Citykirche Sankt Michael: Göttinger Gottesdienst läuft auf Social Media

Gottesdienste zu feiern ist in Zeiten der Corona-Pandemie verboten – jedenfalls auf dem üblichen Wege. Die Messe der katholischen Citykirche Sankt Michael ist an diesem Sonntag daher erstmals im Internet zu sehen gewesen. 1500 Menschen besuchten die Website, um einen Blick auf den Gottesdienst zu werfen. Etwa 250 Besucher schauten das Video im Durchschnitt gleichzeitig. Die Idee für diese Live-Übertragung stammt von Anton Ha, Geschäftsführer der Göttinger Marketingfirma Lookfamed. Ha stellte die technische Ausrüstung zur Verfügung. Auch die Übertragung kontrollierte er an seinem Laptop. Kameramann Bob Linsel filmte die Messe. Eine neue Erfahrung: „Liebe Schwestern und Brüder“, begann Pater Ludger Joos die Sonntagspredigt, „ich denke, dass die meisten von Ihnen noch nie so eine Livestream-Messe mitgemacht haben. Sicherlich ist es ungewohnt.“ Einige Menschen würden diese Art des Feierns am Bildschirm vielleicht schon kennen: Im Krankenhausfernsehen werden Messen oft live übertragen. „Irgendwie ist derzeit die ganze Welt ein bisschen wie ein Krankenhaus. Man muss sich an viele Regeln halten, um sich und andere nicht unnötig zu gefährden“, so Joos. Die Zuschauer seien eingeladen, mit ihnen am Bildschirm zu singen: Die Liedtexte wurden zeitgleich im Video eingeblendet. Verbesserungsvorschläge von Ha: Pater Joos hielt eine Messe, wie sie die Kirchgänger kennen. Im Anschluss an den Gottesdienst warf Ha im Gespräch mit dem Pater eine Frage auf: „Das war eine typische Messe, wie man sie sich vorstellt. Vielleicht hätten Sie noch ein wenig mehr auf die aktuelle Krisensituation sprechen können? Oder die Predigt etwas auflockern, indem sie sie nicht so klassisch halten?“ Ha argumentierte, die Messe werde schließlich auf YouTube gezeigt. Auf dieser Plattform könnten sie noch mehr jüngere Menschen erreichen – und ihr Interesse für die Gottesdienste wecken. „Die Orgelmusik und den Kantor fand ich allerdings sehr schön: Das hat zum Beispiel Lockerheit in die Messe gebracht.“ Pater Joos wiederum erklärt, dass es einen Zielkonflikt gebe: „Die Messe war vor allem für diejenigen gedacht, die derzeit nach Gemeinschaft hungern.“ Deshalb habe er in erster Linie versucht, dass die Menschen sich zuhause fühlen. Im Moment herrsche eine Zeit der Entfremdung und der Einsamkeit. Er wollte den Zuschauern daher nichts Ungewohntes präsentieren. Eine fremde Perspektive: Gleichzeitig fragt sich der Pater, ob die Menschen den gefilmten Gottesdienst als etwas Gewohntes wahrnehmen: „Vielleicht wirkte er über die Kamera zu steril?“ Die Patres hätten zwar Wert darauf gelegt, dass dies nicht so aussehe. So standen die anderen Patres Theo Schneider und Thomas Gertler etwa hinter Joos, sodass sie für die Zuschauer sichtbar waren – um gemeinsam Kraft zu vermitteln. Die Kirchengemeinde plane auch für den nächsten Sonntagsgottesdienst eine Messe. Die Technik funktioniere schließlich – den stundenlangen Proben am Sonnabend sei Dank. Die Live-Übertragung lief außer einer kurzen anfänglichen Schwierigkeit einwandfrei. „Und das Interesse besteht auch“, stellen die Beteiligten mit Blick auf die Besucherzahlen fest. Rettung für Karfreitag und Osternacht? „Das wäre ein Traum, wenn wir so Karfreitag und die Osternacht retten könnten“, sagt Pater Joos. Er will sich das aufgezeichnete Video noch einmal anschauen und überlegen, wie er die Predigt noch verbessern könnte. Die Gemeinde freue sich zudem über Rückmeldungen der Zuschauer, falls sie Änderungsvorschläge haben. Die Auswirkungen rund um die Ausbreitung des Coronavirus betrifft auch die Kirchen. Die Citykirche Sankt Michael ist nicht die einzige Kirche, die im Moment ihre Gottesdienste live überträgt. Die Freie evangelische Gemeinde Göttingen (FeG) hat gleichermaßen reagiert: Sie sagte ihre üblichen Veranstaltungen bis auf Weiteres ab. Dafür bietet sie jeden Sonntag um 10.30 Uhr einen Online-Gottesdienst an. Anton Ha, Geschäftsführer der Marketingfirma Lookfamed, freut sich, dass heutzutage derartige Möglichkeiten bestehen. „Früher brauchte man für eine solche Live-Übertragung ein großes Fernsehteam. Heute stehen uns durch die Sozialen Medien wie YouTube viel mehr Möglichkeiten offen.“ Er habe in diesem Bereich bereits Erfahrungen gesammelt: „Ich habe daran mitgewirkt, dass zum Beispiel Pressekonferenzen live im Internet zu sehen sind – etwa auf Facebook.“ Von seinem Vater hätte Ha die Idee bekommen, den Gottesdienst in Zeiten der Coronakrise für Interessierte verfügbar zu machen. Mehr zum Thema: Corona: Die aktuellen Entwicklungen in Göttingen und der Region im Live-Ticker Von Anja Semonjek

Live-Übertragung - Citykirche Sankt Michael: Göttinger Gottesdienst läuft auf Social Media