Corona Kein Zutritt für Mutter mit Kind in Göttinger Geschäft

Barbara Meier (Name von der Redaktion geändert) hat Tränen in den Augen, als sie mit ihrem Baby durch die Göttinger Fußgängerzone geht. Gerade ist die alleinerziehende Mutter am Eingang eines Telefonladens abgewiesen worden. Der Türsteher habe sie abgewiesen, weil der Zugang nur einzelnen Kunden gestattet sei, berichtet die junge Frau. Mit ihrem Baby sei sie zu zweit und deswegen könne sie nicht in das Geschäft eintreten. Selbst ein Polizist, den sie hinzuholt, kann den Wachmann nicht umstimmen. Währenddessen werden Stimmen in der Schlange der Wartenden laut. Das sei doch in Ordnung, habe eine Frau gerufen. Es gehe schließlich um den Schutz der Menschen. „Es ist unangenehm, wenn man mit einem Türsteher diskutieren muss“, sagt Meier. Die Corona-Vorschriften und -Empfehlungen treiben manchmal krause Blüten. Nur mit dem Einkaufswagen: Meier kann von weiteren Einschränkungen berichten, die sie als ungerecht empfindet. In Supermärkte kommt sie manchmal nur, wenn sie einen Einkaufswagen benutzt. Ihr Kind ist zu jung, darin zu sitzen. Und wohin mit dem Kinderwagen? Das tägliche GT/ET Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Göttingen täglich gegen 17 Uhr im E-Mail-Postfach Sie habe eine Seniorin gesehen, die mit einem Rollator gekommen sei und von dem Wachmann gesagt bekommen habe, sie solle den Rollator abstellen und sich am Einkaufswagen abstützen, berichtet Meier. Der Hintergrund: Die Türwächter überprüfen anhand der Zahl der Einkaufswagen vor der Tür die Zahl der Kunden im Laden. Einkaufsärgernisse zur Unzeit: Es sei schon schwierig genug, während der Corona-Kontaktsperre keine anderen Mütter mit ihren Kindern treffen zu können. Zwei Mütter, zwei Kinder – laut Vorgabe zu viele Menschen beieinander. Da kämen solche Einkaufsärgernisse zur Unzeit. Die kleinen Geschäfte in der Innenstadt will Meier künftig nicht mehr aufsuchen. Der Sprecher der Stadtverwaltung Göttingen, Dominik Kimyon, verweist auf das niedersächsische Gesundheitsministeriums, das die Corona-Verordnung erlassen habe. Diese schreibe nicht im Detail vor, wie beispielsweise Zugänge zu Supermärkten zu regeln sind. Betreiber müssten Vorkehrungen treffen, die den Zugang zu Verkaufsflächen steuerten, zitiert der Sprecher der Stadtverwaltung aus der Verordnung. Letztlich obliege es also den Betreibern, wie sie das umsetzten. „Den Zugang kann das Ordnungsamt jedoch nicht durchsetzen – es gilt das Hausrecht.“ Auch Ulrich Lottmann, Sprecher der Landkreis-Verwaltung, verweist auf die Zuständigkeit des Landes. Gesundes Augenmaß gefragt: Justina Lethen, Sprecherin des niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, bekundet, dass Meier mit ihrem Verhalten nichts Verbotenes getan habe. „In einer derartigen Situation ist neben der Verordnung auch ein gesundes Augenmaß gefragt, sofern die geltenden Abstandsregelungen und ab jetzt auch die Pflicht, beim Einkauf eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, eingehalten werden. Für die junge Mutter tut es uns sehr leid, dass dieses Augenmaß wohl fehlte.“ Auch der Ministeriumssprecher Oliver Grimm bekundet, dass das Verhalten der Ladenbesitzer und Türwächter „absolut nicht in unserem Sinne und nicht Inhalt der Verordnung ist“. Doch auch er sagt, „jeder kann das Hausrecht ausüben“. Das Ministerium könne da nicht eingreifen. Doch Grimm meint auch: „Die Verordnung ist dafür nicht gemacht. Das Verhalten der Ladenbesitzer und Wachleute sei „aus unserer Sicht unverständlich und völlig überzogen“. Im Fall der Alleinerziehenden Mutter,die mit ihrem Baby am Eingang eines Göttinger Geschäftes abgewiesen wurde, könnte keine Institution helfen. Das Hausrecht des Ladenbesitzers geht hier vor dem gesunden Menschenverstand, den eine Ministeriumssprecherin einfordert. Doch für viele andere Fälle sind Institutionen da, die Familien in Schwierigkeiten unterstützen. „Erste Anlaufstelle ist und bleibt das Bürgertelefon unter der Nummer 05 51/ 7 07 51 00“, teilt Ulrich Lottmann, Sprecher des Landkreises Göttingen, mit. Doch er verweist auch auf weitere Beratungsstellen. So unterstützten die Erziehungsberatungsstellen im Landkreis und in der Stadt Göttingen Familien auch in Corona-Zeiten. Eine Übersicht mit Telefonnummern ist auf der Internetseite der Göttinger Stadtverwaltung unter gturl.de/familienhilfe zu finden, darunter auch das Beratungs- und Therapiezentrum für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Göttingen, Telefon 05 51 / 4 00 49 27. Lesen Sie auch: Corona-Regeln gelockert: Göttinger und Duderstädter genießen wieder Eis Corona-Verordnung angepasst: Mehr Läden dürfen öffnen, Veranstaltungen ab 1000 Besucher bleiben verboten Corona: Das gilt seit Montag in Stadt und Landkreis Göttingen Von Peter Krüger-Lenz

Corona-Krise verkehrt - Kein Zutritt für Mutter mit Kind in Göttinger Geschäft