Familie von Stockhausen: Landwirtschaft und Ehrenamt in Imbsen

Ein Gutshaus, umgeben von einem Garten, weiße Hortensienbüsche, weiße alte Holz-Gartenstühle, Vögel zwitschern und ein Hase hoppelt über den Rasen. Was für ein wunderschönes Gelände. „Ja, das sagen viele, aber tauschen möchte dann doch niemand mit mir”, sagt Renate von Stockhausen und lacht. Die Handschrift der Herrin über Gut Imbsen ist auf Schritt und Tritt zu spüren und zu sehen, viel Liebe und noch mehr Arbeit stecken in Haus und Garten. Blumen, Bäume, Haus und Hof in Schuss zu halten ist, wie auf so vielen Gütern, eine Herkulesaufgabe. Das Gut Imbsen ist seit Jahrhunderten im Familienbesitz, ein Teil der Familie von Stockhausen ist auch auf dem Gut im benachbarten Löwenhagen beheimatet. Von Stockhausen, das ist ein besonders altes Adelsgeschlecht in Südniedersachsen. Denn: Wer kann schon auf eine mehr als 1000-jährige Familiengeschichte zurückblicken? Adel verpflichtet, heißt es im Volksmund. Für Renate von Stockhausen sind das keine hohlen Worte. Die Lehrerin im Ruhestand hält nicht nur Grund und Gut in Schuss, sie engagiert sich auch ehrenamtlich. Als Beauftragte für das Ehrenamt bei den Johannitern in Göttingen ebenso wie im Kirchenkreis Münden und in der Kirchengemeinde ihres Dorfes. „Die Kirche in Imbsen haben Vorfahren der Familie im Jahr 1870 erbauen lassen”, sagt sie. Die von Stockhausens haben in den vergangenen Jahrhunderten einige Spuren in der Region hinterlassen – nicht nur in Imbsen. Außer den Gütern ist auch die Burgruine Bramburg bei Hann. Münden im Besitz der Familie. 1457, so sagt die Gutsherrin, sei die Familie von Stockhausen aus ihrem damaligen Sitz, der Bramburg bei Hann.Münden, vertrieben worden. Die Herren von Stockhausen hatten die Burg um 1200 als Lehen von den Welfenherzögen erhalten. Quellen berichten, dass von Stockhausens Altvordere die Bramburg als „Raubritternest” nutzten. Raubritter sind die von Stockhausens lange nicht mehr, sie betreiben seit Generationen Land- und Forstwirtschaft in Imbsen. Weizen, Rüben, Raps und Holz bilden heute ihre Lebensgrundlage. Bereits im Jahr 1550, so erzählt Renate von Stockhausen, haben Vorfahren das Gut Imbsen gekauft, das zuvor im Besitz der Herzogin Agnes von Braunschweig-Wolfenbüttel war. Die von Stockhausens bewirtschafteten die Ländereien zunächst als Lehn, nach dem Kauf dann als Gutsbesitzer. Sohn führt landwirtschaftlichen Betrieb: Das älteste Gebäude auf dem Gelände ist heute der Pferdestall, der neben dem eigentlichen Wohnhaus steht. Der Stall wurde zum Wohnhaus umgebaut und vermietet. „Sämtliche Gebäude hier stehen unter Denkmalschutz”, sagt Renate von Stockhausen. Auch die Scheunen, in denen die landwirtschaftlichen Maschinen parken. Vier erwachsene Kinder gehören zur Familie, einer der Söhne, Ernst-Julius, hat den landwirtschaftlichen Betrieb übernommen – eine GbR mit Mariengarten und Bursfelde. Lesen Sie auch: So lebt Familie von Bodenhausen in Niedergandern „Unsere Vorfahren haben den Wald klug angelegt”, sagt von Stockhausen mit Blick auf die grünen Hügel am Horizont. Auch in ihrem Wald hätten zwei Dürresommer und der Borkenkäfer zwar reichlich Schaden angerichtet, die Buchenbestände aber hätten den Wetterstress bislang ganz gut überstanden. Mit Herz und Seele Lehrerin: Viele Jugendliche aus dem Einzugsbereich Dransfeld kennen Renate von Stockhausen weniger als Landwirtin denn als Lehrerin, war sie doch viele Jahre als solche beschäftigt. Zunächst unterrichtete die heutige Pensionärin an der Haupt- und Realschule, später an der Grundschule in Dransfeld. Eine Arbeit, die ihr viel Freude machte. „Vor allem das Fach Religion”, sagt sie. Ihre Familie sei im christlichen, im protestantischen Glauben fest verwurzelt. Eine „philosophische Stabilisierung” der Kinder und jungen Menschen liegt ihr in den heutigen, turbulenten Zeiten am Herzen. „Ein junger Mensch braucht Strukturen”, sagt sie, „sonst fehlt der Halt im Leben.” Dafür könne man beispielsweise in die Kirche gehen. Engagement für Andere: Die gebürtige Hildesheimerin hält Andachten im Seniorenheim, hat früher auch Kindergottesdienste gegeben. Tiefe Menschlichkeit treibt sie an. Denn: Familiäre Schicksalsschläge habe sie am eigenen Leib erfahren, auch deshalb möchte sie der Gesellschaft durch ihr Engagement etwas zurückgeben. Ob Päckchen packen für Osteuropa oder andere Hilfsaktionen. Etwas für andere tun, „das macht etwas mit einem”, sagt sie. Ein neues Projekt hat sie bereits im Kopf: für immobile Menschen kulturelle Ausflüge organisieren. „Dafür suche ich noch Helfer”, sagt von Stockhausen. „Menschen helfen, die Hilfe brauchen, das ist es, was mich antreibt”, erklärt sie. Manch einer wäre möglicherweise schon mit der Organisation und Instandhaltung eines großen Gutshofes mehr als ausgelastet. Renate von Stockhausen aber hat viele Interessen. Die Familie hält zusammen, auch die anderen Kinder, die bereits aus dem Haus sind, schauen häufig vorbei, genießen einen Wein auf der Terrasse in Imbsen. Das Tor zum landwirtschaftlichen Gelände ziert ein schlichtes Wappen mit einem Eichenzweig, 998 wurde die Familie bereits urkundlich erwähnt. 1998 feierten Familienmitglieder, die mittlerweile über viele Bundesländer verstreut sind, eine 1000-Jahr-Feier. Ihre Arbeit war der agilen Imbsenerin immer wichtig. „Ich habe nicht zehn Semester studiert, um Rosenbüsche zu züchten”, sagt sie und lacht – unter dem alten Baum in ihrem wunderbaren Garten. Von mehr als 1000 Jahren tauchte der Name Von Stockhausen erstmals in Paderborner Kirchenbüchern auf. Das Geschlecht der niedersächsischen Stockhausen erscheint urkundlich erstmals im Jahr 1111 mit dem Ritter Reinwardus de Stokhuson, heißt es auf Wikipedia. Die Ritter von Stockhausen wurden um das Jahr 1200 mit der Bramburg bei Hann.Münden belehnt. Danach bekleideten Angehörige der Familie das Amt des Erbmarschalls der Abtei Corvey bei Höxter. Einige Linien der Familie gehören noch heute der Althessischen Ritterschaft an. Die Burgruine Bramburg befindet sich bis heute im Besitz der Familie. Auch in Nordrhein-Westfalen und Thüringen gibt es unter anderem Zweige des Adelsgeschlechts von Stockhausen. Lesen Sie auch Adel in Südniedersachsen: Familie von Bodenhausen: Wald, Wild und eine eigene Kapelle Schloss Berlepsch: Die schönste Burg der Region Von Britta Bielefeld