Demo am Göttinger Nabel: Kundgebung: Rund 100 Menschen demonstrieren für Freiheit in Indien

Rund 100 Göttinger, viele davon mit Wurzeln in Indien, Pakistan und Bangladesch haben am Sonnabend „gegen den Angriff auf die indische Demokratie“ demonstriert. In Redebeiträgen und auf Plakaten forderten sie ein Ende der Polizeigewalt und dass Indien eine säkulare Demokratie bleibt. „Erst in der vergangenen Nacht hat es bei Protesten wieder viele Verletzte gegeben”, sagt Sunit Mandad. Auch sie hat ein Schild mitgebracht, auf das sie unter anderem „Stand up now“ geschrieben hat – aufstehen jetzt. Mandad ist Biologin am Max-Planck-Institut in Göttingen und stammt aus dem Norden Indiens. Ihre Familie lebe noch dort. Auch das ist ein Grund ihrer Sorge. Mandad fordert Freiheit und Demokratie für Indien. Sie selbst habe in den vergangenen Jahren ein Leben in Freiheit in Göttingen kennengelernt – und möchte das nie mehr missen. „Die Ereignisse in Indien sind schlimm”, sagt sie. Die Nachrichten liest sie vor allem auf Twitter. Dieser Social-Media-Kanal werde im Gegensatz zu vielen anderen Nachrichten noch nicht vom Staat kontrolliert. „Ein Zeichen der Solidarität“: Karin Klenke vom „Centre for Modern Indian Studies” an der Universität Göttingen hat unter anderem zu der Kundgebung aufgerufen. „In Indien drohen mit der im Parlament verabschiedeten Ergänzung zum Staatsbürgerschaftsrecht mehr als 1,6 Millionen Menschen staatenlos zu werden. Studentischen Proteste gegen das Gesetz ist mit exzessiver Polizeigewalt begegnet worden”, sagt sie. Mit der Kundgebung wollen die Göttinger „ein Zeichen der Solidarität” mit den Protestierenden in Indien setzen. Rohan Mathews fordert in seinem Redebeitrag unter anderem die strikte Trennung von Religion und Staat in Indien. Die Demonstranten unterstützen ihn laut und rufen „Up, up, Secularism“. „We, the People, have enough”, ist auf einem Plakat zu lesen und es ist auch zu hören. „Stop Police Brutality“ lautet eine weitere Forderung. Mehr als 20 Toto bei Protesten in Indien: Bei den landesweiten Protesten gegen das Einbürgerungsgesetz sind bisher mindestens 21 Menschen getötet worden, darunter ein acht Jahre alter Junge. Die meisten starben im nördlichen Uttar Pradesh, wo seit Beginn der Proteste am 10. Dezember 15 Menschen starben, wie die Polizei des Bundesstaates am Sonnabend mitteilte. Mehr als 700 Demonstranten befänden sich noch im Polizeigewahrsam, rund 4500 seien nach ihrer Festnahme wieder auf freiem Fuß. Auch mehrere Hundert Polizisten seien bei den Demonstrationen verletzt worden. Während der Proteste am Freitag wurde Feuer gelegt und mit Steinen geworfen. Trotz eines Versammlungsverbots und einer Abstellung von Internetdiensten gab es auch am Sonnabend weitere Demonstrationen gegen das neue Gesetz. Es erleichtert Migranten aus den drei mehrheitlich muslimischen Nachbarländern Bangladesch, Pakistan und Afghanistan die Einbürgerung, wenn sie keine Muslime sind. Seit über einer Woche gehen deswegen Zehntausende in dem überwiegend von Hindus bewohnten Land auf die Straße. Kritiker sehen das Einwanderungsgesetz als Verstoß gegen die säkulare Verfassung Indiens, weil es Rechte an die Religion bindet. Premierminister Narendra Modi argumentiert hingegen, dass das Gesetz lediglich religiös verfolgten Menschen aus Nachbarländern helfe. Klenke und ihre Mitstreiter in Göttingen freuen sich, dass rund 100 Demonstranten dem kurzfristigen Aufruf gefolgt. Damit haben sie auch in Göttingen auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Von Britta Bielefeld mit dpa

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