"Carl Tode" in Göttingen: Markus Reich bleibt trotz Corona optimistisch

Beständigkeit strahlt das Haushaltswarengeschäft „Carl Tode“ in der Göttinger Innenstadt aus. Schließlich besteht es dort, an der Prinzenstraße, schon seit 102 Jahren. In vierter Generation wird der Familienbetrieb heute von Markus und Juliane Reich geführt. Vielleicht ist es diese Kontinuität, die den Inhaber auch in Zeiten der Pandemie nicht aus der Ruhe bringt. Dabei macht die Pandemie den Einzelhändlern zu schaffen – wie ein Blick in die vielen leeren Geschäfte in der Innenstadt verrät. Der 46-jährige Markus Reich arbeitet in Zeiten des Lockdowns von seinem Büro aus. Dieses befindet sich über dem Geschäft, im dritten Stock. Von dort aus kann er einen Blick auf die Prinzenstraße werfen. „Manchmal braucht es den Blick von oben“, sagt er. Hinter seinem Schreibtisch hängen Portraits von seinen Vorfahren an der Wand – den ehemaligen Leitern des Unternehmens. Die Tür seines Büros steht offen für die Mitarbeiter, die sich in den Nachbarzimmern befinden. Genügend Arbeit trotz geschlossener Türen: Trotz des Lockdowns sind die Angestellten in den Büros und im Laden mit reichlich Arbeit beschäftigt: Sie packen die Ware für den Abhol- oder Lieferdienst ein, verbessern die Qualität ihres Online-Shops und stehen mit ihren Kunden im Kontakt. Von den zehn Mitarbeitern befinden sich drei in Kurzarbeit. „Finanzielle Einbrüche wegen der Pandemie – das spielt keine Rolle“, sagt Reich. Da seine Mitarbeiter hart arbeiteten, wolle er nicht über Umsatzverluste klagen. Nicht zuletzt sei Spaß an der Arbeit wichtig – und eine gute, motivierte Stimmung unter den Mitarbeitern. Nur zu der Schließung an den Tagen vor Weihnachten meint der Geschäftsmann dann doch: „Das hat weh getan.“ Finanzielle Förderungen von Bund und Ländern hat Reich jedoch bislang nicht beantragt. „Ich mache ungern Schulden auf Kosten der nächsten Generation – der, meines Sohnes“, sagt er. Wenn die Situation sich verschlimmere wolle er jedoch Hilfen beantragen. In der Serie „Leben mit der Pandemie“ stellt das Tageblatt Menschen aus der Region vor, die von Veränderungen seit dem Ausbruch der Pandemie berichten. Kindertagesstätten und Schulen befinden sich seitdem beispielsweise in Szenario A, B oder C – je nach Infektionsgeschehen darf bloß eine bestimmte Anzahl von Kindern betreut werden. Eltern müssen nun neben ihrem Beruf also auch Zeit für die Kinderbetreuung einplanen. Wie der Spagat zwischen Home-Office und dem Unterstützen beim Home-Schooling funktionieren kann, erklärt Irena Behmke in einer Folge der Tageblatt-Serie. Die Rechtsanwältin und Mutter zweier Kinder hat neben Schwierigkeiten auch von positiven Entwicklungen in Zeiten der Pandemie berichtet. Gerd Zinck ist seit 20 Jahren am Deutschen Theater als Schauspieler engagiert. In Produktionen wie „Die Methode“, „Fabian“, und „Jim Knopf“ ließ er schon die Rampensau auf der Theaterbühne heraus. Was es für ihn bedeutet, nicht mehr spielen zu können, schildert er in einer weiteren Folge. Reichs Blick in die Zukunft: Reich führt das Traditionsgeschäft seit 2007. Altes zu nehmen und es zu verbessern, steht für ihn im Mittelpunkt. Das brachte ihm sein Vater bei. Und so vermittelt Reich es auch seinem 13-jährigen Sohn – der schon fleißig im Unternehmen mitarbeitet. Eines Tages will der Schüler das Geschäft seiner Eltern übernehmen. Daher ist Reichs Blick in die Zukunft gerichtet: Am Puls der Zeit soll sein Geschäft geführt werden und zukunftsfähig sein. „Die Verantwortung habe ich meinem Sohn gegenüber.“ Auch vor der Corona-Pandemie war dem Inhaber der Internetauftritt des Geschäfts wichtig. 2007 richtete Reich einen Online-Shop ein. Auf Facebook, Instagram, Twitter, Youtube und Pinterest ist das Geschäft vertreten. Über Telefon oder Skype sind die Mitarbeiter erreichbar, in einem Blog posten sie zudem Rezeptvorschläge. Die Pandemie sieht Reich als Chance, die Qualität der Online-Angebote zu verbessern. So beschäftigen sich seine Mitarbeiter ausgiebig mit den Texten und Produktbeschreibungen. Hierfür stellte der Inhaber in Corona-Zeiten eine Studentin zur Unterstützung ein. Ladenschließungen in Göttinger Innenstadt: „Die Schließungen an der Weender Straße sind schlecht“, kommentiert Reich die Situation in der Innenstadt. Trotzdem bereiten ihm die Entwicklungen nicht zu viele Sorgen. „Ich glaube an den Göttinger und an den Fan“, sagt er. In seinem Geschäft stehe Qualität der Beratung und der Produkte im Mittelpunkt – und die Nähe zu den Kunden. Derart regionale Angebote seien nicht durch Internetanbieter ersetzbar. „Bei uns sind die Kunden keine Zahl und auch kein Algorithmus“, sagt er. Die Menschen hätten derzeit mit den unterschiedlichsten Herausforderungen zu kämpfen. Wenn die Läden wieder öffnen dürfen, will Reich seine Kunden mit den Worten „Schön, dass Sie wieder hier sind“ begrüßen und ihnen eine Freude bereiten. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht sollen sie den Laden verlassen. Von Anja Semonjek