordert. „Mehrere Hundertschaften“, so Nolte, sollen dann in Göttingen zur Verfügung stehen. BG Göttingen muss Spiel verschieben – und Spieler umquartieren: Und dann ist da noch der Profisport: Am Sonnabend, 30. Januar, sollte die BG Göttingen in der Basketball-Bundesliga ein Heimspiel gegen Brose Bamberg austragen. Das für 18 Uhr geplante Heimspiel in der Sparkassen-Arena muss verschoben werden. Nach mehreren Tagen Beratungen hat die Liga die Partie wegen der Bombenräumung um einen Tag auf Freitag, 29. Januar, 20.30 Uhr, vorverlegt. Dramatisch sei die Terminänderung für die Veilchen nicht, so BG-Geschäftsführer Frank Meinertshagen: „Für uns ist es nicht so tragisch, weil ja sowieso keine Zuschauer zugelassen sind.“ Ganz konkrete Konsequenzen hat die Räumung indes für zwei BG-Spieler, deren Wohnung im Evakuierungsbereich liegt. Sie müssen umquartiert werden – aber auch das sei kein großes Problem, da die BG noch über eine freie Wohnung verfüge, so Meinertshagen. Ebenso wie die Herren sind auch die Basketball-Damen aus Göttingen von der Bombenräumung betroffen. Das Spiel der Flippo Baskets gegen den TK Hannover wurde wegen der Evakuierung von Sonnabend, 30. Januar, auf Donnerstag, 28. Januar, vorgezogen. Tippoff in der Halle des Felix-Klein-Gymnasiums ist um 19.30 Uhr. Die Evakuierung von mehr als 8000 Menschen rund um die Godehardstraße in Göttingens Weststadt am letzten Januarwochenende, 30. und 31. Januar, ist nötig, nachdem bei Sondierungsarbeiten vier verdächtige Objekte in mehreren Metern Tiefe entdeckt wurden – möglicherweise Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein Umkreis von 1000 Metern um den Fundort muss dann geräumt werden – ein Gebiet, in dem auch viele Unternehmen ansässig sind, vor allem in den Gewerbe- und Industriegebieten Am Güterverkehrszentrum und Grone. Auch sie müssen sich auf ein ungewöhnliches Wochenende einstellen. Mitten im Corona-Lockdown wird die Räumung nach Angaben des Krisenstabs der Stadt Göttingen nötig, weil sich im Umfeld der vermeintlichen Blindgänger durch die Arbeiten der vergangenen Monate bereits einiges im Untergrund bewegt hat. Es sei zu Bodenabsackungen gekommen, außerdem sei das Grundwasser abgesenkt worden. Darauf können Blindgänger, vor allem solche mit Zeitzünder, nach Einschätzung von Experten jederzeit reagieren und detonieren. Von Tammo Kohlwes