Einbecker soll schlafende Ehefrau erschossen haben

Neun Monate nach dem gewaltsamen Tod einer 27-jährigen Frau in Einbeck hat am Dienstag vor dem Landgericht Göttingen der Mordprozess gegen den 49-jährigen Ehemann der Getöteten begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, am 14. April 2020 um kurz vor Mitternacht seine schlafende Ehefrau heimtückisch erschossen zu haben. Diese habe zuvor auf der Couch im Wohnzimmer entspannt Musik gehört und sei dann eingeschlafen. Die 27-Jährige habe mit keinem Angriff ihres Ehemannes gerechnet und sei arg- und wehrlos gewesen. Der Anklage zufolge soll der 49-Jährige den Lauf einer Selbstladepistole aus maximal 1,2 Metern Entfernung auf die rechte Gesichtshälfte seiner Ehefrau gerichtet und dann einen Schuss abgefeuert haben. Der Angeklagte habe vorsätzlich gehandelt. Motiv sei gewesen, dass er seine mehr als 20 Jahre jüngere Ehefrau als große Last, Schicksalsschlag und Pech empfunden habe. Er habe zum yezidischen Neujahrsfest am Folgetag eine Veränderung in seinem Leben angestrebt, ohne die Kinder zu verlieren. Der Angeklagte habe damit rechnen müssen, dass seine Ehefrau bei einer Trennung die Kinder mitnehmen würde. Zur Tatzeit sei der 49-Jährige alkoholisiert gewesen. Eine Alkoholuntersuchung, die rund eine Stunde nach der Tat stattfand, habe einen Wert von 1,59 Promille ergeben. Pistole illegal erworben: Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte die Pistole vom Kaliber 7,65 mm illegal zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen dem Jahr 2002 und dem Tattag im April 2020 erworben. Außerdem habe er auch unerlaubterweise 56 Patronen in seinem Besitz gehabt. Deshalb hat sie den 49-Jährigen auch wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz angeklagt. An dem Prozess nehmen auch die Mutter und die Schwester der Getöteten als Nebenklägerinnen teil. Als der Angeklagte hereingeführt wurde, brach die Mutter in Tränen aus. Selbst die Polizei gerufen: Der Angeklagte hatte damals selbst die Polizei gerufen. Als die Beamten am Wohnhaus eintrafen, habe die Haustür offen gestanden, sagte einer der beiden Polizisten, die als erste am Tatort waren. Aus einem Raum im hinteren Bereich des Erdgeschosses habe man ein Schluchzen und die Worte gehört: „Helft meiner Frau“. Im Wohnzimmer hätten sich drei Personen auf einem Ecksofa befunden - eine blutüberströmte Frau, ein schlafender Junge und der Angeklagte. Auf dem Couchtisch vor ihm habe eine Waffe gelegen, berichtete der Beamte. Er habe dann sicherheitshalber die Waffe, zwei Magazine und einen Munitionskarton genommen und auf einen Kaminsims gelegt. Vorher hätten sie den Angeklagten aufgefordert, die Hände hoch zu nehmen und sich auf den Boden zu legen. Der 49-Jährige habe sofort alle Anweisungen befolgt und stark nach Alkohol gerochen. Als sie ihn abführten, habe er sich schwer auf den Beinen halten können. Der Angeklagte hatte später gegenüber den Ermittlern angegeben, dass er am Tatabend seine Pistole gereinigt und sich dabei ein Schuss gelöst habe. Zu Beginn des Prozesses wollte er keine Angaben zur Sache machen und gab lediglich eine kurze persönliche Erklärung ab. „Ich möchte mich bei der Familie meiner Frau und bei meiner Familie entschuldigen“, sagte er. Der Prozess wird im Februar fortgesetzt. Von Heidi Niemann