Corona-Impfangebote ab 19. April: Göttinger Hausärzte werden gelöchert

Ab 19. April sollen Corona-Impfungen in Arztpraxen möglich sein – so ist der Plan der Gesundheitsminister von Bund und Ländern, der am Mittwoch vorgestellt worden ist. Ein entsprechender Beschluss soll noch vor der nächsten Kanzlerrunde am 22. März gefällt werden. Bereits seit einiger Zeit steht bei den Ärzten das Telefon nicht still, denn impfwillige Patienten wollen sich jetzt schon auf eine mögliche Warteliste setzen lassen – auch in der Region Göttingen, wie Thomas Fischer, Vorsitzender des Bezirksverbandes Göttingen im Deutschen Hausärzteverband, berichtet. Allein am Mittwochmorgen hatte Fischer drei Kurznachrichten von Kollegen aus der Region erhalten. Die Botschaft: „Die überrennen uns!“ In Fischers Praxis sieht es ähnlich aus – und es sei am Donnerstag noch schlimmer geworden. Fischer zweifelt am Termin des Impfstarts in Praxen: Der Arzt hat bis dato seinen Patienten geraten: „Wenn Sie einen Termin im Impfzentrum haben, dann nehmen sie ihn wahr!“ Und auch nach den Fachminister-Empfehlungen plädiert er dafür, denn: „Ich zweifele am Termin des Starts.“ Und das auch, weil der Kassenärzte-Chef Andreas Gassen mittlerweile verlautbart hat, dass er mit einem Impfbeginn in den Praxen frühestens im Mai rechnet. Das Problem ist, dass sich viele Patienten bereits für die Impf-Alternative in der vertrauten Hausarztpraxis entschieden haben. „Da spielen dann lange Warteschlangen vor Impfzentren eine Rolle, wie sie auf Zeitungsbildern zu sehen gewesen sind. Außerdem wollen sich viele Patienten nicht von einem fremden Menschen impfen lassen. Es heißt dann: Wir warten lieber auf den Hausarzt. Ich fühle mich dann zwar maximal geschmeichelt, versuche es aber auch den Leuten auszureden“, sagt Fischer. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern peilen den Start von Corona-Impfungen in den Arztpraxen bis spätestens Mitte April an. Ziel sei frühestmöglich, jedoch spätestens in der Woche vom 19. April damit zu starten, beschlossen die Minister nach Beratungen am Mittwoch. Dafür brauche es aber auch eine gewisse wöchentliche Mindestmenge an Impfstoff, hieß es im Bundesgesundheitsministerium. Um dem Wunsch der Länder entsprechen zu können, ihre Impfzentren wie bisher auszulasten, könnten die Praxen wohl erst Mitte April starten. Die Empfehlung der Fachminister soll nun Basis für Entscheidungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder sein, wie Regierungssprecher Steffen Seibert angekündigt hatte. Dies solle „zeitnah“ noch vor der nächsten Bund-Länder-Runde zum weiteren Corona-Vorgehen am 22. März geschehen. dpa Der Vorsitzende des Göttinger Hausärzteverbands hat mittlerweile „jede Hoffnung auf ein strukturiertes Vorgehen in dieser Sache verloren. Dass es in einem Land wie Deutschland so desaströs wird, habe ich mir nicht vorstellen können“, schimpft Fischer, der sich manchmal vorkomme „wie Don Quichotte im Kampf gegen die Windmühlen“. Die Situation habe sich mit den Empfehlungen vom Mittwoch etwas gebessert, aber auch nur etwas: „Ich und meine Kollegen sind gern bereit, das bei einer maximalen Vereinfachung des Verfahrens zu ermöglichen und sogar Patienten in die Mittagspause reinzuschmeißen, wenn es der Sache dient. Aber es muss, wie gesagt, einfach gehalten werden. Dann finde ich es gut, sehe es aber nach wie vor nicht in trockenen Tüchern.“ Ärzte wehren sich gegen Vorwürfe in den Medien: Misstrauisch stimmen Fischer Kommentare zur Entwicklung. So sei in einer Radiosendung die Meinung vertreten worden, dass niedergelassene Ärzte bei Verwendung von unterschiedlichen Impfstoffen überfordert seien. In einem Zeitungskommentar sei gewarnt worden, dass Ärzte entgegen der gemäß der Prioisierungsgruppen aufgestellten Reihenfolge bestimmte Patienten bevorzugen könnten. „Da ist meine Laune gleich in den Keller gerutscht“, sagt Fischer. „Hausärzte sollen nicht in der Lage sein zu impfen? Da lache ich mich schlapp und bin auf der anderen Seite entsetzt.“ Auch die skizzierte Möglichkeit, mal eben etwas an Bekannte zu verspritzen, hat ihn getroffen. „Da habe ich mir gedacht: Impft euern Scheiß doch allein. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir es können, müssen es aber nicht.“ Fakt ist nun für ihn: „Wenn der Fokus auf Strafen für Fehlverhalten liegt oder uns Blödheit unterstellt wird, werde ich den Mitgliedern des Bezirksverbandes empfehlen, es nicht zu machen. Wenn es jedoch so abläuft, wie die Gesundheitsminister es empfohlen haben, nämlich maximal vereinfacht, sind wir gern bereit“, unterstreicht Fischer. Listen will er trotzdem noch nicht anlegen: „Ich habe keinen Glauben an den Impfstart am 19. April.“ Von Eduard Warda