Cofoni: Corona-Forschung in Göttingen: Suche nach „Schwachstellen“ des Covid-19-Virus

In Göttingen wird die Corona-Forschung in Niedersachsen gebündelt. Koordinator des Netzwerks „Cofoni” ist der Göttinger Wissenschaftler und Immunologe Prof. Jürgen Wienands von der Universitätsmedizin. Obwohl der neue Impfstoff ein großer Schritt im Kampf gegen die Pandemie ist, seien die wichtigen Fragen zum Coronavirus noch lange nicht beantwortet, sagt er im Interview. Das Thema derzeit in der Corona-Forschung ist ja der neue Impfstoff. Was sagen Sie dazu? Das ist wirklich ein toller Erfolg. Diese Nachricht zeigt, dass wir mit der Corona-Forschung auf dem richtigen Weg sind. Der Impfstoff basiert ja auf einem komplett neuen gentechnischen Verfahren. Das Corona-Forschungsnetzwerk Niedersachsen wird in den kommenden Jahren mit 8,4 Millionen Euro gefördert. Wissenschaftler aus Hannover, Braunschweig und Göttingen arbeiten zusammen. Welches sind die dringenden offenen Fragen? Zunächst einmal ist Cofoni ein bundesweit einzigartiger Forschungsverbund von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Darin liegt auch unsere Stärke, denn wir bündeln das Wissen ganz unterschiedlicher Disziplinen. Es gibt sehr viele offene Fragen, wir kennen das Virus und auch die Vorgänge nach der Infektion noch viel zu wenig. Es gibt bereits einen aussichtsreichen Impfstoff-Kandidaten. Wonach suchen Sie? Kurz gesagt nach den molekularen Schwachstellen von Sars-Cov-2. Lesen Sie auch: Göttinger Wissenschafter erklärt, wie der neuen Corona-Impfstoff wirkt Und wozu ist das in der Praxis nötig? Nur wenn wir die komplexen Vorgänge verstehen, beispielsweise wie das Virus in verschiedenen Wirten agiert, können wir Ziel-Strukturen, also virale Bausteine, definieren, an denen wir beispielsweise pharmakologisch angreifen können. Das Virus arbeitet mit einer Art Schlüssel-Schloss-Prinzip. Das wollen wir in Gänze verstehen, um es gezielt angreifen zu können und damit in Zukunft Covid-19 besser zu bekämpfen. Wichtig ist es beispielsweise herausfinden, in welchem Gewebe das Virus über eine sogenannte ACE-Eintrittspforte Schaden anrichten kann und warum das so ist. Lungen- und Herzgewebe beispielsweise sind offenbar viel anfälliger als Muskelgewebe. Die Impfstoffentwicklung, die Vorhersage des Pandemiegeschehens und Therapien gegen Covid-19 sind Themen des neuen Verbundes von vier niedersächsischen Forschungseinrichtungen. „Cofoni“: Das steht für Covid-19-Forschung-Niedersachsen. In dem neuen Netzwerk Cofoni arbeiten das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Tierärztliche Hochschule Hannover und die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) gemeinsam mit Forschungspartnern wie beispielsweise dem Deutschen Primatenzentrum in Göttingen. Die Göttinger UMG koordiniert das Netzwerk, Koordinator ist Prof. Jügen Wienands. Das Land Niedersachsen finanziert diese standortübergreifende Verbundforschung im Covid-19 Forschungsnetzwerk Niedersachsen mit 8,4 Millionen Euro. „Cofoni“ ist auf einen Zeitraum von zwei Jahren ausgelegt. Warum richtet Sars-Cov-2 eigentlich in den Fledermäusen, in denen es in hoher Konzentration zu finden ist, keinen Schaden an? Das ist nahezu vollkommen unverstanden. Aber solche Fragen versuchen wir mit unserer Forschung auch zu beantworten. Wenn wir das verstanden haben, sind wir sicherlich wieder einen großen Schritt weiter. Cofoni arbeitet ja in vier Schlüsselbereichen, außer in der Impfstoffforschung auch in der „Epidemiologischen Modellierung”. Weiß man schon, warum sich die Seuche wie und wo am besten ausbreiten kann? Hier gibt es verschiedene Hypothesen. Wie untersuchen genau solche Fragen. Italien, Schweden oder afrikanische Länder, die Verläufe der Pandemie sind weltweit unterschiedlich. Dabei stellt sich auch die Frage nach individuellen genetischen Konstellationen. Die genetischen Konstellationen und Immunsysteme der Menschen unterschieden sich. Das hat neben gesellschaftlichen Faktoren entscheidenden Einfluss darauf, wie sich das Virus verbreiten kann. Auch hier gibt es noch viele offene Fragen, die wir unbedingt klären müssen. Lesen Sie auch: Kampf gegen Corona in Göttingen: Covid-19-Forschung in Niedersachsen: 8,4 Millionen Euro für „Cofoni“ RKI-Chef Wieler in Göttinger Aula: „Wir können die Pandemie noch in den Griff kriegen“ Corona-Liveblog: Die Lage in Göttingen und der Region am 11. November Göttinger Wissenschafter erklärt, wie der neuen Corona-Impfstoff wirkt Ein hoffnungsvoller Impfstoff reicht also nicht aus? Nein, denn auch die genetische Variabilität von Sars-Cov-2 und wie sich diese auf dessen Infektiosität auswirkt, ist noch ungeklärt. Mit einem Impfstoff ist das Thema noch lange nicht erledigt. Weitere sind sicher notwendig, den der RNA-basierte Impfstoff arbeitet mit den aktuell existierendem genetischen Varianten von Sars-Cov-2. Das genetische Material kann und wird sich aber ändern, wir sind damit immer einen Schritt hinterher. Wir müssen die Mechanismen besser verstehen und können die Hände jetzt keinesfalls in den Schoß legen. Zudem wissen wir nicht, wie lange der Impfstoff wirklich schützt und wie lange welche Menschen wie ansteckend sind. Da ist gewissermaßen noch ein weißer Fleck auf der Forschungslandkarte. Wir müssen damit rechnen, dass sich das Coronavirus noch einiges einfallen lassen wird. Von Britta Bielefeld