Extinction Rebellion plant Aktionswoche in Göttingen

Die Ortsgruppe von Extinction Rebellion (XR) beteiligt sich im Mai an der Aktionswoche in Berlin und plant im Vorfeld Blockade- und Protestaktionen in Göttingen. Dass sie dabei auf viel Rückhalt und eine breite Basis setzen kann, ist bei ihrer Informationsveranstaltung „Aufstand oder Aussterben“ am Sonntagabend im Jungen Theater deutlich geworden. Der Andrang war groß, die Stühle im Theatersaal reichten bei weitem nicht aus für die mehr als 250 Besucher. „Resist today to exist tomorrow“. Das Motto auf dem Transparent vor der Bühne ist Programm. Die harten Fakten über die Klimakatastrophe sind bekannt. Konsequenzen daraus zu ziehen, fallen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft schwer. In Göttingen haben sich deshalb inzwischen mehrere Initiativen gebildet, die für Druck im Treibhaus-Kessel sorgen wollen. Seit April 2019 ist die XR-Ortsgruppe am Start, die Zahl der Mitstreiter wächst stetig. Im Vorfeld der Weltklimakonferenz im November in Glasgow wollen sie sich an zentralen Aktionen in Berlin und Brüssel beteiligen, aber auch in Göttingen Nadelstiche mit sogenannten Swarmings setzen. Ziviler Ungehorsam: „Die Planung steht noch nicht fest, über Straßenblockaden hinaus soll es aber auch Aktionen vor Unternehmen, Lobby-Gruppen und Institutionen geben“, sagt Physikstudent Daniel Pflüger: „Wir wollen Entscheidungsträgern auf den Zahn fühlen.“ Am Freitag, 15. Februar, soll zunächst die Kreuzung vor dem neuen Rathaus mittags kurzzeitig mehrmals blockiert werden. Friedlicher ziviler Ungehorsam und Emotionalisierung sind Kernpunkte der XR-Bewegung. Die strickt in Göttingen an einem Konzept, das auch Familienfreundlichkeit und Kinderbetreuung einbezieht „Wir sind strikt gewaltfrei und versuchen, die Leute abzuholen“, sagt Lena Gonser, die Ökosystem-Management studiert. Auch in Witzenhausen gibt es inzwischen eine XR-Ortsgruppe, in Clausthal-Zellerfeld steht eine in den Startlöchern. Die apokalyptischen Szenarien, vor denen Klimaforscher und Wissenschaftler seit Jahren warnen, verdeutlichte in seinem Vortrag der Psychologe Johannes Brachem: sprunghafter Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre, galoppierende Erwärmung, Abschmelzen der Polkappen und Permafrost-Böden,Waldbrände, Dürren, Hungersnöte, unbewohnbare Millionenstädte und Küstenregionen, globale Ernährungskrise, Flüchtlingsströme, ökologischer und zivilisatorischer Kollaps. „Wir haben nur noch wenige Jahre für eine drastische Umkehr.“ Durch Wechselwirkungen verstärke sich die Eigendynamik der Entwicklung, die den Klimawandel auch ohne menschliches Zutun befeuere, mit Überschreiten der sogenannten Kipp-Punkte wachse das reale Risiko einer irreversiblen Katastrophe bis hin zum Aussterben der Menschheit. Verdrängung und Verleugnung müssten aufgebrochen, rationale Angst als Motivationsfaktor genutzt werden: „Es ist wichtig, Emotionen zuzulassen und zur Handlungsgrundlage zu machen.“ „Horrorgeschichte in Zeitlupe“: „Klimawissenschaftlerin zu sein, bedeutet, aktiv an einer Horrorgeschichte in Zeitlupe teilzunehmen“, lautet ein Zitat von NASA-Mitarbeiterin Kate Marvel, das auf die Leinwand projiziert wurde: „Wir brauchen keine Hoffnung, sondern Mut.“ Daran knüpfte die Gymnasiallehrerin und ehemalige grüne Kreistagsabgeordnete Karin Wette in ihrem Vortrag an. Als Beamtin habe sie wacklige Knie bei ihrem ersten Swarming gehabt, räumte sie ein. Um einen Solidarisierungseffekt zu erzielen und Sympathien in der breiten Öffentlichkeit zu gewinnen, müsse man konsequent gewaltfrei bleiben, sowohl Sachbeschädigungen als auch Verunglimpfungen unterlassen, respektvoll auch mit Gegnern, Behörden und Polizei umgehen sowie opferbereit sein. Wette sieht XR in der Tradition von Gandhi, Mandela und der Anti-AKW-Bewegung: „Wir müssen ein Störfaktor sein, den Politik und Medien nicht ignorieren können.“ Das Schlusswort hatte mit Lars Werner wieder ein Psychologe: „Wir sehen uns auf der Straße.“ Ihren Ausgangspunkt hatte die Extinction-Rebellion-Bewegung 2018 in London. Inzwischen sei XR in 56 Ländern aktiv, berichtet Karin Wette: „Unser Ziel ist ein grundlegender Systemwandel.“ Es greife zu kurz, sich auf eine Veränderung individuellen Verhaltens zu beschränken. Als Basis-Forderungen nennt sie, die Wahrheit ungeschönt auszusprechen, auf sofortiges Handeln zu drängen und Politik neu zu leben. Dabei spielt das Instrument von Bürgerversammlungen oder -räten nach repräsentativem Losverfahren eine zentrale Rolle. Mit Einstiegsabenden, Workshops, Aktionstraining und weiteren Vorträgen wie am 25. Februar im Apex will die gut vernetzte Göttinger Ortsgruppe, die mehrere Arbeitsgruppen am Start hat, eine noch breitere Basis bekommen. Die Zeichen dafür stehen auf Grün, wie die Publikumsreaktionen am Sonntag im brechend vollen Jungen Theater zeigten. Lesen Sie auch: Göttinger Kreuzungen kurzzeitig besetzt Kreuzungsblockaden in Berlin Lebensmittel-Aktion auf Göttinger Weihnachtsmarkt Von Kuno Mahnkopf

Klima-Protest - Klimaschutz: Extinction Rebellion plant Blockade- und Protestaktionen in Göttingen