Drei Bürgermeister bemängeln Haushaltsplan des Landkreises Göttingen

Wenn es ums Geld geht, hört bekanntlich die Freundschaft auf. Bei der Kreisumlage, die Gemeinden jährlich an den Landkreis Göttingen für dessen Aufgabenerfüllung zu zahlen haben, geht es um Geld. Um viel Geld. Freundschaften spielen hier keine Rolle mehr. Abzulesen ist das an dem immer wieder aufkommenden Widerspruch von Gemeindevertretern, wenn es um die Höhe der Umlage geht. Die ist, aus Sicht mancher Bürgermeister, immer zu hoch. Selbst in diesem Haushaltsjahr, in dem die Umlage gesenkt werden soll, gibt es Kritik. Gemeinden werden angehört: Die Bürgermeister der Samtgemeinde Hattorf, der Gemeinde Bad Grund und der Stadt Herzberg äußern deutliche Kritik am Haushaltsplanentwurf des Landkreises. Dies geht aus Schreiben hervor, die die Kreisverwaltung im Internet veröffentlicht hat. Der Landkreis ist gesetzlich verpflichtet, die kreisangehörigen Gemeinden und Samtgemeinden vor Festsetzung der Kreisumlage zu hören. Deren Vertretern wurde zudem die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt. Der Hattorfer Bürgermeister Rolf Hellwig (parteilos) bewertet in einer Stellungnahme die im Doppelhaushalt des Landkreises vorgesehene Kreisumlage als „nicht mehr bedarfsgerecht“. Die Umlage müsse sich in ihrer Höhe auf das beschränken, „was der Landkreis zur Finanzierung seiner originären Aufgaben benötigt“, so Hellwig. Er kritisiert, dass der Haushaltsentwurf jedoch einen Überschuss aufweise, der „zur Finanzierung eines neuen Investitionsprogramms“ dienen soll, das mit vier Millionen Euro dotiert und für Investitionen in den Bereichen Bildung und Familie vorgesehen ist. Hellwig hegt Zweifel, dass es hier überhaupt einen Bedarf gibt, den der Landkreis decken muss. Dies werde von der Kreisverwaltung „lediglich behauptet beziehungsweise vermutet, ohne dass eine entsprechende Nachfrage seitens der Gemeinden formuliert worden wäre“. „Es gibt andere bedeutsame Bereiche“: Er hat außerdem Einwände gegen die konkrete Gestaltung des Förderprogramms. Dies kritisiert auch Bürgermeister Harald Dietzmann (parteilos) aus Bad Grund. Zudem stünden den Kommunen für Grundschulen über das Programm KIP 2 und den Digitalpakt „Finanzmittel in auskömmlicher Höhe zur Verfügung, die jedenfalls gegenwärtig zusätzliche Investitionsförderungen nicht zwingend erfordern“, schreibt Dietzmann. Weiter: „Darüber hinaus gibt es andere, bedeutsame Bereiche, in denen Investitionshilfen mindestens genauso wichtig wären, unter anderem im Straßenbau oder im Bereich Brandschutz.“ Sowohl Hellwig als auch Dietzmann bemängeln, dass die in Aussicht gestellte Senkung der Kreisumlage nur für ein Jahr gelten soll. Hellwig geht davon aus, dass die günstigen finanziellen Umstände, die diese Senkung in diesem Jahr ermöglichen, auch im kommenden Jahr bestehen. Dietzmann erklärt, die Reduzierung der Kreisumlage dürfe sich „nicht nur auf ein Haushaltsjahr begrenzen; sie muss vielmehr verstetigt werden und den Kommunen mindestens über den Finanzplanungszeitraum zugesichert sein“. Eine einmalige Absenkung für ein Haushaltsjahr werde dagegen „kaum nachhaltige Wirkung entfalten können und ist in dieser Weise nur der oft zitierte Tropfen auf dem heißen Stein.“ Lesen Sie auch: Das sagen die Gemeinden zum Haushaltsplan des Landkreises „Eine Benachteiligung der Bürger“: An der konkreten Form der Absenkung der Umlage auf Grundlage der Schlüsselzuweisungen stößt sich auch der Herzberger Verwaltungschef Lutz Peters (CDU). Landrat Bernhard Reuter (SPD) hatte angekündigt, den Hebesatz auf die Schlüsselzuweisungen für 2020 auf 45 Prozent abzusenken und so die Kommunen finanziell zu entlasten. Über diesen Hebesatz wird ein Teil der von den Städten und Gemeinden an den Landkreis zu zahlenden Kreisumlage ermittelt. Der Herzberger Bürgermeister sieht in diesem Verfahren jedoch „eine Benachteiligung der Bürger“ seiner Stadt, wie er in seiner Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf des Landkreises schreibt. Der Landkreis verstoße mit der Verfahrensweise sogar gegen die Zielsetzung gleichwertiger Lebensverhältnisse, findet Peters. Er begründet dies mit dem Hinweis, dass das Land bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen selbst schon eine Ausgleichsfunktion wahrnimmt. Wenn der Landkreis nun für die Berechnung des Kreisumlagesatzes ebenfalls eine Ausgleichsfunktion anwende, führe dies zu einer „Fehlsteuerung“, stellt er fest. „Die Senkung des Kreisumlagesatzes auf Basis der Schlüsselzuweisungen können wir deshalb in keiner Weise mittragen.“ Fehlbeträge bei zwölf von 43 Kommunen: Die Bürgermeister aus Hattorf und Bad Grund, Rolf Hellwig und Harald Dietzmann, kritisieren auch die Ausgestaltung des geplanten Investitionsförderungsprogramms „Landkreis unterstützt Investitionen in Bildung und Familien“ (LunIBiF). „Die finanzielle Situation der kreisangehörigen Gemeinden hat sich in den letzten Jahren unterschiedlich entwickelt“, heißt es zur Begründung des Programms von Seiten der Kreisverwaltung. „Während ein großer Teil der Gemeinden Altfehlbeträge abbauen konnte und Überschussrücklagen aufgebaut hat, weisen zwölf von 43 Kommunen trotz der positiven konjunkturellen Entwicklung immer noch – teils beträchtliche – Fehlbeträge aus Vorjahren auf.“ Insbesondere diese finanzschwachen Kommunen sollen durch das Förderungsprogramm unterstützt werden. Der Hattorfer Samtgemeinde-Bürgermeister bezweifelt, dass ein solcher Bedarf bei den Kommunen überhaupt besteht. Zudem hält er den ganzen Ansatz für verfehlt: „Es ist offenkundig, dass ein Investitionsprogramm aus den Bereichen ‚Familie‘ und ‚Bildung‘ aufgrund der begrenzten zeitlichen Wirkungsdauer von zwei Jahren weder eine Anreizfunktion, noch eine Unterstützungsfunktion erfüllen kann“, bemängelt er. „Für Projekte, insbesondere Bauprojekte, ist der Bereitstellungszeitraum viel zu kurz“, so Hellwig weiter. „Selbst eine einfache Kindertagesstätte in Modulbauweise erfordert einen Planungs- und Umsetzungszeitraum von deutlich mehr als zwei Jahren.“ „Ein kurzfristiger Einmal-Effekt“: Hellwigs Kritik geht aber noch weiter: Nach den bisherigen Informationen sollen die Fördermittel nach den Kriterien Steuerkraft, Schülerzahl und Rücklagenquote verteilt werden, so der Hattorfer Verwaltungschef, der auch Vorsitzender des Kreisverbands des Städte- und Gemeindebundes ist. „Keines dieser Kriterien ist ausreichend zielgerichtet und erfüllt die Vorgaben der Rechtsprechung nach einem nachvollziehbaren und willkürfreien kreisinternen Finanzausgleich.“ Das Kriterium Rücklagenquote sei sogar „völlig ungeeignet“, denn eine hohe Rücklagenquote – sozusagen das Ersparte der Kommunen – könne beispielsweise „durch hohe einmalige Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer entstehen“ und deshalb bloß ein „kurzfristiger Einmal-Effekt“ sein. Bei einigen Kommunen im Landkreis resultierten die Rücklagen daraus, dass konkrete Investitionsvorhaben oder Projekte in einem Haushaltsjahr nicht ausgeführt werden konnten, also aufgeschoben sind. So ist übrigens auch ein großer Teil der Rücklagen des Landkreises entstanden. Von Martin Baumgartner und Ulrich Meinhard

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