Chronik: Wo die Fliegerbomben 1945 auf Göttingen einschlugen

Vor 76 Jahren, am 7. April, fielen die letzten Bomben auf Göttingen. Bis heute werden immer wieder Blindgänger gefunden, vor allem in der Weststadt. Denn in Göttingen gab es nur wenige Ziele, die die amerikanischen und britischen Bomberkommandos interessieren konnten: So waren es vor allem der Fliegerhorst, die aerodynamische Versuchsanstalt, der Flugplatz und die Einrichtungen der Reichsbahn, die durch Luftangriffe 1944/45 zerstört wurden. Sven Schreivolgel vom Göttinger Filmbüro sagt: „Insgesamt gab es acht Luftangriffe auf Göttingen. 107 Menschen kamen ums Leben. 59 Wohnhäuser und rund 300 Wohnungen wurden zerstört. 150.000 Kubikmeter Trümmerschutt mussten abgefahren werden.“ Die Chronik der Fliegerangriffe aus Göttingen haben das Tageblatt und Schreivogel zusammengestellt. Lesen Sie auch: Alles über Bombenfunde in Göttingen 7. Juli 1944: Erster Luftangriff auf Göttingen, ein Todesopfer, rund 200 Sprengbomben, Treffer: Kaserne in der Weststadt, Häuser am Maschmühlenweg. Sprengbomben fielen in den Hof der Artilleriekaserne, in die Gärten der Kaserne und in der Weender Landstraße. Treffer in der Altstadt: 23./24. November 1944: Schwerer waren die Angriffe vom 23. und 24. November, als das Gasometer, Wohnhäuser in der Unteren Masch und die Paulinerkirche auch von Luftminen getroffen wurden. Es gab zehn Todesopfer. Die Gasversorgung brach zusammen. Etwa 200 Bombeneinschläge wurden gezählt. Alle Ziele waren nicht weit von den Bahnanlagen entfernt. Am 23. November wurden neun Todesopfer gezählt. Getroffen wurden das Gaswerk am Maschmühlenweg, die Kaserne am 82er Platz (heute: Hiroshimaplatz) und Häuser am Geismartor. Am 24. November 1944 gab es ein Todesopfer. Die Bomben schlugen diesmal die Göttinger Altstadt ein: Eine Luftmine traf die von der Universitätsbibliothek genutzte Paulinerkirche, so dass ein Teil des wertvollen Bücherbestandes unwiederbringbar zerstört wurde. In direkter Nachbarschaft wurden Kollegienhaus und Prinzenhaus getroffen. Des Weiteren gab es Schäden am Alten Rathaus, an Johanniskirche, Lutherschule, Geschäftshäusern in der Weender Straße, und Häusern am Weender Tor. 47 Tote am Neujahrstag: 1. Januar 1945: 47 Menschen kamen ums Leben, als alliierte Flieger am Neujahrstag 1945 den Verschiebebahnhof angriffen. Diesmal lagen die Bomben präzise im Ziel. Unter den Toten: 40 russische Zwangsarbeiter. „Getroffen wurden auch das Auditorium am Weender Tor, die Phywe am Salinenweg, Häuser in Arndtstraße, Emilienstraße, Kasseler Landstraße, Königsallee und Weender Landstraße, das Zwangsarbeiterlager auf dem Schützenplatz, wo 39 Todesopfer, darunter neun Kinder zu beklagen waren. Weiterer Treffer gab es in Grone“, so Schreivogel. 9. Februar 1945: 21 Todesopfer wurden nach Schreivogels Recherchen bei Treffern am Hauptbahnhof, den Bahnanlagen, dem Fliegerhorst und dem Aluminiumwerk an der Weender Landstraße gezählt. Wieder ist der Bahnhof Ziel: 22. Februar 1945: Wiederum wurden der Verschiebebahnhof und die Gleisanlagen zum Ziel der Luftangriffe. Auch diesmal trafen die alliierten Bomben. 27 Menschen ließen ihr Leben. Gleisanlagen wurden zerstört, getroffen wurde auch die Einkaufsgenossenschaft am Maschmühlenweg und der Südflügel der Brauerei am Brauweg, die genau in der Anflugschneise auf die in Nord-Süd-Richtung verlaufende Bahnstrecke lag. Vermutlich galt dieser Angriff der Aerodynamischen Versuchsanstalt in der Bunsenstraße, nahe des Brauwegs. 21. März 1945: Bei einen weiteren Fliegerangriff kam ein Mensch ums Leben. Ein Tag trafen Bomben den „Rheinischen Hof, die Junkernschänke, Häuser in Angerstraße und Jüdenstraße, weiterer Treffer gab es in Treuenhagen. Auch interessant: Historische Fotos zum Thema 7. April 1945: Der letzte Angriff kam am Abend des 7. April – dem Tag, bevor die Amerikaner in die Stadt einmarschierten. Ein Pulk von leichten zweimotorigen Bombern des Typs Martin B-26 Marauder flogen die Stadt aus Süden an. Jedes dieser Flugzeuge konnte zwei Tonnen Bomben tragen – ausreichend für vier schwere amerikanische 1000-Pfund-Bomben, wie sie später auf dem Schützenplatz gefunden wurde. Aus Richtung Geismar schossen die Flieger auf die Bahnanlagen zu. Vernichtet wurde die Alte Anatomie, schwer beschädigt der Bahnhof, der Lok-Ringschuppen und der Güterbahnhof. Dies sollte der letzte Fliegerangriff auf Göttingen bleiben. Schreivogel berichtet von fünf Toten, Zeitzeuge Ulrich Toelle von 14. Am nächsten Tag waren bereits US-amerikanische Truppen in der Stadt. Von Britta Bielefeld