Corona-Grenzkontrollen: Göttinger Unternehmen bereichten

Zu kurzfristig, zu unorganisiert, zu wenig Hilfe: Lang ist die Liste an Kritikpunkten, welche Fernfahrerverbände der Bundesregierung vorwerfen. Anfang der Woche wurden an der Grenze zu Tirol und zur tschechischen Republik erneut Grenzkontrollen eingeführt. Die Folge: Verzögerungen von Stunden durch Staus an der Grenze, denn Einreisen aus diesen Gebieten sind ab jetzt nur noch mit negativem Coronatest und Anmeldung möglich. Quasi der gesamte europäische Warenverkehr auf der Straße wird dadurch aufgehalten, durch Tschechien und Tirol verlaufen nämlich die transeuropäischen Hauptrouten. Doch treffen die Konsequenzen der Grenzkontrollen auch Firmen aus der Region? Spediteure und Supermärkte nicht betroffen: Einzelhändler und Spediteure aus der Region sehen der Situation gelassen entgegen, denn vielerorts habe man sich bereits auf solch eine Situation vorbereitet. Auch bei den produzierenden und verarbeitenden Unternehmen aus dem Göttinger Umland, die auf eine reibungslose Lieferkette angewiesen sind, scheint die Lage weiterhin ruhig zu sein. „Aus der Göttinger Region haben wir von keinen Problemen aufgrund der eingeführten Grenzkontrollen gehört“, erklärt Kirsten Weber, Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbands Mitte. Wenig ausländische Arbeiter in Göttingen: Dass Göttingen nur wenig von den Grenzkontrollen betroffen ist, liegt wohl hauptsächlich in der Natur der Struktur der in Region ansässigen Unternehmen, wie Weber weiter erklärt: „Hier gibt es nur wenige Betriebe, die auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sind, Regionen wo viele Logistik- und Verpackungsbetriebe, sowie die Fleischindustrie ansässig sind, haben häufig größere Probleme, da die Beschäftigten nicht ungehindert einreisen können.“ Auch von Seiten der Wirtschaftsförderung Region Göttingen wurden keine Probleme festgestellt oder von Partnern berichtet, wie ein Sprecher dem Tageblatt erklärt. Ottobock ohne Probleme: Beim Duderstädter Unternehmen Ottobock läuft ebenfalls alles wie geplant und ohne Probleme. „Die Grenzkontrollen tangieren Ottobock nicht nennenswert“, erklärt Pressesprecherin Gaby Travers. Die Lieferungen von Ottobock werden von Transportdienstleistern übernommen, die gesondert an der Grenze abgefertigt werden und somit nicht im Stau festhängen. Einem ähnlichen Verfahren bedient sich die Göttinger Spedition Krüger, welche Richtung Österreich die Ware auf der Schiene transportieren lässt. Auch so werden die Grenzkontrollen umgangen. Lesen Sie auch Leere Regale durch Grenzkontrollen? Speditionen und Supermärkte aus Südniedersachsen berichten Spediteurverband zu Grenzkontrollen: Die Lage verschlimmert sich „von Stunde zu Stunde“ „Wenn ich bis jetzt kein Corona habe, dann jetzt“: Das große Grenzchaos Grenzkontrollen: EU-Kommissare dringen auf koordiniertes Vorgehen Auf besonderes Unverständnis stieß der Alleingang der Bundesregierung in Sachen Grenzkontrollen. „Eigentlich wurde den Truckern eine europaweite Lösung versprochen, sodass der Warenverkehr nicht zum erliegen kommt, doch genau dieses versprechen habe die Bundesregierung gebrochen“, meint Matthias Maedge, Politischer Direktor der International Road Transport Union, dem Weltverband der Straßenverkehrsunternehmen in einem Interview mit dem Spiegel. Maedge erhofft sich Hilfe aus Brüssel, damit der uneingeschränkte Fluss des Warenverkehrs sichergestellt wird. Seehofer rechnet mit Verlängerung: Während in den ersten Tagen rund jeder Zweite an der Grenzte abgewiesen wurde, redet Innenminister Horst Seehofer (CSU) mittlerweile von über 10.000 Personen, die an der Grenze umkehren mussten, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Indes berichtet das Blatt ebenfalls, Seehofer rechne mit einer Verlängerung der für zuerst zehn Tage festgelegten Verordnung. Mittlerweile hat auch Tschechien Grenzkontrollen zu seinem Nachbarland, der Slowakei eingeführt. Von Max von Schwartz